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Arnd Zeigler, Ihr neues Buch heißt Traum­fuß­ball – Wie unser Lieb­lings­spiel uns allen noch mehr Spaß machen kann“. In Zeiten von Scheich-Mil­li­arden, Fan­tasie-Trans­fers und Corona-Ent­frem­dung – wie viel Ironie steckt im Titel?
Eigent­lich über­haupt keine. Aber ich ver­stehe die Frage. Die Corona-Zwangs­pause hat all den Frust und all den Ärger, der sich seit Jahren in den Fan­szenen gesam­melt hat, nur noch poten­ziert. Wir Fans sind schwer gekränkt davon, dass der Fuß­ball ein­fach ohne uns wei­ter­ge­macht und damit bewiesen hat, dass es tat­säch­lich auch ohne Fans geht. Ich glaube, das hätte nie­mand für mög­lich gehalten.

Warum dann dieses Buch, in dem es zwar auch um die Pro­bleme des modernen Fuß­balls geht, das vor allem aber unter­halt­same Geschichten aus der Ver­gan­gen­heit erzählt?
Weil es mir wie so vielen anderen Fuß­ball­lieb­ha­bern auch geht: Es gibt so viele nega­tive Ent­wick­lungen und trotzdem fes­selt mich dieser Sport noch immer. Ich wollte wissen, warum das so ist. Und tat­säch­lich finden sich die Ant­worten eher in der Ver­gan­gen­heit. Die Traumfußball“-Geschichten erin­nern an eine Zeit, in der sich viele von uns in den Fuß­ball ver­liebt haben – und dieser Liebe konnten bis­lang selbst die völlig über­zo­genen Trans­fer­summen und die immer größer wer­dende Distanz zwi­schen den Akteuren und den Zuschauern nichts anhaben. Jeden­falls noch nicht.

Wie hoch schätzen Sie die Gefahr einer totalen Ent­frem­dung ein?
Die ist alar­mie­rend hoch. Ich finde, dass der Fuß­ball sich drin­gend besinnen sollte, dass er nicht ein­fach so wei­ter­ma­chen kann, wie bisher. Viel­leicht sollte sich ein Karl-Heinz Rum­me­nigge fragen, ob er als Kind im Jahr 2020 tat­säch­lich auch Fuß­ballfan geworden wäre. Ob das über­haupt noch mög­lich ist, wenn jedes Jahr die gleiche Mann­schaft Meister wird, oder nie­mand mehr sagen kann, welche deut­schen Mann­schaften eigent­lich in der Europa League spielen? Der aktu­elle Kader des FC Bayern ist laut trans​fer​markt​.de 837 Mil­lionen Euro wert, der von Auf­steiger Arminia Bie­le­feld 40. Zur Erin­ne­rung: beide Mann­schaften spielen in einer Liga. Aber eigent­lich sind das zwei unter­schied­liche Sport­arten.

Es wäre eine Kata­strophe, wenn der Fuß­ball kom­plett an die Wand gefahren wird“

In Ihrem Buch erin­nern Sie an Anek­doten, die die Zeit über­dauert haben. Wie viel von seiner eins­tigen Größe hat sich der Fuß­ball der Gegen­wart noch erhalten?
Vieles ist für immer ver­loren gegangen und das wird auch nie wie­der­kommen. Viel­leicht exem­pla­risch dafür eine Geschichte: Früher wurden im Bun­des­liga-Son­der­heft vom kicker“ Pro­mi­nente gefragt, wer Deut­scher Meister wird. Diese Rubrik gibt es nicht mehr. Da darf die Frage erlaubt sein, wie viel Wett­be­werb über­haupt noch übrig­ge­blieben ist. Es ist eine Schief­lage ent­standen und ich hoffe sehr, dass die irgendwie zeitnah beendet werden kann. Denn für mich per­sön­lich – und für sehr viele andere Men­schen in Deutsch­land – wäre es eine Kata­strophe, wenn der Fuß­ball am Ende kom­plett an die Wand gefahren wird.

Kann Nost­algie dabei helfen, die Liebe zum Spiel nicht zu ver­lieren?
Sie bewahrt uns zumin­dest ein Stück unserer Kind­heit und das ist schon eine Menge wert. Mir zum Bei­spiel wird immer wieder warm ums Herz, wenn ich alte Panini-Alben aus den Acht­zi­gern durch­blät­tere – und dass, obwohl damals auch nicht alles rosig war. Im Gegen­teil: Schu­ma­chers Attacke gegen Bat­tiston, zynisch-distan­zierte Spie­ler­typen wie Paul Breitner, den ich so gerne gemocht hätte, halb­leere Sta­dien, Nazi­hools auf den Rängen. Aber das kann neben dem Fuß­ball eben nur noch die Pop­musik: Geschichten schreiben, die man sein ganzes Leben lang kon­ser­viert. Die einen als Kind begeis­tert haben und als alten Sack in Erin­ne­rung schwelgen lassen. Allein des­halb sollten wir nicht auf­hören, um den Fuß­ball zu kämpfen.