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Heute Abend wird im West­fa­len­sta­dion Geschichte geschrieben. Denn wenn der FC Bar­ce­lona gegen den BVB antritt, dann spielen die beiden Klubs, die doch schon so lange auf der euro­päi­schen Bühne tanzen, im Grunde zum ersten Mal richtig Fuß­ball gegen­ein­ander.

Nun mag man­cher hier ein­wenden, dass Dort­mund und Bar­ce­lona doch schon im Früh­jahr 1998 zwei Spiele bestritten, bei denen es sogar um eine Tro­phäe ging, näm­lich um den Euro­päi­schen Supercup. Doch wer das sagt, war nicht dabei. Die Duelle um den damals noch in zwei Par­tien aus­ge­spielten Pokal waren aus deut­scher Sicht nicht viel mehr als eine Farce, und das Rück­spiel in Dort­mund geriet trotz eines ordent­li­chen Resul­tats sogar zur schwarzen Nacht für die Borussia.

Zur Vor­ge­schichte muss man ers­tens wissen, dass es damals ständig Ter­min­pro­bleme gab, wenn der Sieger der Cham­pions League gegen den Gewinner des Pokals der Pokal­sieger antreten sollte. In der Regel fanden die Spiele im Januar oder Februar statt, manchmal fielen sie sogar in den März und störten die Vor­be­rei­tung auf die heiße Phase der Meis­ter­schaft oder der regu­lären Euro­pa­po­kale. Des­wegen hatte man sich schon auf einen neuen Modus geei­nigt: In der Zukunft würde der UEFA Super Cup nur in einer ein­zigen Partie ent­scheiden, die auf neu­tralem Boden und vor dem Start der neuen Saison statt­finden sollte.

Eine bizarre Regel

So waren Dort­mund und Bar­ce­lona die letzten Teams, die zweimal spielen mussten. Und vor allem der Borussia passte das gar nicht in den Kram, denn der Klub hatte im Früh­jahr 1998 ganz andere Pro­bleme. Spiel­ma­cher Andreas Möller wurde mit dem neuen Trainer Nevio Scala nicht warm, Ex-Trainer Ottmar Hitz­feld war gerade zum Sport­di­rektor auf­ge­stiegen, da kün­digte er in der Win­ter­pause seinen Abschied an, und Tor­wart Stefan Klos wollte weg, durfte aber nicht. Dazu kamen eine gera­dezu absurde Ver­letz­ten­serie, schlechte Leis­tungen in der Bun­des­liga – und eine bizarre Regel.

Per­sön­liche Strafen im Supercup, so wollte es die UEFA, konnten Aus­wir­kungen auf die Cham­pions League haben, weil Gelbe Karten von einem Wett­be­werb in den anderen mit­ge­nommen wurden. Und so trat der BVB im Grunde mit einer B‑Elf zum Hin­spiel in Bar­ce­lona am 8. Januar an. Neben den ver­letzten Mat­thias Sammer, Jürgen Kohler, Julio Cesar, Paulo Sousa und Heiko Herr­lich fehlte auch Stefan Reuter wegen einer Gelb­sperre. Um eine wei­tere zu ver­meiden, setzte Scala seinen Regis­seur Möller ebenso auf die Bank wie Tor­jäger Ste­phane Cha­puisat. Statt­dessen durfte der bis­lang Dau­er­ver­letzte René Schneider ran, wäh­rend Man­fred Binz Libero spielte.

Auf der Gegen­seite standen Leute wie Rivaldo, Luis Figo, Michael Rei­ziger oder Luis Enrique. Es kam, wie es kommen musste: Klos war Dort­munds bester Spieler, und obwohl die Rumpfelf eine ordent­liche Leis­tung ablie­ferte, gewann Bar­ce­lona mit 2:0. Dann mussten die Teams mehr als zwei Monate warten, weil im Ter­min­ka­lender ein­fach kein Platz fürs Rück­spiel war. Erst am 11. März stellte sich Barça in Dort­mund vor – wenige Tage nach einer pein­li­chen 2:4‑Niederlage des BVB bei 1860 Mün­chen und eine Woche vor dem dra­ma­tisch wich­tigen Vier­tel­fi­nale in der Cham­pions League gegen den FC Bayern. 

Nur 32.500 Fans wollten unter diesen Umständen den großen FC Bar­ce­lona sehen. (Damals passten wegen der Umbau­maß­nahmen bei euro­päi­schen Spielen 48.500 Zuschauer ins West­fa­len­sta­dion.) Die ohnehin ver­hal­tene Stim­mung sank schon nach sieben Minuten auf den Gefrier­punkt, als der Bra­si­lianer Gio­vanni zum 0:1 traf. Nun geriet die Partie zu so etwas wie einer Abrech­nung des Publi­kums mit den hoch bezahlten Stars in Schwarz-Gelb.

Häme und Spott 

Der Kicker“ sprach am nächsten Tag von ätzender Häme und bei­ßendem Spott“ und meinte damit wohl Gesänge wie Wir haben bezahlt, wir können jetzt gehen“ oder ein sar­kas­ti­sches Oh, wie ist das schön“ beim Halb­zeit­pfiff, das man aber wegen der vielen Pfiffe kaum hören konnte. Nach der Pause schallte ein beson­ders bis­siges Fi-na-le Oh-ho“ durchs Sta­dion, denn Final­stim­mung kam eben nie auf, zu über­legen waren die Kata­lanen, die ihren Stiefel run­ter­spielten und sich dabei selbst so ein­lullten, dass Jörg Hein­rich auf Flanke von Harry Dech­eiver das 1:1 gelang.

Den Abpfiff quit­tierten die Fans mit einem wei­teren Pfeif­kon­zert. Wäh­rend die Spieler aus Bar­ce­lona den Pokal ent­ge­gen­nahmen, sagte Steffen Freund vor den Kameras des ZDF zu den bos­haften Gesängen der Zuschauer: Wir haben viele schlechte Spiele abge­lie­fert, des­wegen müssen wir alles respek­tieren, was auf den Rängen pas­siert. Wir sind schuld an diesen Sprech­chören.“ 

Wer an diesem depri­mie­renden Abend auf der Süd­tri­büne stand, der konnte sich nicht vor­stellen, dass der BVB nur sieben Tage später einen legen­dären Sieg über die Bayern feiern würde. Aber auch nicht, dass es mehr als 21 Jahre dauern sollte, bis die Borussia eine Chance zur Revanche gegen Bar­ce­lona bekommt – und die Fans die Gele­gen­heit, dem Ganzen einen wür­di­geren Rahmen zu ver­leihen als sie es damals taten.