Mit Real Madrid wartet im Champions-League-Halbfinale bereits sein zweiter Ex-Klub auf den ehemaligen Schalker Hamit Altintop. Eine ähnlich emotionale Zerrissenheit wie im Duell mit seiner Heimatstadt im Viertelfinale, ist beim Deutsch-Türken aber nicht zu befürchten. Denn in der Startelf der „Königlichen“ war Altintop in etwa so häufig zu finden wie Axel Schulz in einem Friseursalon.
„Hamit hat in dieser Saison nur dreimal von Anfang an gespielt. Das ist ihm zu wenig“, erklärte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge im Mai 2011, als klar war, dass Hamit Altintop den Verein verlassen würde. Was eigentlich wie ein nachvollziehbarer Trennungsgrund klang, wurde durch die anschließende Unterschrift des Türken bei Real Madrid allerdings ad absurdum geführt. So drängten sich beim neutralen Beobachter vor allem zwei Fragen auf: Erstens, warum wechselt ein unzufriedener Reservespieler zu dem Verein mit dem wohl größten Konkurrenzdruck weltweit? Zweitens, seit wann verpflichtet das Madrider Staressemble einen ablösefreien Bankdrücker aus der Bundesliga?
Dass sich Altintop selbst erst einmal mit dieser merkwürdigen Konstellation anfreunden musste, war ihm bei seiner Präsentation im gut gefüllten Santiago Bernabéu deutlich anzusehen. Während sein weitaus jüngerer Landsmann Nuri Sahin – ebenfalls aus der Bundesliga zu Real gewechselt – mit einem breiten Grinsen aus den Katakomben stürmte und enthusiastisch den Beifall des Publikums erwiderte, wirkte der Gelsenkirchener bei seiner Vorstellung fast schon schüchtern und peinlich berührt aufgrund dieser Inszenierung. Komplettiert wurde das damalige deutsch-türkische Trio von Mesut Özil, der bereits im Jahr zuvor aus Deutschland gekommen war. Was auf manchen hierzulande wie eine immer größere Wertschätzung der Bundesliga wirkte, rückte allerdings durch ein brisantes Detail in ein leicht dubioses Licht. Denn diese drei Legionäre verband zu diesem Zeitpunkt nicht nur ihre Wurzeln, sondern auch ihr gemeinsamer Berater Reza Fazeli.
Besonders im Fall von Altintop drängte sich deshalb der Verdacht auf, der Ex-Schalker würde in diesem Transferskontrukt nur als eine Art Mengenrabatt fungieren. Ein Umstand, den er selbst nicht völlig widerlegen konnte. So gab er in einem Interview mit der „SportBild“ zwar an, die Aufmerksamkeit seines neuen Trainers José Mourinho im Champions-League-Finale 2010 gegen Inter Mailand geweckt zu haben, erklärte aber im selben Atemzug vieldeutig: „Mein Berater hat mich zum richtigen Zeitpunkt positioniert.“ Sein neuer Trainer selbst sah in Altintop den perfekten Kandidaten für einen dringend benötigten Allrounder und frohlockte vor allem über die finanziellen Rahmenbedingungen des Transfers: „Ein gutes Geschäft ist ein Spieler, der ohne Kosten kommt und dessen Vertrag ausgelaufen ist.“
„Ich will den Real Fans den wahren Altintop zeigen“
Der türkische Nationalspieler berichtete weiterhin von einem guten Gespräch mit Mourinho in englischer Sprache. Vielleicht lag es aber auch am Hang zum Anglophilen, dass Altintop von vier geplanten Jahren letztendlich nur eines in Spanien verbrachte und dabei nur fünf Spiele für das „weiße Ballett“ absolvieren durfte. Denn übersetzt man den Begriff den englischen Begriff „Allrounder“ ins Fußballdeutsch, ist er ungefähr mit dem Status des Lückenbüßers gleichzusetzen. Und der kommt eben oft nur bei personellen Engpässen zum Einsatz. Die gibt es bei Real selten bis nie. Allerdings lieferten auch Rückenprobleme, die den inzwischen 30-Jährigen bereits vor seinem Wechsel plagten, eine mögliche Ursache dafür, dass er den großen Konkurrenzkampf nie wirklich auf Augenhöhe annehmen konnte.
Heute Abend kehrt er nun mit Galatasaray an den Ort zurück, an dem er vor knapp anderthalb Jahren noch als Real-Spieler in Empfang genommen wurde. Trotz dieser eher unglücklichen Zeit in seiner Karriere verspürt Altintop keinen Groll, wie er der spanischen Sportzeitung „Marca“ mitteilte. Er wolle den Real-Fans lediglich den wahren Hamit Altintop zeigen und habe keine negativen Gefühle bei seiner Rückkehr. „Es gibt nicht viele Spieler, die von sich behaupten können, einmal für diesen Klub gespielt zu haben“, so Altintop weiter. Auch Galatasarays Außenseiterrolle lässt ihn kalt: „Ich habe selbst schon viele Spiele als klarer Favorit verloren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im ersten Spiel. Wenn wir das überstehen, ist in Istanbul alles möglich.“
Einen kleinen Seitenhieb gegen die Madrilenen konnte sich der 30-Jährige am Ende dennoch nicht verkneifen. So verglich er seine neue Mannschaft aufgrund ihrer Spielweise mit Reals Erzfeind, dem FC Barcelona. und verkündete selbstbewusst: „Wir sind das Barca der Türkei“. Ob das Duelle Gala gegen Real allerdings zu einem spanisch-türkischen Classüco reichen kann, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen.