Kommerz, groteske Transfersummen, Kunden, statt Zuschauer – hier erzählen Fans, warum sie keine Lust mehr auf Fußball haben.
Maximilian Fritz / 21
Meine große Liebe sind die guten alten Münchner Löwen. Der Satz alleine reicht eigentlich schon, um mein Desinteresse zu erklären. Doch die allgemeinen Entwicklungen im deutschen wie im europäischen Fußball können nichts dafür, dass mich mein Verein seit immer verarscht und mein größtes Glücksgefühl als Fan aus den gewonnen Relegationsduellen gegen Kiel resultiert.
Vielmehr stören mich andere Dinge, die seit Jahren absehbar waren und denen meiner Meinung nach nicht mehr beizukommen ist.
Die Spannung ist weg!
Da ist erstens die viel diskutierte Dominanz der Bayern. Ich versuche vor meinem Hintergrund als Anhänger des Lokalrivalen (oder wie man es auch nennen mag) selbstverständlich weitestgehend sachlich zu bleiben. Das fällt mir seit der Saison 13/14 erstaunlicherweise ziemlich leicht, was gleichzeitig das fortgeschrittene Stadium der Gleichgültigkeit ausdrückt, in dem mich bereits befinde. Wie schön war es beispielsweise, auf Ausrutscher der Roten unter Magath, Klinsmann, ja sogar van Gaal zu warten. Damals verfolgte ich die Spiele der Bayern hin und wieder, weil ich insgeheim natürlich auch versuchte, meinen blauen Frust mit roten Niederlagen aufwiegen zu können. Schande über mich, aber ich denke, den meisten Fußballfans sollte dieses Verhalten bekannt vorkommen. Mittlerweile sind mir die Spiele des Großkonzerns mit angeschlossener Fußballabteilung einfach nur egal. Ich schaue die Spiele einfach nicht mehr, es macht keinen Sinn, weil keine Spannung vorhanden ist.
Mir ist klar, dass ich im Fußball eine sehr traditionelle Sicht auf die Dinge pflege und schon mit 21 Jahren wie ein Ewiggestriger wirke. Aber ich habe einfach so ein verschwindend geringes Interesse daran, Duelle von Klubs anzusehen, die sportlich sicher ihre Daseinsberechtigung haben, vom Umfeld und ihrer Geschichte her jedoch niemanden hinter dem Ofen hervorlocken. In der Bundesliga sind das Vereine wie Hoffenheim, Ingolstadt, Augsburg (ja, ich weiß, da kann man sich garantiert drüber streiten, die „Sky“-Quoten geben mir in dem Punkt aber recht), Wolfsburg, ehemals Paderborn, usw. Mir ist auch klar, dass die Traditionsvereine daran zu einem großen Teil selber schuld sind und es versäumt haben, ihre Strukturen zu erneuern und „mit der Zeit zu gehen“, wie man so schön sagt. Gefallen muss einem der Status quo aber deswegen noch lange nicht.
Betrug und Korruption
Es gibt noch etliche weitere Gründe: Plastikfans bei erfolgreichen Vereinen und bei EM und WM, radikale Kommerzialisierung, ohne sich ansatzweise um die Belange und Ansinnen der (zuviel) zahlenden Zuschauer zu scheren, Betrug und Korruption auf ALLEN Ebenen der relevanten Institutionen, die inzwischen groteske Champions League… Ich könnte leider ewig so weiter machen. Das Ergebnis ist, dass ich die Lust am Fußball verloren habe und zum Zyniker geworden bin. Und daran sind nicht mal nur die Münchener Löwen schuld.
Philipp Streckenbach / 21
Früher war ich Fan vom 1. FC Köln, ich war Dauergast bei den Spielen in der zweiten Liga. Vor drei Jahren zog ich nach La Paz in Bolivien, inzwischen lebe ich Buenos Aires. Einige Zeit versuchte ich, via Stream die Spiele meines FC zu sehen, doch mit der geografischen Distanz entfernte ich mich auch immer mehr vom deutschen Profifußball. So professionell, so durchkommerzialisiert, so glatt – so langweilig. In Bolivien und vor allem Argentinien habe ich bei den Spielen das gefunden, was ich im deutschen Fußball so vermisse: eine wilde, unberechenbare Fankultur, Fußballer, die wirklich noch Herzblut für ihre Klubs vergießen und ein Stück weit Anarchie, die der Bundesliga so gut tun würde. Mein Fazit: fußballerisch vermisse ich nichts.