Trainer David Wagner und Huddersfield Town gehen fortan getrennte Wege. Hier sprach er mit uns über die lückenhafte Erinnerung an das größte Spiel seiner Karriere, die Magie der Premier League und den Umgang mit Jahreswechseln im Teamhotel.
Aber wie bricht man die Macht des Geldes?
Es gibt nicht eine Erklärung, wir haben viele Dinge angepackt. Ganz viel Wert haben wir etwa auf den Teamgeist gelegt.
Also bitte, es gibt kaum einen Trainer, der das nicht behaupten würde.
Aber wir haben wirklich etwas dafür getan. Wir sind vor der Saison zum Teambuilding vier Tage zum Zelten in die Wildnis nach Schweden gefahren, um Zusammenhalt zu schaffen und die Neuen früh einzubinden. Wir haben auf dem Trainingsgelände einen Family Day gemacht, wo die Spieler und alle Mitarbeiter des Klubs mit ihren Familien zum Barbecue eingeladen waren. Im Stadion gibt es bei uns einen Familienbereich, damit auch die Spielerfrauen mit Kindern zu den Spielen kommen können. Und in der Länderspielpause im November haben wir ein Trainingslager in Marbella gemacht, wo die Familien mitkommen konnten.
Solche Trainingslager im Süden während der Saison sind in England beliebt, aber normalerweise fahren die Mannschaften da zum Golfen und zum Saufen hin.
Klar, das ist typisch britisch, aber daran müssen wir uns doch nicht halten. Allerdings ist es im englischen Fußball wichtig, mal drei oder vier Tage während der Saison frei zu machen, weil es keine Winterpause gibt. In Deutschland würde man dafür gesteinigt, aber wir brauchen etwa Länderspielpausen dringend zum Regenerieren. Das ist nicht nur eine Frage der körperlichen Belastung, zehn Monate Fußball am Stück bedeuten auch einen starken mentalen Stress.
Blöd nur, wenn man Nationalspieler ist und Länderspiele in der Länderspielpause machen muss.
Das stimmt, und wir haben inzwischen schon acht Nationalspieler. Und in unserem Terminkalender sind Spiele am 23. und 26. Dezember und am 1. Januar. Weihnachten sind wir zum Glück bei den Familien, aber den Jahreswechsel verbringe ich mit meiner Mannschaft in einem Hotel in Leicester. Ich bin bestimmt nicht der sentimentalste Mensch auf diesem Planeten, aber selbst ich habe in Deutschland über Weihnachten und Neujahr etwas entschleunigt und über das Leben nachgedacht. Hier wird dann erst recht beschleunigt, dann ist Fußball- und nicht Familienzeit, darauf musste ich mich auch erst einmal einstellen.
Teambuilding in der Wildnis und die gut gewählten Pausen erklären aber noch keine Fußballwunder.
Nein, wir haben schon auch darauf geschaut, dass die Neuzugänge bereits mal aufgestiegen oder Führungsspieler bei ihren Klubs waren. Einige von ihnen hatten eine nicht so gute Zeit hinter sich und waren hungrig darauf zu zeigen, was sie können. Außerdem haben wir etwas gemacht, das in Englands zweiter Liga fast nie passiert: Wir haben junge, gut ausgebildete Spieler von Klubs wie Liverpool und Chelsea ausgeliehen, die zuvor noch keinen Profifußball gespielt haben. Und wir haben in die Infrastruktur investiert.
Gibt es nicht den Spruch: Infrastruktur schießt keine Tore?
Mag sein, aber dem würde ich widersprechen. Als ich vor zwei Jahren kam, habe ich angesichts dessen, was ich hier vorgefunden habe, schon einen Kulturschock bekommen. Ich hätte nicht gedacht, dass ein englischer Zweitligist so schlechte Trainings- und Arbeitsbedingungen hätte. Wir haben hier sehr viel verändert: die medizinische Abteilung erweitert, einen Koch eingestellt, die Trainingsbeleuchtung verstärkt, einen eigenen Kraftraum gebaut und vieles mehr. Was den Unterschied gemacht hat, ist die Summe der guten Entscheidungen.
Wann haben Sie zum ersten Mal gedacht: Das könnte zu einem Märchen werden?
Um Weihnachten letzten Jahres waren wir nach Abschluss der Vorrunde Dritter, hatten also gegen alle gespielt und keine glücklichen Punkte geholt. Da war für mich klar, dass ich aus dieser Mannschaft und dieser Saison rausholen wollte, was drin war.
Wie würden Sie jemandem, der noch nie hier war, die Stadt Huddersfield beschreiben?
Working Class!
Wenn man durch die Innenstadt geht, sieht man leere Geschäfte und Ein-Pfund-Läden. Es ist auch eine arme Gegend.
Das stimmt, die Leute haben nicht so viel Geld, weshalb wir auch mit die niedrigsten Dauerkartenpreise der Premier League haben. Früher gab es hier Textilindustrie und nicht weit entfernt auch Bergbau, mich erinnert es hier sehr ans Ruhrgebiet. Die Leute sind sehr gradlinig und entwickeln einen unglaublichen Enthusiasmus für ihren Fußballverein. Die Vereinsliebe ist größer als in Deutschland gemeinhin.