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Dieses Inter­view erschien erst­mals im November 2018 in 11FREUNDE #204, das in Koope­ra­tion mit unseren fran­zö­si­schen Freunden von So Foot ent­standen ist. Es ist hier bei uns im Shop erhält­lich.

Ben­jamin Stam­bouli, Ihr Vater Henri ist Trainer, Ihr Opa Gerard Banide coachte Mont­pel­lier und Monaco, genau wie Ihr Onkel Lau­rent. Wie muss man sich Weih­nachts­feste bei Ihnen zu Hause vor­stellen?
Wir reden eigent­lich die ganze Zeit über Fuß­ball. Auch meine Oma und meine Mutter können mit­reden, aber ab und an wird es ihnen zu viel. Einmal nahmen wir Männer die Was­ser­fla­schen, die Salz­streuer und die Gläser – wir stellten ein 4−4−2 auf dem Ess­tisch auf. Mein Vater und mein Opa wollten mir zeigen, wie die Defen­sive dabei ver­schieben muss. Da wurde es meiner Mutter zu bunt und sie rief: Seid ihr noch bei Trost? Wir essen jetzt.“

War es früher für Sie ein Vor- oder Nach­teil, aus so einer bekannten Familie zu stammen?
In meiner Jugend habe ich schon den Druck auf meinen Schul­tern gespürt, ein Stam­bouli zu sein. Ich wollte den Erfolgen meiner Familie gerecht werden. Doch wenn meine Familie bei den Spielen zum Zuschauen kam, ver­sagten mir die Nerven. Mit 14 spielte ich aus­wärts in Cannes, es war wohl das grot­tigste Spiel meines Lebens. Ich weinte vor Zorn. Da setzte sich mein Onkel zu mir und sagte: Egal, ob du Bauer, Bäcker oder Fuß­baller wirst, wir werden dich auch so lieben.“ Von da an hatte ich den Kopf frei. Gene­rell war es immer ein Vor­teil, auf den Rat von Opa, Papa und Onkel hören zu können.

Wel­cher Rat hat Sie beson­ders geprägt?
Mit 17 Jahren endete mein Ver­trag in der Jugend­aka­demie von Mont­pel­lier. Ich war drauf und dran, mich bei der fran­zö­si­schen Armee zu ver­pflichten. Ich wollte zu den Spe­zi­al­ein­heiten. Eines Tages war mein Onkel zufällig zu Besuch und ent­deckte die Ver­pflich­tungs­er­klä­rung auf dem Tisch. Er sagte: Spiel lieber Fuß­ball. Mit dem Geist der Armee.“ Dieser Satz ist mir bis heute im Gedächtnis.

Haben Sie in Ihrer Jugend den deut­schen Fuß­ball ver­folgt?
Oh ja. Ich habe die Sen­dung des Jour­na­listen Jean-Charles Sab­ba­tier ange­sehen, der die Bun­des­liga in Frank­reich vor­ge­stellt hat. Das war zu der Zeit, als Johan Micoud mit Bremen Meister wurde. Ich war fas­zi­niert von Micoud und durfte ihn später in einer Talk­show treffen. Ein sehr netter Typ. Und ich kann mich fernab vom Fuß­ball erin­nern, eine deut­sche TV-Serie geschaut zu haben. Es ging um einen Poli­zisten, der sich eine Clowns­maske über­ge­zogen hat und dann Fälle löste.

Doch nicht etwa Der Clown“?
Doch, so hieß sie. Die fand ich super.

Ich erle­dige gerne die Drecks­ar­beit für die Künstler“

Sie spielten in Frank­reich für Mont­pel­lier und Paris Saint-Ger­main. Seit drei Jahren sind Sie beim FC Schalke. Wie unter­scheidet sich der Alltag als Spieler in Frank­reich und Deutsch­land?
Ich habe bisher zwar nur zwei Trainer in Deutsch­land ken­nen­ge­lernt, aber was mir in jedem Fall auf­fällt, ist die hohe Trai­nings­in­ten­sität. Hier musst du dich die gesamte Woche über beweisen, um am Wochen­ende von Anfang an zu spielen. Es geht zur Sache. In Frank­reich dreht sich das Trai­ning mehr darum, dass alle in Form bleiben oder die Spieler langsam in den Spiel­rhythmus kommen.

Also geht es hier­zu­lande in den Übungen härter zu?
Die Deut­schen legen defi­nitiv mehr Wert auf die Physis. Wir gehen auf Schalke häufig in den Kraft­raum und machen auch wäh­rend der Saison sehr viele Lauf- und Sprin­tübungen. Das liegt auch daran, dass das Tempo in Deutsch­land höher ist. In Frank­reich haben wir häufig tak­tisch trai­niert.

Neven Subotic fiel auf, dass die Trainer in Frank­reich im Gegen­satz zu Deutsch­land ihren Offen­siv­spie­lern viele Frei­heiten geben, gerade im Eins gegen Eins.
Das ist wahr. Das sehen nicht nur die Trainer so, son­dern auch die Mann­schaften. Jeder rennt für den einen Spieler, der den Unter­schied aus­ma­chen kann. Wenn er drib­belt und hän­gen­bleibt – kein Pro­blem, dann springt jemand in die Bre­sche. Das Dribb­ling wird in Frank­reich wert­ge­schätzt. Mir gefällt das, auch wenn ich selbst nicht über solche Fähig­keiten ver­füge. Aber ich erle­dige gerne die Drecks­ar­beit für die Künstler.

Mussten Sie Ihr Spiel an die deut­sche Liga anpassen?
Auf dem Platz hatte ich nicht so große Anpas­sungs­schwie­rig­keiten wie außer­halb. Die Abläufe waren schon gewöh­nungs­be­dürftig. Jedes Detail zählt: Du musst pünkt­lich sein, du musst dich gesund ernähren, du musst dich in der Gruppe ein­bringen. Das alles kann Ein­fluss darauf nehmen, ob du auf­ge­stellt wirst oder nicht. Zu Hause wird da gerne mal ein Auge zuge­drückt. Wenn du in Deutsch­land aber zu spät zum Mee­ting kommst oder das fal­sche Dress trägst, wird das als Respekt­lo­sig­keit gegen­über dem Kol­lektiv aus­ge­legt.

Wann haben Sie das erst­mals zu spüren bekommen?
Im Trai­ning pro­biere ich gerne mal Sachen aus, zum Bei­spiel spiele ich Chip­bälle und passe mal mit dem Außen­rist. Da gab es direkt eine Ansage vom Trainer: Das geht nicht!“ Woho, dachte ich, hier musst du immer seriös sein. Keine ver­rückten Sachen – das hier ist Arbeit. Gerade im ersten Jahr musste ich mich da sehr zusam­men­reißen, nun lässt unser Trainer in dieser Hin­sicht schon mehr durch­gehen. Damit fühle ich mich wohler.

Hat die fran­zö­si­sche Liga die glei­chen Pro­bleme wie die deut­sche, dass nur eine Mann­schaft domi­niert?
Da ist etwas dran. Paris und Bayern haben her­aus­ra­gende Qua­lität, aber die anderen Mann­schaften müssen mutig sein. Man kann ihre Domi­nanz durch­bre­chen. Das beste Bei­spiel waren doch wir mit Mont­pel­lier 2012. Wir waren abso­lute Außen­seiter, viel­leicht ver­gleichbar mit Augs­burg in Deutsch­land, und sind fran­zö­si­scher Meister geworden. Wir hatten Men­ta­lität, Team­spirit, Kon­stanz – und nachdem wir in Paris unent­schieden gespielt hatten, waren wir so selbst­si­cher, dass uns selbst dieses große Team nicht auf­halten konnte.

Mont­pel­liers Prä­si­dent Louis Nicollin war ein kurioser Typ. Wie ver­lief die Meis­ter­party mit ihm?
Er ließ sich einen Iro in den Ver­eins­farben ver­passen und lud uns auf sein 300 Hektar großes Grund­stück ein. Wir machten die Party schlechthin, tanzten nicht weit von seinen Büf­feln und Pferden. Mein Mit­spieler Rémy Cabella hatte sich seinen Wagen in die Ver­eins­farbe Orange umsprühen lassen und erzählte unserem Prä­si­denten auf der Party davon. Da zückte Nicollin den Geld­beutel und zahlte eben die 5000 Euro für die Umla­ckie­rung.

