50.000 Engländer sind beim Europa-League-Finale in Basel zu Gast – ist die kleine Stadt diesem Ansturm gewachsen?
Der Fan spricht normalerweise nicht aus Jürgen Klopp, er brüllt vielmehr. Kaum ein anderer Trainer ist gleichzeitig so sehr Anhänger seiner eigenen Mannschaft wie der ehemalige Dortmunder, der gerade dabei ist, mit dem FC Liverpool den größten internationalen Erfolg seit 2007 zu feiern. Nun, nach dem Einzug seiner Mannschaft ins Europa-League-Finale sprach eben der Fan in Jürgen Klopp: „Am besten sollen 100.000 mit nach Basel kommen.“
In der 175.000-Einwohner Stadt direkt an der Grenze zu Deutschland schrillten bereits die Alarmglocken, da nahm der Trainer das Statement zurück: „Das letzte Mal habe ich alle Fans nach Basel eingeladen, das war nicht sehr schlau“. „Ich habe ihm das aber nicht abgekauft“, meint Ralf Lehmann dazu: „Das musste er sagen, in Wahrheit will er auch, dass die ganze Stadt voller Liverpool-Fans ist“.
Die Spanier sind die Underdogs
Lehmann ist Vorstand des größten deutschen Liverpool-Fanclub, den „German Reds“, die sich nach Liverpools UEFA-Cup-Finalsieg 2001 gründeten. Er wird am Mittwoch wie schätzungsweise 50.000 andere im roten Trikot nach Basel reisen, um dort das Finale gegen den Titelverteidiger aus Sevilla zu verfolgen.
Doch kaum einer traut den Spaniern einen Sieg zu – zumindest nicht abseits des Platzes. Die Anhänger der Andalusier waren so reisefaul, dass sie selbst einen Teil ihres Kontingents abgeben konnten. 2.000 überflüssige Tickets wanderten nach Liverpool, wo sie dringend benötigt wurden. Einige der englischen Fans sind mittlerweile sogar bereit, Pfundbeträge im vierstelligen Bereich für Eintrittskarten hinzulegen, die eigentlich 36 Pfund kosteten.
Es ist ein schmaler Grat, auf dem die UEFA wandelt. Seit einigen Jahren werden die Endspiele der Europa League bewusst in „kleinere“ Städte vergeben, meist auch in kleinere Stadien. Grundsätzlich ist es die richtige Idee, denn die größte Angst der Veranstalter dürfte weiterhin sein, dass Plätze im Finale frei bleiben. Als im vergangenen Jahr Sevilla in Warschau (54.000 Plätze) auf Dnipro traf, blieben rund ein fünftel der Karten unverkauft. Dass ein Verein mit der Fanmasse wie Liverpool auch große Arenen füllen kann, ist klar. Dass so ein Klub jedoch im Finale steht, ist kaum vorhersehbar.
Der Basler St.-Jakobs-Park ist mit einer Kapazität von 38.000 Plätzen kleiner als 19 Arenen in der Premier League. Doch ist das kein Grund für Liverpool-Fans, sich die Reise in die Schweiz nicht anzutreten, immerhin lässt sich in der kleinen Alpen-Metropole auch außerhalb der Arena gut feiern. Die Stadt hat umgehend auf Kloppsche Ankündigungen reagiert und eilig zwei Public-Viewings eingerichtet.
Bier zum halben Preis
Die Schweizer sehen sich somit gerüstet. Ohnehin, ein paar Zehntausend Liverpooler bringen Peter Howald, Projektleiter für das Europa-League-Finale, nicht mehr aus der Ruhe. „Wir hatten damals zur Europameisterschaft 2008 schon 100.000 Holländer hier, das haben wir auch geschafft“, meint Howald. Auch der FC Basel empfange regelmäßig die ganz großen Namen aus Europa.
Sorgen sollten sich die angereisten Anhänger eigentlich nur wegen den Preisen machen, die in der Schweiz gerne ähnlich hoch sind wie die Berge. Aber auch auf dieses Problem haben die Basler eine Antwort. Im „Mr. Pickwicks“, dem bekanntesten Pub der Stadt, wird Carlsberg-Bier zum halben Preis ausgeschenkt, dafür aber nur in Plastikbechern. Marc, der in der Fußball-Kneipe hinter dem Tresen steht, ist ebenfalls für den FC Liverpool: „Wenn sie gewinnen, müssen wir nochmal mit der Polizei reden, dann machen wir die ganze Nacht auf“.
Gesunder Realismus
Der große Partycrasher könnte allerdings der FC Sevilla werden: Auch wenn weniger Fans vor Ort sein sollten, die Spanier haben gute Chancen auf den dritten Triumph in Serie und überstanden die bisherigen Runden souveräner als das Team von Jürgen Klopp. Unter den Liverpool-Fans setzt man deshalb auf einen gesunden Realismus und hofft darauf, dass die entscheidenden Prozente von den eigenen Fans kommen können.
Ralf Lehmann von den German Reds formuliert das so: „Wenn man Dortmund und Manchester schlägt, sollte auch Sevilla möglich sein.“