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Seite 3: „Assauer und ich waren ein großartiges Team“

Schmerzt es Sie, dass Rudi Assauer seinen Traum von der Schalke-Meis­ter­schaft – sollte es je dazu kommen – nicht mehr wahr­nehmen kann?
Oh ja. Assi war es, der den Mut hatte, 1996 den bekloppten Nie­der­länder von dem kleinen Verein Kerk­rade in die Bun­des­liga zu holen. Durch ihn bin ich in Deutsch­land bekannt geworden. Es tut sehr weh, zu erleben, dass er sich wohl nicht mehr an alles erin­nern kann.

Sehen Sie ihn regel­mäßig?
Ich habe weiter Kon­takt zu ihm. Gerade erst hat er beim Abschieds­spiel von Gerald Asa­moah neben mir auf der Bank gesessen.

Erkennt er Sie?
Ich weiß es nicht. Wenn ich ihn begrüße, meine ich ein Zwin­kern in seinen Augen zu erkennen. Er sagt in meiner Gegen­wart auch öfter Dinge, die darauf hin­deuten, dass da was ist.

Was zum Bei­spiel?
Nicht zu spät kommen, sonst ist der Trainer böse“ oder so was. Ich denke oft daran, wie es früher mit ihm war.

Sie beide waren ein gutes Team.
Das stimmt, wenn wir zu Spiel­be­ob­ach­tungen fuhren, saß er oft auf dem Hinweg am Steuer und ich auf der Rück­fahrt. Dann schmiss er den Schla­ger­sender WDR 4 an und wir haben gequatscht und gelacht.

Wie ver­trägt sich Ihr Job in Hof­fen­heim mit Ihrer Tätig­keit im Beirat von Schalke 04?
Wir haben ver­ein­bart, dass diese Tätig­keit ruht, wenn ich für andere Klubs arbeite. Mal sehen, wie es wei­ter­geht, wenn ich hier wieder auf­höre.

Gefällt Ihnen die Tätig­keit als Funk­tionär?
Das hat Spaß gemacht, aber wenn ich oben in der Geschäfts­stelle sitze und die Mann­schaft betrachte, denke ich wie ein Trainer, nicht wie ein Funk­tionär. So gesehen war die Arbeit im Schalke-Beirat ein Grund, dass sich das erwähnte Krib­beln viel schneller wieder bei mir ein­stellte als gedacht.

Wie sehr ver­flu­chen Sie eigent­lich den Moment, in dem Sie sagten: Die Null muss stehen“?
Gar nicht. Solche Sätze machen einen Trainer doch bekannt.

Aber inzwi­schen scheint es, als wären Sie bei fast allen Klubs im Gespräch, die ihre Pro­bleme mit der Tor­dif­fe­renz nicht in den Griff bekommen.
In bestimmten Momenten nervt es ein wenig, klar. Aber so ist nun mal das Geschäft. Soll ich damit noch Zeit ver­schwenden? Ist doch unwichtig.

Sie waren ein bein­harter Ver­tei­diger, sind für Medien der Knurrer“, der Urheber von Die Null muss stehen“ und jetzt auch Mr. Klas­sen­er­halt“. Klingt eher nach den Cha­rak­ter­ei­gen­schaften eines Preußen als nach einem Nie­der­länder.
Das stimmt, da ist schon viel Deut­sches in mir. Aber was soll ich machen? Ich bin 500 Meter von der Grenze auf­ge­wachsen. Ich habe Deutsch nicht in der Schule gelernt, son­dern auf der Straße.

Das ver­lo­rene WM-Finale 1974 erlebten viele Nie­der­länder als Trauma. Wie ging Ihnen das?
Natür­lich war ich ent­täuscht, dass wir nicht Welt­meister wurden. Ich bin sehr stolz, Nie­der­länder zu sein. Auch wenn ich in vielen Dingen wie ein Deut­scher ticke.

Gibt es eine Sache, von der Sie sagen würden: Darin bin ich richtig gut?
Ich ver­suche immer, ehr­lich zu sein.

Worin besteht da die Kunst?
Ehr­lich­keit bedeutet auch, hart zu sein. Es ist nicht leicht, einem Profi, der die ganze Woche knall­hart gear­beitet hat, mit­zu­teilen, dass er nicht spielt. Aber einem Jugend­li­chen zu sagen, dass sein Talent nicht aus­reicht, um Profi werden, das ist furchtbar. Denn für so einen Jungen zer­platzt in dem Moment ein Lebens­traum. Umso mehr freue ich mich, wenn Leute kommen und sich bedanken, dass ich ihnen ehr­lich meine Mei­nung gesagt habe.

Kommt das vor?
Vor einiger Zeit sprach mich ein ehe­ma­liger Jugend­spieler vom PSV Eind­hoven an: Danke für Ihre Ehr­lich­keit, wegen Ihnen bin ich kein Fuß­baller geworden und habe heute einen tollen Job und eine glück­liche Familie.“ Das hat mich sehr gerührt.

Huub Ste­vens, wel­chen Deal haben Sie mit Ihrer Frau: Wann machen Sie als Trainer Schluss?
Die Zeit der Deals ist vorbei.

Es gab also schon eine Abma­chung?
Ja, wir haben irgend­wann gesagt: Jetzt ist Schluss!“ Aber daran habe ich mich nicht gehalten.

Wann war das?
Habe ich ver­gessen. (Lacht.)

Schon länger her?
Nee, noch nicht so lange.

Ver­voll­stän­digen Sie fol­genden Satz: Wenn ich erst als Trainer auf­ge­hört habe, werdet ihr alle merken…
…dass ich nicht mehr da bin!

Am letzten Spieltag der Saison 2015/16 spielt die TSG 1899 Hof­fen­heim gegen den FC Schalke 04. Der VfB Stutt­gart muss in Wolfs­burg antreten. Fol­gendes Sze­nario: Für Schalke geht es um die Cham­pions-League-Teil­nahme, für den VfB und Hof­fen­heim gegen den Abstieg. Wie soll es aus­gehen?
Ich will gewinnen – immer. Die Folgen für die anderen haben mich nicht zu inter­es­sieren. Natür­lich habe ich gesagt: Einmal Schalke, immer Schalke.“ Der Klub wird auch immer etwas Beson­deres für mich sein. Aber jetzt bin ich in Hof­fen­heim, um hier mit den Jungs etwas zu errei­chen.