Hier können Leute zehn Bier trinken und sind nicht betrunken! Und bei einem Tor, da werfen sie das Bier durch die Luft. Phan­tas­tisch.“

Ist Schalke mit Mont­pel­lier ver­gleichbar?
Beide Klubs wurden von Arbei­tern gegründet, Mont­pel­lier von Müll­män­nern, Schalke von Berg­ar­bei­tern. Aber Mont­pel­lier ist viel zu klein für diesen Ver­gleich, in der Stadt sind außerdem Hand­ball und Rugby sehr populär. Schalke ist mehr eine Mischung aus Saint-Éti­enne und Lens. Diese beiden Städte leben für ihren Klub, und das Sta­dion vibriert förm­lich bei den heißen Spielen.

Nach Ihren Erfah­rungen in drei Län­dern: In wel­chen Sta­dien herrscht die beste Atmo­sphäre?
In Frank­reich schon in Lens, auch wenn ich dort nur einmal gespielt habe. Aber ich kam in der Pause früher aus der Kabine, als das Sta­dion die Hymne Les Corons“ sang. Da bekommst du selbst als Gegner eine Gän­se­haut. Kennen Sie den Film Will­kommen bei den Sch’tis“? Einer meiner Lieb­lings­filme, ich habe ihn bestimmt 35 Mal ange­schaut. In einer Szene singen sie im Block dieses Lied, einem Fan laufen die Tränen über die Wangen. In Eng­land gefiel mir das Old Traf­ford am besten, weil ich mich sehr für Fuß­ball­his­torie inter­es­siere und förm­lich spürte, wie Can­tona neben mir stand. In Deutsch­land ist die Stim­mung auf Schalke am besten.

Das müssen Sie jetzt sagen.
Glauben Sie mir: Wir spielten mit Mont­pel­lier 2012 in der Cham­pions League auf Schalke und ich malte mir aus, wie schön es wäre, hier alle zwei Wochen auf­zu­laufen. 2016 ver­han­delte ich gerade mit einem sehr großen Klub, als mein Berater mir von Schalkes Inter­esse erzählte. Ich brach alle anderen Gespräche ab und unter­schrieb sofort. Es ist ein Pri­vileg, in diesem Sta­dion zu spielen. Aber raten Sie mal, wovon meine Eltern am meisten geschwärmt haben, als Sie erst­mals auf Schalke waren?

Vom Are­n­a­dach?
Nein, nein, vom Bier! Sie erzählten: Hier können Leute zehn Bier trinken und sind nicht betrunken! Und bei einem Tor, da werfen sie das Bier durch die Luft. Phan­tas­tisch.“ (Lacht.)

Wie ist die Atmo­sphäre in deut­schen Sta­dien?
Es gibt zwei Länder mit groß­ar­tigen Fans: Eng­land und Deutsch­land. Auf der Insel gibt es keine Ultras, weil das nicht sehr zu deren Men­ta­lität passt. Die Zuschauer reagieren unmit­telbar auf das Geschehen: Bei jedem Tackle und Zwei­kampf gehen sie mit, ooooohh, aahhh, das spürst du auf dem Platz. Wenn es nicht so läuft, kann die Atmo­sphäre aber auch hemmen. Hier machen die Ultras, und gerade unsere Schalker Fans, dagegen durch­ge­hend Stim­mung. Ich genieße das, die Lieder der Kurve sind bei mir zu echten Ohr­wür­mern geworden. Ich singe sie den ganzen Tag, gerade unter der Dusche. 

Welche Lieder?
(Singt, fast akzent­frei:) Wir sind Schalker, aso­ziale Schalker, schlafen unter Brü­cken oder in der Bahn­hofs­mis­sion“. Das ist mein abso­lutes Lieb­lings­lied. Zunächst ver­stand ich den Text nicht, aber Ralle Fähr­mann und Leon Goretzka haben ihn mir bei­gebracht. Mir gefällt der Gedanke dahinter.

Eigent­lich wurden die Schalker früher von Geg­nern damit auf­ge­zogen, bis sie es selbst über­nommen haben.
Ja, gerade das ist doch super. Wir kennen die Geschichte des Ver­eins und der Region. Viele Leute haben nicht viel Geld, aber trotzdem sind sie stolz auf ihren Klub. Andere würden sich genieren, aber die Leute hier schreien raus: Ihr könnt uns alle mal. Auch wenn wir kein Geld haben, uns egal, wo wir schlafen – Haupt­sache, wir fahren euch hin­terher.“ Ich liebe das.

