Die Saison der SpVgg Greuther Fürth war lange eine Katastrophe. Branimir Hrgota, Jamie Leweling und Tobias Raschl über schmerzhafte Niederlagen, die Stille in der Kabine und wie man noch die Kurve kriegt.
Die SpVgg Greuther Fürth stand vom vierten Spieltag an auf dem letzten Tabellenplatz. Darf man trotzdem nach dem schönsten Moment der Saison fragen?
Branimir Hrgota: Ja, darf man. Für mich war es der erste Heimsieg, das 1:0 gegen Union Berlin. Er war nämlich nicht nur gut für die Mannschaft, sondern auch für die Fans.
Obwohl man sagen könnte, dass selbst dieser Sieg zu einer völlig verkorksten Saison passte. Fürth war damals im Dezember nämlich der einzige Spielort in der Bundesliga, wo aufgrund der bayerischen Corona-Verordnung noch keine Zuschauer ins Stadion kommen durften.
Jamie Leweling: Trotzdem war er auch für die Fans wichtig. Es hatte in Fürths erster Bundesligasaison vor neun Jahren nämlich überhaupt keinen Heimsieg gegeben, darauf haben alle sehr gewartet.
Warum hat es in dieser Saison so lange damit gedauert?
Hrgota: Ich würde schon sagen, dass uns auch das Pech verfolgt hat. Mit etwas mehr Glück hätten wir einen besseren Start gehabt. Gleich im ersten Heimspiel haben wir Arminia Bielefeld total dominiert, aber den Ball nicht über die Linie bekommen.
Interessieren Sie sich für Expected Goals, den Wert zur Bemessung der Qualität von Torchancen?
Leweling: Klar wissen wir, was das ist.
Können Sie sich noch an die Werte vom Spiel gegen Bielefeld erinnern?
Leweling: Nein, aber ich schätze mal, dass wir 3,2 Expected Goals hatten.
„Wir waren auch unerfahren und haben sicherlich unterschätzt, wie schnell Fehler von den Gegnern in der Bundesliga bestraft werden“
Fast: Es waren 2,91 und Bielefeld hatte 1,02. Da kann man doch aus Fürther Sicht wohl von Pech sprechen, dass es 1:1‑Unentschieden ausging?
Hrgota: Wir hätten beide Spiele gegen Bielefeld gewinnen müssen, haben aber jeweils nur einen Punkt geholt. Aber es wäre zu einfach, unseren Abstieg nur durch Pech zu erklären.
Leweling: Das sehe ich genauso, wir waren auch unerfahren. Ich selber hatte unterschätzt, dass die Qualität bei den Gegnern so hoch ist und jeder Fehler sofort bestraft wird.
Tobias Raschl, Sie sind im Januar von Borussia Dortmunds zweiter Mannschaft nach Fürth gekommen, wie niedergeschlagen haben Sie die Mannschaft damals vorgefunden?
Tobias Raschl: Ich fand die Stimmung eigentlich gar nicht so schlecht. Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck, dass hier alle die Saison schon abgeschrieben hatten. Wenn ich nach der Hinrunde gefragt habe, konnte man schon hören, dass es Scheiße gelaufen war, aber ein großes Thema war das nicht.
Das ist erstaunlich, denn zwischen dem letzten Sieg in der zweiten Bundesliga und dem erwähnten Sieg gegen Union Berlin lagen 203 Tage. Das müsste doch lang genug gewesen sein, um wirklich schlecht draufzukommen?
Hrgota: Da ist ein langer Urlaub aber mit eingerechnet. (Lacht.) Doch es stimmt schon: Wir hätten nie erwartet, so lange warten zu müssen.
Man fährt jeden Tag zum Training, bereitet sich vor, spielt am Wochenende, verliert, fährt wieder jeden Tag zum Training, bereitet sich vor, spielt am Wochenende, verliert wieder. Fürth hat zwölf Mal hintereinander verloren, da fängt man irgendwann an, sich gegenseitig anzuschreien.
Leweling: Wenn hier einer schreit, ist er es (zeigt auf Hrgota), sonst schreit keiner.
Hat er mehr geschrien?
Leweling: Nein, er schreit immer. Aber wenn man das sechste, siebte oder achte Mal hintereinander verliert, lohnt es sich nicht, in der Kabine herumzuschreien. Da war es einfach still und jeder hat für sich versucht, mit der Situation klarzukommen.
Hrgota: Am schlimmsten war es direkt nach den Spielen, das stimmt schon. Wenn man die Leistungen am nächsten oder übernächsten Tag analysiert, kann man zumindest wieder nach vorne schauen, um was besser zu machen.