Sechs Stars und Coach Jorge Jesus haben bei Sporting Lissabon gekündigt – fristlos, trotz laufender Verträge. Steckt wirklich nur eine Fan-Attacke dahinter?
Immerhin: Zwei der Abwanderungswilligen, Rui Patricio und der junge Podence, werden von ein und der selben Berater-Agentur vertreten. Ihr Agent, Jorge Mendes, berät auch Cristiano Ronaldo sowie José Mourinho und gilt in der Branche als einer der gerissensten und gewissenlosesten Vertreter seines Fachs. Der bei Fans wie Spielern umstrittene Sporting-Präsident, ein Herr mit dem klangvollen Namen Bruno Miguel de Azevedo Gaspar de Carvalho (46), wittert jedenfalls eine Intrige von Mendes und vermutet, dass dieser seine Schützlinge „manipuliert“ habe. Für De Carvalho ist sonnenklar, dass die Berater hinter der Kündigungswelle stecken müssen, weil sie fette Geschäfte dank ablösefreier Wechsel ihrer Spieler wittern. Was natürlich nicht ganz unplausibel klingt.
Vielleicht aber ist die Kündigungswelle in Wahrheit eine Reaktion auf einen präsidialen Amoklauf De Carvalhos im April. Damals, nach einer 0:2‑Niederlage in der Europa League bei Atlético Madrid, hatte ebenjener Sporting-Präsident 19 Spieler vorübergehend vom Dienst freigestellt – und sie damit den Medien und den eigenen Fans zum Fraß vorgeworfen. Dem erstaunten Dost hatte De Carvalho sogar unterstellt, sich in dieser Partie extra eine Gelbsperre eingefangen zu haben, damit er im Rückspiel nicht mehr auflaufen musste. Die Spieler schrieben daraufhin einen offenen Brief, in dem sie De Carvalho für untragbar erklärten: „Er, der unser Anführer sein sollte, zeigt öffentlich mit dem Finger auf Einzelne, obwohl die Leistung aus dem Team hervorgeht. Durch welche Situation wir auch immer gehen: Alle Angelegenheiten werden als Mannschaft gelöst.“
Präsident De Carvalho sieht sich bestens gerüstet
Nun scheint es, als würden die Spieler die Sache tatsächlich im Kollektiv lösen – auch wenn der Klub die heranrollende Kündigungswelle nicht hinnehmen will: „Diese Schreiben, ihre Auswirkungen und Konsequenzen werden analysiert“, hieß es in einer Pressemitteilung. Da nicht davon auszugehen ist, dass Sporting seine Leistungsträger ablösefrei ziehen lassen will, drohen nun handfeste juristische Auseinandersetzungen. Präsident De Carvalho sieht sich bestens gerüstet und erklärt die Kündigungen schon vorab für rechtlich unhaltbar: „Ich kann den Fans garantieren, dass dieses Vorgehen der Spieler nichts bringen wird. Die Argumentation für die Auflösungen ist so schwach, dass man merkt, dass diese Prozesse nicht in Gang gesetzt wurden, um sie bis zum Ende durchzuziehen.“ Was abzuwarten gilt.
Immerhin: Bruno Miguel de Azevedo Gaspar de Carvalho will einer Einigung nicht im Wege stehen. Der streitbare Präsident mit dem endlos langen Namen bietet großmütig seinen freiwilligen Abschied aus der Chefetage an: „Wenn die aktuelle Führung das Motiv für die angestrebten Vertragsauflösungen ist, dann reicht ein Brief von den sechs Spielern, damit wir zurücktreten.“