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Wenn alles gut geht, dann ist die Ret­tung des 1. FSV Mainz 05 ein altes, ziem­lich her­un­ter­ge­kom­menes Gas-Kraft­werk aus dem 19. Jahr­hun­dert. Seit ein paar Monaten arbeiten Fans dort, bohren, ziehen Mauern hoch und kratzen Putz von den Wänden. 1000 Arbeits­stunden haben sie schon in den Umbau des Gebäudes gesteckt. Sie arbeiten an einem Traum: Anfang 2018 soll dort ein neues Fan­haus stehen. 

Oder wie Daniel Boett­cher vom Mainzer Fan­pro­jekt sagt: ein Symbol für den Auf­bruch.

Denn Mainz 05 hat Pro­bleme. Nicht sport­lich, da läuft es ganz gut. Seit neun Jahren spielt Mainz in der ersten Liga, in der ver­gan­genen Saison sogar euro­pä­isch. Mainz’ Pro­bleme sind anderer Natur: Die Fans bleiben weg.

Exem­pla­risch steht das Heim­spiel im ver­gan­genen Februar gegen den FC Augs­burg. Als Rouven Schröder – Manager bei Mainz 05 – ein paar Tage vor dem Spiel auf die Zahlen der bereits ver­kauften Tickets blickte, ver­zwei­felte er. Er beschloss, einen Appell an die Fans zu richten: Kommen Sie bitte alle ins Sta­dion!“, sagte Schröder. Von der Couch aus die Daumen drü­cken, bringt uns gar nix. Ein Live-Spiel ist doch viel besser!“ 

Minus-Rekord in der Europa-League

Es half nichts: 23.371 Zuschauer sahen das Spiel Mainz gegen Augs­burg am kom­menden Frei­tag­abend, 10.000 Sitz­schalen glotzten blank in die Opel-Arena. Noch schlimmer war es in der Europa League. Gerade einmal 12.000 Mainzer wollten das Spiel gegen den FC Qäbälä aus Aser­bai­dschan sehen.

Dass es nicht läuft zwi­schen Fans und Verein, beob­achten die Ver­ant­wort­li­chen schon länger. Im Schnitt kamen in der ver­gan­genen Saison rund 4000 Zuschauer weniger ins Sta­dion als 2011/2012. Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­guren wie Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und Chris­tian Heidel haben den Verein ver­lassen, die Fans trauern ihnen und dem alten Sta­dion am Bruchweg hin­terher. Die Posse um Ex-Prä­si­dent Harald Strutz, der üppige Gehälter für sein Ehrenamt bezog, passte ins Bild. Auch Strutz ging. Zurück blieben Fans, die vom Glanz des Ver­eins vor allem im Prä­ter­itum spre­chen. Damals.

Auch Daniel Boett­cher und seine Kol­legen vom Mainzer Fan­pro­jekt denken ans Bruchweg-Sta­dion, wenn man sie nach den gol­denen Jahren des Ver­eins fragt. Toll­haus der Liga, Underdog, allen sym­pa­thisch, das waren die Worte, die Fuß­ball­fans in ganz Deutsch­land mit Mainz ver­banden. Dieses Gefühl von damals“, sagt Boett­cher, wollen wir mit dem Fan­haus wie­der­her­stellen.“

Boett­cher ist Sozi­al­ar­beiter. Er fun­giert als Bin­de­glied zwi­schen Fan und Verein, hilft Schü­lern bei Haus­auf­gaben, ver­mit­telt bei Dro­gen­pro­blemen, fährt zu Aus­wärts­spielen und ver­tritt die Inter­essen der Fans vor dem Verein. Gerade orga­ni­sieren er und seine Kol­legen eine Bil­dungs­fahrt nach Ausch­witz und Krakau. 

Seit 15 Jahren träumt Boett­chers Kol­lege Thomas Beck­mann von einem Fan­haus – mit Arbeits­plätzen für Schüler, Grup­pen­räumen für die Fan­clubs, even­tuell einem 05-Museum, einem Jugend­treff – aber vor allem einem Fan­café. Men­schen jeden Alters sollen sich dort treffen können“, sagt Boett­cher, und end­lich wieder mehr mit­ein­ander reden.“

Und auch Offi­zi­elle vom FSV sollen regel­mäßig ins Fan­haus kommen, um sich mit Fans zu unter­halten und deren Sicht der Dinge zu hören. Gerade heute, wo Fans sich über die Kom­mer­zia­li­sie­rung beklagen, ist so ein Aus­tausch wichtig“, sagt Boett­cher. So können wir hof­fent­lich die lau­fende Ent­frem­dung zwi­schen Fans und Verein stoppen.“

Mainz strebt nach einem Welt­re­kord

Im März unter­schrieb das Fan­pro­jekt den Miet­ver­trag mit den Mainzer Stadt­werken für das alte Kraft­werk, er läuft zehn Jahre, mit der Option auf fünf wei­tere. Die Kosten von rund 400.000 Euro deckt zu einem großen Teil der För­der­verein, das Fan­pro­jekt will aber mit­tels eines Crowd­fun­dings 100.000 Euro selbst bei­steuern.

Rund 16.000 Euro hatten Fans am Mit­towch­mittag bereits gespendet – sie erhalten dafür Tri­kots, Sitz­schalen aus dem alten Bruchweg-Sta­dion, ein Mainz-05-Bier oder eine Ver­ewi­gung im neuen Fan­haus (bei ent­spre­chend hohem Spen­de­be­trag).

Dafür nutzen die Orga­ni­sa­toren die Platt­form Crowd­FAN­ding, die auf Fan­pro­jekte im Fuß­ball spe­zia­li­siert ist. Im letzten Jahr sam­melten Fans von Carl-Zeiss Jena auf der Platt­form 150.000 Euro für den Erhalt der alten Süd­kurve im Ernst-Abbe-Sta­dion.

Ihre Platt­form stellen die Jenaer nun den Main­zern zur Ver­fü­gung, die damit einen Welt­re­kord bre­chen wollen: Der FC Ports­mouth sam­melte einst Geld von 2495 Unter­stüt­zern, Mainz will mehr schaffen – bisher haben aber erst 259 Unter­stützer gespendet, das Pro­jekt läuft noch 24 Tage. Betreut wird die Akion auch vom Fraun­hofer-Institut, die sich davon wis­sen­schaft­liche Erkennt­nise zum Crowd­fun­ding im Sport erhoffen.

Zusätz­lich zum Crowd­fun­ding bietet das Fan­pro­jekt soge­nannte Busi­ness-Wetten an. Ein Sponsor wettet zum Bei­spiel, dass zum Aus­wärts­spiel am zweiten Spieltag in Stutt­gart mehr als 2500 Mainzer fahren. Klappt das, zahlt er für jeden mit­ge­reisten Fan einen Euro ins Pro­jekt ein. 

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Wer den Main­zern helfen will, ihr Fan­haus zu bauen, kann hier Geld spenden: