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Seite 2: „Wir machen dich alle!“

Wie waren die Reak­tionen?
Über­wäl­ti­gend. Die Leser spra­chen mir Mut zu. Sie bedankten sich – offen oder anonym. Die ganze Sache hatte etwas von einem Outing, denn viele Fans schienen regel­recht erleich­tert. Sie hatten bis dahin wohl gedacht, sie stünden alleine da inmitten einer Armee von Ras­sisten. Eine 85-jäh­rige Frau schickte mir ein Bild, auf dem sie mit einem Papp­schild zu sehen war. Darauf stand der Satz CSKA Fans Against Racism“. Es wurde der Slogan unserer Initia­tive.

Die Neo­nazis schrieben Ihnen nicht?
Natür­lich erhielt ich auch Dro­hungen. Wir ver­brennen dich!“, Wir machen dich alle!“, so was halt. Ich konnte nicht erwarten, dass eine Gruppe, die 20 Jahre die Kurve domi­niert hatte, ein­fach aus dem Sta­dion ver­schwindet. Ein Bekannter aus dem Sicher­heits­dienst riet mir daher, keine Dau­er­karte zu kaufen, damit meine per­sön­li­chen Daten nicht in Umlauf kommen. Aber ich will dar­über gar nicht so viel spre­chen. Ich mache hier keine Hel­den­ar­beit. Ich mache das, was richtig ist.

Wie sieht Ihre Arbeit mit CSKA Fans Against Racism“ aus?
Am Anfang habe ich mich gefragt, wie sich der Ras­sismus bei uns über­haupt zeigt. Dabei ist mir auf­ge­fallen, dass viele Men­schen, nicht mal wissen, wo Ras­sismus anfängt.

Anfang des Jahres bezeich­nete Spartak Moskau eigene schwarze Spieler als Scho­ko­lade“.
Andere Fans wie­derum haben keine Ahnung, welche Sym­bole sie prä­sen­tieren. Ein Bei­spiel: Das Kel­ten­kreuz, das in der rechts­extremen Szene weit ver­breitet ist, sieht man auch in rus­si­schen Fuß­ball­sta­dien. Ich unter­hielt mich mit einigen Fans über die Bedeu­tung. Einige dachten tat­säch­lich, es sei ein gewöhn­li­ches Faden­kreuz. Ähn­lich ist es mit dem SS-Toten­kopf, den viele nur als See­räuber-Wappen sehen. Ich will diese Fans nicht ver­harm­losen, aber mir wurde klar: Es gibt viel Unwis­sen­heit – und eine Menge Auf­klä­rungs­be­darf.

Wie gehen Sie vor?
Wir sind etwa zwölf Leute, aber unser Netz­werk wächst. Am Anfang waren die sozialen Medien immens wichtig. Wir haben unsere Bot­schaft über Twitter, VK und Face­book ver­breitet. Bald konnten wir auch Spieler für Video-State­ments gewinnen. Wenn etwa eine Ver­eins­le­gende wie Igor Akin­feev (über 400 Spiele für ZSKA, d. Red.) sagt, dass Ras­sismus falsch ist, kommt das bei den Jugend­li­chen an. Heute ist es mir beson­ders wichtig, die Bot­schaft aus der Online-Welt in die reale Welt zu tragen. Mit unseren Leuten haben wir eine Art Moni­to­ring-System auf­ge­baut. Wir melden dem Verein rechts­extreme Vor­fälle und stehen mit Ver­eins­mit­ar­bei­tern in Kon­takt. Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, die Fans zu dämo­ni­sieren.

Warum nicht?
Sie machen große Cho­reos, sie denken sich tolle Schlacht­rufe aus. Aber viele dieser Anhänger sind auch jung und naiv. Sie denken, dass man als Fuß­ballfan in Russ­land ein Neo­nazi sein muss. Wir wollen ihnen zeigen: Nein, das musst du nicht! Wir müssen ihnen erklären, dass sie auch mit posi­tiven Ver­hal­tens­weisen große Auf­merk­sam­keit erzeugen können. Wenn ihre Cho­reos etwa beim Video­portal Copa90 gezeigt werden, ist das eine tolle Aner­ken­nung für ihre Arbeit. Da müssen aber alle mit­ma­chen: Verein, Ver­band, Medien und die Fans selbst. Wissen Sie, der Begriff Fan“ ist in Russ­land negativ kon­no­tiert. Fanats, so denken die Men­schen, sind Typen, die alles kaputt machen. Wir müssen dahin kommen, dass der Begriff wieder positiv besetzt ist. Wie in Eng­land oder in Deutsch­land, Fuß­ball kann einem Men­schen so viel Kraft geben. Ich habe das in meiner Jugend selbst erlebt.