Unser Autor hält seit seiner Jugend zum Hamburger SV. Aus Liebe wurde irgendwann Hoffnung – es folgte Lethargie. Heute wünscht er sich den Abstieg herbei. Wie konnte es nur soweit kommen?
»> Dieser Text erschien erstmals am 27. Januar 2018. Wir haben ihn aktualisiert.
Im Januar hatten sie wieder mal den Trainer entlassen. Bernd Hollerbach sollte nun den HSV retten. Ein Schleifer, ein Zügelanzieher, eine Art moderner Felix Magath. Als Spieler trug er den Spitznamen Holleraxt und sein Motto lautete: „An mir kommt entweder der Gegner vorbei oder der Ball, aber niemals beide.“
Geholt hatte ihn Sportdirektor Jens Todt. Ein Mann, der auch nach Niederlagen gerne sagte, dass er „im Großen und Ganzen“ mit der Leistung der Mannschaft zufrieden sei. Nach der Heimpleite gegen den Tabellenletzten aus Köln konstatierte er: „Wir hatten ein Eckenübergewicht.“ Über ihm, auf der Tribüne, saß der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen. Der fand, im Großen und Ganzen, dass zu viel über den HSV gespottet wird. „Wir sind kein Chaosklub“, verkündete er vor der Winterpause, und die Hamburger Morgenpost analysierte: „Seine Ruhe tut dem Verein gut.“
Meine Freunde, die nichts mit dem HSV und dieser Reality-Soap zu tun haben, fragen mich seit Jahren: „Wann steigt ihr endlich ab?“ Früher habe ich gelächelt und irgendetwas von „Dino“ oder „Für immer erste Liga“ gefaselt. Heute, im Januar 2018, antworte ich: „Hoffentlich diese Saison!“
Wie konnte es nur soweit kommen?
Vermutlich bin ich gar kein Fan mehr. Eher ein Katastrophentourist. Ein Voyeur, der sich am Elend ergötzt. Ein Passagier in der Achterbahn des Grauens. Ich besuche im Internet immer noch die Sportseiten der Hamburger Tagespresse. Ich bin in diversen HSV-Whats app-Gruppen aktiv und lese die Mitgliederzeitung „Supporters News“. Am Wochenende schaue ich mir das Bundesligaspiel des HSV auf Sky an.
Manchmal fahre ich nach Hamburg, sitze dann im Volksparkstadion und staune. Über mich, der 60 Euro für ein Sitzplatzticket unterm Dach ausgegeben hat. Und über das, was auf dem Rasen geschieht. „Mit Fußball hat das nicht viel zu tun“, sagte einer der vielen Ex-Trainer des Vereins mal. Irgendwann 2017 oder 2015 oder 2014 war das, man verliert ja ein wenig den Überblick. Jedenfalls ging’s auch damals gegen den Abstieg, natürlich. Es waren, im Rückblick, weise Worte. Es war eine klare Ansage. Es war die Wahrheit.