Wie lautet Ihr Lieb­lings­ge­sang in Frank­reich?
Der kommt natür­lich von Mont­pel­lier. (Singt:) Je suis tombé amou­reux, de ce maillot orange et bleu, bleu, c’est la Médi­ter­ranée, orange, le soleil au coucher!“ Ich habe mich ver­liebt in dieses blau-orange Trikot, blau wie das Mit­tel­meer, orange wie der Son­nen­un­ter­gang.

Die Leute hier schreien raus: Ihr könnt uns alle mal. Auch wenn wir kein Geld haben, uns egal, wo wir schlafen – Haupt­sache, wir fahren euch hin­terher.‘ Ich liebe das.“

Wie ist es für einen Fran­zosen, wenn er erst­mals auf Ruhr­pottler trifft?
Ich muss zugeben, dass ich von der Direkt­heit schon über­rascht war. In Frank­reich reagieren die Leute sehr zurück­hal­tend auf dich. In Eng­land werden die Spieler sowieso kom­plett abge­schottet. Hier ging ich vom Trai­ning in die Kabine und die Zuschauer spra­chen mich an: Ey, Stam­bouli, am Samstag drei Punkte!“ Ein anderer sagte: Dann aber kein Fehler von dir.“ Ich habe meine Mit­spieler gefragt, wie ich darauf reagieren sollte. Meine Befürch­tung war, dass es arro­gant wäre, direkt zu ant­worten. Aber genau das erwarten die Leute. Also sage ich:„Ja, alles klar, kein Fehler, und wir holen drei Punkte.“

Wie fallen die Reak­tionen aus?
Dann sagen sie: So will ich dich hören, Stam­bouli.“ Und recken den Daumen hoch. Das mag unge­wöhn­lich sein, aber es ist besser, wenn sie dir ihre Mei­nung direkt ins Gesicht sagen, als wenn sie dir auf die Schulter klopfen und dann läs­tern, wenn du weg bist.

Wie kommen Sie gene­rell mit der deut­schen Sprache zurecht?
Es gibt Tücken. Anfangs wun­derte ich mich, warum alle von Cheri“ spre­chen. Cheri? Dann wurde mir klar: Sie sagen Schiri“. Meine Mit­spieler wie Leon Goretzka haben mir dann noch aller­hand unnütze Sprüche bei­gebracht. So etwas wie Da wird der Hund in der Pfanne ver­rückt“.

Trainer Dome­nico Tedesco soll auch sehr gut Fran­zö­sisch spre­chen.
Ja, das stimmt. Er spielt mit der Sprache und Wör­tern. Letz­tens waren Nabil Ben­taleb und Amine Harit beim Bil­lard. Der Trainer rief zu mir: Ben­jiii, ils sont fouuuuu.“ Die beiden sind ver­rüüüüückt. Der Trainer macht oft seine Witze auf Fran­zö­sisch.

Dabei kommt er in der Öffent­lich­keit eher ver­kopft rüber.
Ich sehe mir nicht so viele Inter­views an. Er kann sehr locker sein. Der Trainer ist defi­nitiv nah an der Mann­schaft und hat einen sehr guten Draht zu uns.

Sie haben schnell Deutsch gelernt. Dabei sollen Sie und Nabil Ben­taleb anfangs den Unter­richt geschwänzt haben.
Moment, geschwänzt stimmt nicht ganz. Wir hatten zu dieser Zeit drei Spiele in der Woche und in der Bun­des­liga eine Nega­tiv­serie. Am ein­zigen Tag, an dem wir aus­schlafen konnten, sollten wir um 8 Uhr mor­gens zum Unter­richt. Ich habe gesagt: Deutsch lernen – kein Pro­blem. Aber wir müssen uns auch mal aus­ruhen. Wir haben einige Spiele ver­loren, jetzt geht es erst einmal um Fuß­ball.“ Ich debat­tierte lange mit einem Mit­ar­beiter des Ver­eins, der aber darauf bestand, dass wir teil­nehmen. Am Ende sagte ich: Okay, ich will nicht unhöf­lich sein und ein­fach fern­bleiben. Also sag dem Lehrer bitte, dass ich nicht komme.“ Ich habe also ange­kün­digt, dass ich fehle.

Ein ange­kün­digter Streik, das ist sehr fran­zö­sisch.
(Lacht.) Ja, typisch, nicht? Wir streiken gerne. Ich ver­suche nun, eine Balance zwi­schen fran­zö­si­scher Rebel­lion und deut­scher Dis­zi­plin zu finden. Es ist nur so: Ich liebe es zu debat­tieren. Nabil Ben­taleb ist genauso. Wir quat­schen den ganzen Tag.

