Nach dem skandalösen Ende des zweiten Relegationsspiels müssen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC noch einmal ran. Plädoyer für ein Wiederholungsspiel.
Eigentlich sollte die Saison zu Ende sein. Der Meister gekürt, die Absteiger beweint, die Aufsteiger gefeiert. Nun jedoch darf noch nicht Schluss sein. Wer nüchtern auf die Ereignisse gestern abend in Düsseldorf blickt, muss ein Wiederholungsspiel befürworten.
Natürlich ist der Rasen in Stücke gerissen. Natürlich hat schon die ganze Stadt die Rückkehr in die erste Liga gefeiert. Und natürlich fahren die meisten Spieler in den nächsten Tagen in den Sommerurlaub. Wenn aber Fußballbund und Ligaverband ihre Regularien und ihre bisherige Rechtssprechung auch nur halbwegs ernst nehmen, muss das zweite Relegationsspiel wiederholt werden.
Denn Fakt ist: Hertha BSC ist in den Minuten nach dem Ausgleichstor durch Raffael durch den Platzsturm der Fortuna-Fans, durch die Beschädigung des Rasens und durch die angsteinflößende Atmosphäre der letzten Minuten nach dem Wiederanpfiff durch Schiedsrichter Stark um die reelle Chance gebracht worden, das entscheidende dritte Tor für den Nichtabstieg zu erzielen.
Jeder, der im Stadion war, aber auch jeder, der vorm Fernseher saß, hat gesehen, dass die letzten Sekunden in Erwartung eines erneuten Platzsturms nur noch die Karikatur eines Fußballspiels waren. Dass Schiedsrichter Stark die Partie nicht abgebrochen, sondern wieder angepfiffen hat, ist allein unter Sicherheitsaspekten eine vernünftige Entscheidung gewesen. Ein Abbruch hätte das Stadion vermutlich in Gewalt versinken lassen.
Nun könnte man argumentieren, dass ohnehin nur noch wenige Minuten zu spielen waren. Dass Hertha BSC mit nur zehn Mann vermutlich kein drittes Tor geschossen hätte. Und dass es die Berliner Fans waren, die durch Bengalowürfe erst die exorbitante Nachspielzeit verursacht hatten. Und dennoch ist die Hertha durch die Kopflosigkeit einiger Fortuna-Anhänger sportlich massiv benachteiligt worden.
Wenn man sich zudem anschaut, wegen welcher Vorfälle in der Vergangenheit Spiele abgebrochen worden sind, kann durch die Sportgerichtsbarkeit nur ein Urteil gefällt werden: Wiederholungsspiel, notfalls auf neutralem Platz. Man nehme nur den Abbruch des Spiels FC St.Pauli gegen Schalke 04 im letzten Jahr durch den Wurf eines Bierbechers, der den Linienrichter traf. Die Entscheidung von Schiri Aytekin („Wir hatten keine andere Wahl“) die Partie nicht fortzuführen, wurde damals von den Verbänden ausdrücklich für richtig befunden. Will die Gerichtsbarkeit hier nicht unterschiedliche Maßstäbe anlegen, muss sie das Ergebnis der Relegationspartie für nichtig erklären.
Natürlich kann ein solches drittes Spiel, mit all seinen unschönen Begleiterscheinungen nicht die einzige Konsequenz aus den Ereignissen des gestrigen Abends sein. Auch die Relegationsspiele als künstliche Verlängerung der Saison stehen auf dem Prüfstand. Man könnte nach den Ausschreitungen der letzten Tage auf die Idee kommen, dass ihre Wiedereinführung ganz grundsätzlich eine schlechte Idee waren. Denn diese Partien, in denen maximaler Triumph und maximale Trauer so eng beieinander liegen, sind ganz zwangsläufig auch Spiele mit maximalem Risiko, dass es anschließend zu Ausschreitungen kommt. Ein höchst unschöner Abschluss einer Bundesliga-Spielzeit.
Wenn man nun an den Relegationsspielen festhält, gehören zumindest die Sicherheitskonzepte für solche Spiele dringend überprüft. In Karlsruhe waren am Montag viel zu wenig Polizisten im Stadion, beim Spiel in Düsseldorf hätten die Zuschauer nie und nimmer in diesen Massen in die Nähe der Außenlinie kommen dürfen. Zumal sich herausgestellt hat, dass Fans angesichts des feststehenden Abstieges zu einer Art Bilanzsuizid neigen. Sei es die schwarze Rauchwand vor der Kölner Südtribüne, die Prügelorgie von Karlsruhe oder die unzähligen Bengalos, die gestern aus dem Hertha-Block aufs Spielfeld flogen.
Und noch etwas ist gestern klar geworden: Die Vorstellung des DFB per hochamtlichem Verbot die Diskussion um Pyrotechnik zu beenden, ist in den letzten Tagen ad absurdum geführt worden. Beim Pokalendspiel im Olympiastadion brannten im Dortmunder Block rund 30 Bengalfackeln gleichzeitig. Gestern wiederum setzten die Hertha-Anhänger mit den geworfenen Brennstäben noch einen drauf.
Aber das muss später diskutiert werden. Nach dem Wiederholungsspiel.