Nicolai Müller spielte einst in Mainz und wechselte vor knapp zwei Jahren zum HSV. Warum er trotzdem nicht wehmütig zu seinem besser dastehenden Ex-Klub guckt, verrät er im Interview.
Nicolai Müller, vor einigen Wochen sah der HSV schon so gut wie gerettet aus. Nach drei Niederlagen aus den letzten vier Spielen steckt Ihr Verein jetzt wieder mittendrin. Kann Hamburg nicht ohne Abstiegskampf?
Die Situation ist so wie sie ist, aber es ist eine komplett andere als letztes Jahr – dessen sind wir uns bewusst. Wir haben vier Punkte Vorsprung und alles selber in der Hand. Wir haben jetzt ein extrem wichtiges Spiel in Hannover und danach kommt Darmstadt. Diese Spiele wollen wir natürlich gewinnen. Angst oder Verunsicherung innerhalb der Mannschaft spüre ich nicht.
Vergangene Saison haben Sie unter vier verschiedenen Trainern trainiert. Am Ende sind Sie mit Bruno Labbadia drin geblieben. An welchen Schrauben hat er gedreht?
Das war eine absolute Ausnahmesituation, die man im Bezug auf seine Arbeit ausklammern sollte. Er hat uns sechs Spieltage vor Ende übernommen und da ging es in erster Linie um die Stärkung des Mannschaftsgeistes. Er hat uns davon überzeugt, dass wir das schaffen werden, was Gott sei Dank geklappt hat.
Marcell Jansen hat neulich gesagt, er könne die Leute verstehen, die dem HSV den Abstieg wünschten und das der Klassenerhalt 2015 nicht wirklich verdient gewesen sei. Teilen Sie seine Meinung?
Wir haben die letzten Spiele der vergangenen Saison eine enorme Aufholjagd gestartet und haben uns dann noch auf den 16. Platz gekämpft. In Karlsruhe haben wir vielleicht das beste Saison-Spiel bestritten. Das Einzige was uns fehlte, war das Tor. Dass es dann so kurz vor Schluss noch gefallen ist und wir die Klasse halten konnten, war in meinen Augen verdient.
Was womöglich nicht alle Fußball-Fans unterschreiben würden.
Klar gibt es Menschen, die uns nicht das Beste wünschen. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass wir noch nie abgestiegen sind. Aber wieso? Wer es am Ende einer Saison sportlich schafft, hat es verdient. Außerdem ist der Hamburger SV eine Bereicherung für die Bundesliga.
Wie war es denn unmittelbar nach dem entscheidenden Spiel in Karlsruhe?
Ich hab erst mal fünf, sechs Minuten für mich gebraucht, um das Geschehene zu verarbeiten und um den Moment zu genießen. Ein paar Spieler waren schon in den Katakomben verschwunden und ordentlich am feiern. Da bin ich dann ein paar Minuten später auch zugestoßen.
Was passierte, als Sie die Kabinentür aufmachten?
Lewis Holtby und Mathias Ostrzolek kamen mir im Schuhwagen entgegen, hatten Bier in der Hand und es lief laute Musik. In der Kabine war längst alles außer Rand und Band.
Die Mannschaft ist dann mit dem Flugzeug nach Hannover und von dort aus mit dem Bus weiter nach Hamburg. Wie lief der Empfang?
Wir sind aus dem Bus raus und direkt in eine Kneipe. Da habe ich dann auch meine Frau getroffen. Spätestens da konnte ich das Ganze realisieren und wusste, dass wir es gepackt hatten. In der Kneipe haben wir dann mit den Engsten bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.
Hatten Sie denn am nächsten Tag trainingsfrei?
Ja. So ließen sich auch die Kopfschmerzen ganz gut aushalten.