Sie sind befreundet, obwohl Sie bei Tot­tenham und zunächst auf Schalke direkte Kon­kur­renten auf der Sechs waren.
Das inter­es­siert mich nicht, um ehr­lich zu sein. Nabil ist hier mein bester Freund. Ich kann auf der Sechs, auf der Acht, in der Ver­tei­di­gung spielen – wenn ich dann mit keinem meiner Kon­kur­renten ein Wort wech­seln würde, wäre ich ziem­lich einsam. Auf dem Platz kenne ich keine Freunde. Aber außer­halb blende ich die Riva­lität und das Kon­kur­renz­denken aus.

Wo ist es ein­fa­cher, Freund­schaften zu knüpfen: in Frank­reich oder Deutsch­land?
Keine ein­fache Frage. Aber ich würde sagen: in Deutsch­land. Die Men­ta­lität ist hier aufs Kol­lektiv aus­ge­legt. In Frank­reich schauen die Spieler ein biss­chen mehr auf sich und ihre Kar­riere. Doch die Men­ta­lität färbt sowieso ab: Wenn ich mich mit meinen fran­zö­si­schen Freunden ver­ab­rede, bestehe ich mitt­ler­weile darauf, dass alle pünkt­lich sind. Sie sagen dann: Benji, was ist los? Du bist so deutsch geworden!“

Gibt es etwas, dass Sie an Deutsch­land über­haupt nicht ver­stehen?
Einmal nahm ich meinen Haus­müll mit runter. Auf dem Weg zum Auto wollte ich keinen Umweg zu meiner Müll­tonne nehmen und warf den Sack ein­fach in eine Tonne eines Nach­barn. Plötz­lich kam er an und dis­ku­tierte: Das geht nicht, das ist meine Tonne.“ Er war total auf­ge­bracht. Nach einer Weile dachte ich: Wie ver­rückt! Hier in Deutsch­land kämpfen die Leute selbst um ihre Müll­tonne!“

In der Woche vor dem Derby hat Ralle uns eine Doku über das Revier­derby gezeigt. Da hatte ich das erste Mal Gän­se­haut.“

Zum Schluss: Sie haben das Nord­lon­don­derby gespielt, das Duell Paris-Mar­seille sowie das Ruhr­pott­derby. Wel­ches Spiel ist am inten­sivsten?
Defi­nitiv das Revier­derby. Paris gegen Mar­seille ist schon intensiv, aber es ist streng­ge­nommen kein Derby. Spurs-Fans mögen auch andere Mann­schaften wie Chelsea nicht. Hier auf Schalke gibt es nur diesen einen großen Rivalen. Ich darf im Gespräch mit den Fans nicht einmal den Namen aus­spre­chen, son­dern kann nur Die Gelben“ sagen. Allein die Derbys in der ver­gan­genen Saison werde ich nie­mals ver­gessen.

Woran erin­nern Sie sich beson­ders?
In der Woche vor dem ersten Derby hat Ralle in unserer WhatsApp-Gruppe der Spieler eine Doku über das Revier­derby geteilt. Da hatte ich schon das erste Mal Gän­se­haut. Meine Familie reiste sogar aus Frank­reich an. Doch im Spiel unter­lief mir ein Eigentor und wir lagen 0:4 zur Pause zurück. In der Kabine winkte unser Trainer alle nah zu sich und sagte: Manche Leute sam­meln Uhren, manche viel­leicht Autos. Doch wir, und das ist ent­schei­dend, wir sam­meln Momente. Und genau das machen wir jetzt, Jungs, gewinnt die zweite Halb­zeit!“

Das hat ganz gut geklappt.
Ich dachte mir auch nur: Benji, du musst jetzt Cojones zeigen.“ Mir gelangen zwei Vor­lagen. Und wir holten ein 0:4 zum 4:4 auf. Was ein Spiel! Ich war wie in einem Rausch. Ich schnappte mir einen Stift und malte ein 4:0 auf mein Trikot. Es ist bis heute das ein­zige, das ich in meinem Schrank auf­be­wahre. Nie­mand darf es berühren oder ansehen, nicht mal meine Freundin. Es ist mir heilig. Irgend­wann einmal werde ich es meinen Kin­dern schenken und ihnen von diesem unglaub­li­chen Tag erzählen.