Werder-Stadionsprecher und TV-Moderator Arnd Zeigler schwärmt oft von der Vergangenheit. Für die Zukunft wünscht er sich vor allem eines: Dass die Liebe zu seinem Herzenssport trotz der negativen Entwicklungen nie erlischt.
Sie haben ein gutes Gespür dafür, wie die Grundstimmung in den deutschen Fankurven ist. Muss sich der Fußball Sorgen machen, dass sich bald niemand mehr für ihn interessiert?
Die grundsätzliche Zuneigung ist noch immer ungebrochen. Das erlebe ich vor allem bei meinen Bühnenauftritten, wenn mir hinterher der Vorsitzende eines Dorfvereins aus der Nähe von Tübingen mit leuchtenden Augen davon erzählt, wie er seit 50 Jahren ins Stadion geht oder der Kaiserslautern-Fan sein Leid klagt. Davon lebt dieser Sport. Das hoffe ich im Buch wiedergeben zu können: Dass der Fußball nur dann einen echten Wert besitzt, wenn die Menschen noch Empathie für ihn empfinden. Insofern ist es doppelt bitter, dass die Fortsetzung des Spielbetriebs in Corona-Zeiten den Zuschauern suggeriert: Schaut her, zur Not geht es auch ohne euch.
In England wird seit 2010 der „Non-League-Day“ zelebriert, in Deutschland organisiert 11FREUNDE in diesem Jahr zum bereits vierten Mal den „Tag der Amateure“. Findet sich der „echte“ Fußball vielleicht nur noch in den unteren Ligen?
Ich glaube, dass das eine nicht ohne das andere auskommt. Wir brauchen sportlich hochklassige und ausgeglichene Profiligen genauso, wie wir einen soliden Unterbau benötigen. Ich schaue mir sehr gerne Spiele der Premier League an – gehe aber auch gerne zur Kreisliga. An der Begeisterung für unser „Kacktor des Monats“ bei „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ sehe ich regelmäßig, wie groß die Leidenschaft an der Basis ist. Das ist ein großer Schatz, der hoffentlich für immer bewahrt werden kann.
„Traumfußball“ ist ein Buch über den Fußball von gestern. Schreibt der von heute keine guten Geschichten mehr?
Als die Bayern in der Champions League mit 8:2 gegen Barcelona gewannen, dachte ich: Wenn dieses Spiel in den Siebzigern stattgefunden hätte, würden wir noch heute darüber sprechen. Aber werden sich die Menschen auch im Jahr 2070 von dieser Partie erzählen? Ich bezweifle das ernsthaft. Vielleicht liegt das auch daran, dass uns in der rasanten Entwicklung der vergangenen Jahre die Identifikation mit den deutschen Teams im Europapokal abhandengekommen ist. Ich bin bei der Arbeit zu diesem Buch auf eine Aussage von Frank Mill gestoßen, der am 3. November 1987 mit Borussia Dortmund in Jugoslawien war, um sich auf das Spiel gegen FK Velež Mostar vorzubereiten. An diesem Abend sorgte Werder Bremen mit einem 6:2‑Sieg gegen Spartak Moskau für das erste „Wunder von der Weser“. Weil Mill keinen Fernseher und kein Radio zur Verfügung hatte, rief er alle paar Minuten bei seiner Frau in Deutschland an, um sich nach dem Ergebnis zu erkundigen. Ein ganz normales UEFA-Cup-Spiel, und eine bundesweite Anteilnahme, die wir heute nicht mehr kennen.
Und wie schaffen wir es nun, dass der Fußball seine Fans nicht endgültig vergrault?
Da hilft am Ende vielleicht wieder nur der große Sepp Herberger. Der wusste, wie man große Themen auf den Punkt bringt. „Die Leute gehen ins Stadion“, hat Herberger gesagt, „weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.“ Viele Grüße an dieser Stelle an die „Taskforce Zukunft Profifußball“ der DFL!