Türkgücü München hat den direkten Durchmarsch von der Bayernliga in den Profifußball geschafft. Wir haben mit einen der Verantwortlichen gesprochen. Der jüngste Geschäftsführer im deutschen Profifußball, Max Kothny (23), erzählt uns von turbulenten Monaten, einer ausgefallenen Aufstiegsfeier und warum Türkgücü einem Start-up ähnelt.
Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die 3. Liga, Herr Kothny. Dabei waren Sie Mitte Mai noch skeptisch. Sie haben gesagt: „Da muss noch viel zusammenkommen, damit das mit dem Aufstieg klappt.“ Was ist seitdem passiert?
Vor allem die ungeklärte Stadionsituation war für uns ein Problem. Am Ende ist es uns gelungen vier Stadien (Grünwalder Stadion, Olympiastadion München, Flyeralarm-Arena Würzburg, Wacker-Arena Burghausen, Anm. d. Red.) beim DFB anzumelden, für die wir einen gültigen Mietvertrag haben. Außerdem hat die Mannschaft sich zu einem gemeinsamen Gehaltsverzicht für die 3. Liga bereit erklärt. Das hat mir noch einmal gezeigt, wie eng die Mannschaft zusammenhält und wie intensiv sie das Ziel 3. Liga verfolgen will.
Dass Sie in die 3. Liga aufsteigen dürfen, liegt auch an ihrer starken Regionalliga-Saison. Intern haben sie sicherlich das Ziel ausgegeben aufzusteigen. Hätten Sie aber gedacht, dass sie von 23 Spielen nur drei Spiele verlieren und souverän Erster werden?
Da wir sehr viele Neuzugänge geholt haben und vor der Saison 2019/20 eine neue Mannschaft zusammengestellt wurde, war die Spielzeit natürlich eine Wundertüte. Am Anfang lief es noch nicht so rund. Dann sind wir aber ins Rollen gekommen. Von daher war der 1. Platz Anfang März auch verdient.
1975: Gründung als SV Türk Gücü München
Zwischen 1988 – 1996: Bayernliga (drittklassig)
2001: Insolvenz
2013: Aufstieg in die Landesliga als SV Türkgücü-Ataspor
2016: Einstieg von Hasan Kivran
2019: Aufstieg in die Regionalliga als Türkgücü München
2020: Aufstieg in die 3. Liga
Dann kam das Coronavirus und die Saison wurde unterbrochen. Wann haben Sie erfahren, dass Sie eventuell in die 3. Liga aufsteigen könnten?
Wir haben wie geplant unsere Lizenzierungsunterlagen für die 3.- und Regionalliga abgegeben. Dann herrschte einige Wochen Ungewissheit. Nach einer Videokonferenz mit dem Bayrischen Fußballverband war klar, dass die Satzung angepasst werden würde. In die 3. Liga konnte nun derjenige aufsteigen, der zur vom DFB festgelegten Meldefrist Erster der Regionalliga Bayern war. Als die Meldefrist auf den 22. Juni festgelegt wurde, waren wir vorsichtig optimistisch.
Wie war es, als feststand, dass Sie wohl aufsteigen. Haben Sie sich getroffen und ein bisschen gefeiert? Nehmen Sie uns mit ins Innenleben des Vereins.
Ja, es waren ungewöhnliche Zeiten, aufgrund der Hygieneregelungen waren viele Spieler gar nicht in München. Daher gab es auch keine Aufstiegsfeier. Man hat sich aber intern auf der Geschäftsstelle getroffen und einige Spieler untereinander. Es war nicht so wie man sich eine Aufstiegsfeier mit Rathausbalkon vorstellt. Bei einem Aufstieg in die 2. Liga würde das sicher anders aussehen (lacht).
Wollen Sie direkt weiter in die Zweite Liga durchmarschieren?
Nein, unser internes Saisonziel ist es nicht abzusteigen und sich in der 3. Liga zu etablieren.
„Wir haben überlegt dorthin zu gehen, wo wir keine Mindereinnahmen erwarten würden.“
Sie wollen sich in dieser Saison in der 3. Liga etablieren. Wie sieht es in den nächsten Jahren aus?
Allein aus wirtschaftlicher Sicht ist unser Anspruch den Sprung in die Zweite Liga zu schaffen und nicht für immer und ewig in der 3. Liga zu sein. Aber das wollen 19 andere Vereine auch. Wir müssen infrastrukturell noch einiges tun.
Gibt es Pläne für ein eigenes Stadion?
Unser Ziel ist es, langfristig ein eigenes Stadion zu bauen. Aber das wollen die Löwen seit Jahren auch. Die Platzproblematik in München ist sehr kompliziert. Für uns liegt ein eigenes Stadion noch in weiter Ferne. Der Architekt ist noch nicht beauftragt (lacht).
Ist somit auch weiterhin ein Umzug gen Westen, nach Nordrhein Westfalen, möglich, wie im Zuge der Lizenzierungsvergabe im Winter angedacht war?
Es ging nie darum, den Vereinssitz zu ändern, sondern eventuell die Heimstätte zu wechseln, da es in München zu Engpässen kommt. Wir haben überlegt, dorthin zu gehen, wo wir keine Mindereinnahmen erwarten würden. Und standortanalytisch wäre das NRW gewesen, weil dort viele türkischstämmige Menschen leben. Wir haben damit geliebäugelt.