Sein Gelb-Rekord hielt 21 Jahre: Eisenfuß Tomasz Hajto über sein Zweikampfverhalten, die Meisterschaft der Herzen und geschmuggelte Zigaretten.
Erzählen Sie!
Als ich zwölf Jahre alt war, lief ein Spiel der Nationalmannschaft im Fernsehen. Aber erst um 20 Uhr. Ich bettelte meine Mutter an: „Bitte, bitte, lass mich das Spiel gucken.“ Aber meine Mutter blieb streng und schickte mich ins Bett. Da wurde ich wütend und sagte: „Du wirst schon sehen: Irgendwann tauche ich selber im Fernsehen auf. Dann trage ich die Kapitänsbinde der Nationalmannschaft!“ Als ich Jahre später dann tatsächlich die Kapitänsbinde trug und meine Mutter mich im Fernsehen sah, während die Hymne gespielt wurde, hatte sie Tränen in den Augen.
Sie wurden mit 18 Jahren Profi bei Hutnik Krakau. Erinnern Sie sich an Ihr erstes Gehalt?
Natürlich – ich habe direkt Millionen verdient! Allerdings leider nur in Polnischen Zloty. (Lacht.) Umgerechnet waren das nur knapp 200 Dollar im Monat.
Wie wurde man damals als Frischling von den gestandenen Spielern behandelt?
Man wurde getestet. Also im wahrsten Sinne des Wortes. In meinem ersten Trainingslager musste ich den Führungsspielern Fragen beantworten, wie in einer mündlichen Prüfung. Damals versammelte sich die ganze Mannschaft in einem Raum, in der Mitte ein Tisch, an dem vier, fünf alte Hasen saßen. Gefielen denen meine Antworten, sammelte ich Pluspunkte. Gefielen sie ihnen nicht, gab es Minuspunkte. Es ging gleich richtig beschissen los. Neben den Tisch hatten sie ein Trikot des Vereins auf den Boden gelegt. Ich hätte es aufheben sollen, habe es aber einfach ignoriert und mich hingesetzt. Sofort hieß es: „Minus zehn.“ Am Ende stand ich bei ‑46 Punkten.
Was hatte das zu bedeuten?
46 Schläge auf den Arsch. Mit einer Badelatsche, die vor jedem Schlag nass gemacht wurde. Irgendwann konnte ich nicht mehr stehen, mir liefen die Tränen von ganz alleine aus den Augen. Mein Hintern war so rot, man hätte einen Roman darauf schreiben können. Aber irgendwie habe ich es überstanden. Genau wie die Konflikte im Training.
Welche Konflikte?
Einmal, nach einem härteren Zweikampf, beleidigte mich einer der älteren Spieler. Ich sagte ihm, er solle lieber seine Klappe halten. Er wurde sauer: „Klappe halten? Du kriegst gleich eins auf die Klappe.“ Dann hat er versucht, mich zu schlagen, mich aber nicht erwischt. Stattdessen habe ich ihm ein richtiges Brett verpasst. Danach wussten alle: Der Tomasz lässt sich nicht herumschubsen.
Im Gegenteil: Noch heute halten Sie mit 16 Gelben Karten in einer Saison den Bundesligarekord. Waren Sie ein unfairer Spieler?
Quatsch, ich habe nie jemanden vorsätzlich verletzt. Ich habe einfach nur aggressiv und hart verteidigt. Aber so mussten wir, speziell beim MSV Duisburg, auch spielen. Sonst hätten wir in der Bundesliga gegen Raketen wie Giovane Elber nicht bestehen können.