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Seite 2: „Working Class!“

Aber wie bricht man die Macht des Geldes?
Es gibt nicht eine Erklä­rung, wir haben viele Dinge ange­packt. Ganz viel Wert haben wir etwa auf den Team­geist gelegt.

Also bitte, es gibt kaum einen Trainer, der das nicht behaupten würde.
Aber wir haben wirk­lich etwas dafür getan. Wir sind vor der Saison zum Team­buil­ding vier Tage zum Zelten in die Wildnis nach Schweden gefahren, um Zusam­men­halt zu schaffen und die Neuen früh ein­zu­binden. Wir haben auf dem Trai­nings­ge­lände einen Family Day gemacht, wo die Spieler und alle Mit­ar­beiter des Klubs mit ihren Fami­lien zum Bar­becue ein­ge­laden waren. Im Sta­dion gibt es bei uns einen Fami­li­en­be­reich, damit auch die Spie­ler­frauen mit Kin­dern zu den Spielen kommen können. Und in der Län­der­spiel­pause im November haben wir ein Trai­nings­lager in Mar­bella gemacht, wo die Fami­lien mit­kommen konnten.

Solche Trai­nings­lager im Süden wäh­rend der Saison sind in Eng­land beliebt, aber nor­ma­ler­weise fahren die Mann­schaften da zum Golfen und zum Saufen hin.
Klar, das ist typisch bri­tisch, aber daran müssen wir uns doch nicht halten. Aller­dings ist es im eng­li­schen Fuß­ball wichtig, mal drei oder vier Tage wäh­rend der Saison frei zu machen, weil es keine Win­ter­pause gibt. In Deutsch­land würde man dafür gestei­nigt, aber wir brau­chen etwa Län­der­spiel­pausen drin­gend zum Rege­ne­rieren. Das ist nicht nur eine Frage der kör­per­li­chen Belas­tung, zehn Monate Fuß­ball am Stück bedeuten auch einen starken men­talen Stress.

Blöd nur, wenn man Natio­nal­spieler ist und Län­der­spiele in der Län­der­spiel­pause machen muss.
Das stimmt, und wir haben inzwi­schen schon acht Natio­nal­spieler. Und in unserem Ter­min­ka­lender sind Spiele am 23. und 26. Dezember und am 1. Januar. Weih­nachten sind wir zum Glück bei den Fami­lien, aber den Jah­res­wechsel ver­bringe ich mit meiner Mann­schaft in einem Hotel in Lei­cester. Ich bin bestimmt nicht der sen­ti­men­talste Mensch auf diesem Pla­neten, aber selbst ich habe in Deutsch­land über Weih­nachten und Neu­jahr etwas ent­schleu­nigt und über das Leben nach­ge­dacht. Hier wird dann erst recht beschleu­nigt, dann ist Fuß­ball- und nicht Fami­li­en­zeit, darauf musste ich mich auch erst einmal ein­stellen.

Team­buil­ding in der Wildnis und die gut gewählten Pausen erklären aber noch keine Fuß­ball­wunder.
Nein, wir haben schon auch darauf geschaut, dass die Neu­zu­gänge bereits mal auf­ge­stiegen oder Füh­rungs­spieler bei ihren Klubs waren. Einige von ihnen hatten eine nicht so gute Zeit hinter sich und waren hungrig darauf zu zeigen, was sie können. Außerdem haben wir etwas gemacht, das in Eng­lands zweiter Liga fast nie pas­siert: Wir haben junge, gut aus­ge­bil­dete Spieler von Klubs wie Liver­pool und Chelsea aus­ge­liehen, die zuvor noch keinen Pro­fi­fuß­ball gespielt haben. Und wir haben in die Infra­struktur inves­tiert.

Gibt es nicht den Spruch: Infra­struktur schießt keine Tore?
Mag sein, aber dem würde ich wider­spre­chen. Als ich vor zwei Jahren kam, habe ich ange­sichts dessen, was ich hier vor­ge­funden habe, schon einen Kul­tur­schock bekommen. Ich hätte nicht gedacht, dass ein eng­li­scher Zweit­li­gist so schlechte Trai­nings- und Arbeits­be­din­gungen hätte. Wir haben hier sehr viel ver­än­dert: die medi­zi­ni­sche Abtei­lung erwei­tert, einen Koch ein­ge­stellt, die Trai­nings­be­leuch­tung ver­stärkt, einen eigenen Kraft­raum gebaut und vieles mehr. Was den Unter­schied gemacht hat, ist die Summe der guten Ent­schei­dungen.

Wann haben Sie zum ersten Mal gedacht: Das könnte zu einem Mär­chen werden?
Um Weih­nachten letzten Jahres waren wir nach Abschluss der Vor­runde Dritter, hatten also gegen alle gespielt und keine glück­li­chen Punkte geholt. Da war für mich klar, dass ich aus dieser Mann­schaft und dieser Saison raus­holen wollte, was drin war.

Wie würden Sie jemandem, der noch nie hier war, die Stadt Hud­ders­field beschreiben?
Working Class!

Wenn man durch die Innen­stadt geht, sieht man leere Geschäfte und Ein-Pfund-Läden. Es ist auch eine arme Gegend.
Das stimmt, die Leute haben nicht so viel Geld, wes­halb wir auch mit die nied­rigsten Dau­er­kar­ten­preise der Pre­mier League haben. Früher gab es hier Tex­til­in­dus­trie und nicht weit ent­fernt auch Bergbau, mich erin­nert es hier sehr ans Ruhr­ge­biet. Die Leute sind sehr grad­linig und ent­wi­ckeln einen unglaub­li­chen Enthu­si­asmus für ihren Fuß­ball­verein. Die Ver­eins­liebe ist größer als in Deutsch­land gemeinhin.