Im Sommer kauften die Topklubs Southamptons Kabine leer. Doch der Klub startet trotzdem durch. Wie funktioniert die Talentschmiede des englischen Fußballs? Und was hat eine deutsche Milliardärin damit zu tun?
Southamptons Erfolg fußt auf mehreren Säulen: Sie profitierten von den Visionen eines Italieners, der Planung eines Engländers, dem Geschick von argentinischen und niederländischen Trainern und nicht zuletzt vom Geld einer deutschen Unternehmerfamilie. Medien berichten von 75 Millionen Euro in den letzten fünf Jahren.
Im Jahr 2009 wollte der milliardenschwere Unternehmer Markus Liebherr einen Fußballverein übernehmen. Der Mann, dessen Konzern unter anderem Baufahrzeuge und Werkzeugmaschinen herstellt, beauftragte seinen Vertrauten mit der Suche: den italienischen Banker Nicola Cortese.
Southampton stand zu dieser Zeit kurz vor der Insolvenz, Cortese vermittelte den Deal zu einem niedrigen Kaufpreis, kolportiert wurden 15 Millionen Euro. Liebherr nannte das „ein Schnäppchen“, hielt sich aber ansonsten mit öffentlichen Statements zurück. Er knüpfte seinen Einstieg jedoch an die Bedingung, dass eben sein Intimus Cortese zum Vorsitzenden des Klubs avanciere.
Die Erbin gegen den Vorsitzenden
Cortese prägte die folgenden erfolgreichen Jahre des Klubs maßgeblich. Er bezeichnet sich selbst als „Perfektionisten“ – gemessen an den Erklärungen von Vereinsmitarbeitern ist das sogar maßlos untertrieben. Cortese soll gleichzeitig den Scout, Manager, Vorsitzenden, Hausmeister und Architekten in Personalunion gegeben haben.
So verwirrte er beispielsweise Handwerker während der Errichtung der Trainingshalle mit immer neuen Bauvorhaben und fand im Umgang mit den Mitarbeitern nicht immer den sanftesten Ton. „Die Atmosphäre innerhalb des Klubs soll sehr unterkühlt gewesen sein“, beschreibt es Oli Davis, seit über 20 Jahren Fan der „Saints“. Cortese nahm zudem auf die Sentimentalitäten des Traditionsklubs keine Rücksicht. Davis sagt: „Er hat die Geschichte des Klubs total vernachlässigt. Selbst eine Legende wie Matt Le Tissier wurde zu einer persona non grata.“
Das Projekt überlebt trotz der Abgänge
Im Januar 2014 dann, nach zwei Aufstiegen und einem beachtlichen Start in die erste Liga, endete die „One-Man-Show“ von Cortese relativ abrupt. Die Umstände hätten einer Tragödie von Shakespeare zu Ehre gereicht. Nach dem Tod von Patron Markus Liebherr 2010 hatte dessen Tochter Katharina den Verein geerbt und sich zunächst wie ihr Vater aus dem Geschäft zurückgehalten.
Dann aber überwarf sie sich mit Cortese, dem Vertrauten ihres Vaters, über die Ausgabenpolitik des Klubs. Die Dissonanzen wogen so schwer, dass Cortese seinen Rücktritt erklärte. Medien spekulierten über die kaltblütige Machtergreifung der Erbin, Fans befürchteten nach Corteses Weggang den Einbruch des „Systems Southampton“.