1979 gewann Nottingham Forest mit einer Mannschaft, die es heute im Profifußball so nicht mehr geben würde, den Europapokal der Landesmeister in München. Das Finale gegen Malmö FF war deshalb so besonders, weil die Protagonisten es auf den ersten Blick nicht waren.
Die Dünkel galten seinerzeit gleichermaßen dem neuen Titelträger als auch der Stadt, aus der er kam. Nottingham hatte damals etwa 270 000 Einwohner und war somit kleiner als Madrid, Lissabon, Mailand, Glasgow, Manchester, Rotterdam, Amsterdam, München und Liverpool. Es war weder Hauptstadt noch wie Mailand Modezentrum und konnte, anders als Rotterdam und Liverpool, auf keinen Hafen von Weltrang oder ein Kulturphänomen wie die Beatles verweisen. Glasgow galt als die schottische Metropole schlechthin und in Manchester war immerhin der Kapitalismus erfunden worden. Amsterdam war, darin zeitweise London fast ebenbürtig, ein Zentrum alternativer Jugendkultur und München hatte sich erstaunlich schnell von der „Hauptstadt der Bewegung“ zur „heimlichen Hauptstadt“ der alten BRD gemausert.
Nottingham aber, daran konnte auch Robin Hood nichts ändern, war verschlafene Provinz und eine einstmals blühende Industriestadt im rasanten Niedergang. Aber natürlich ist es kein Naturgesetz, dass die Gewinner des Meistercups nur aus den Kapitalen des Kontinents kommen dürfen, aus den wirklichen und selbsternannten Weltstädten und aus dem illustren Kreis der Sehnsuchtsorte und beliebten Reiseziele. Die politisch und kulturell bedeutendsten Städte Europas der letzten Jahrhunderte sind zweifellos London, Paris, Wien, Rom, Berlin und Moskau. Und von denen hat bisher nur die erstgenannte einen Sieger im EC I bzw. der CL gestellt und das auch nur, weil der FC Bayern es 2012 fertiggebrachte, das „Finale Dahoam“ zu verlieren.
Ende der Dominanz
Die 70er Jahre hatten eindrucksvoll bewiesen, dass die einstige Dominanz Südeuropas Geschichte war. In dieser Dekade hatten italienische, spanische und portugiesische Clubs im Meisterwettbewerb lediglich drei Endspielteilnahmen zu verzeichnen gehabt, die alle mit Niederlagen endeten. Das Jahrzehnt gehörte zunächst den Holländern (einmal Feyenoord, dreimal Ajax), dann dem FC Bayern (drei Titel) und schließlich dem FC Liverpool, der 1977 und 1978 triumphierte. Aus englischer Perspektive war daher die Tatsache, dass der Titel – Hattrick der Reds schon in der ersten Runde ausgerechnet von einem anderen englischen Team vereitelt wurde (was man an der Anfield Road Nottingham Forest und Manager Brian Clough niemals verzeihen sollte) mindestens genauso bedeutungsvoll wie der Überraschungssieg des Newcomers aus der hügeligen Stadt am Nordufer des River Trent. Da Forest 1980 diesen Coup (gegen den HSV) sogar wiederholen konnte (um im Folgejahr in der ersten Runde auszuscheiden und von da an bis auf den heutigen Tag von der internationalen Bildfläche zu verschwinden) und 1981 vom FC Liverpool sowie – auch das mutet heute wunderlich an – 1982 von Aston Villa abgelöst wurde, konnten sich zwischen 1977 und 1982 sechsmal in Folge englische Clubs die Krone des europäischen Vereinsfußballs aufsetzen.
Am 12. Februar 1977 verlor Nottingham Forest in der zweiten Division, in der man seit dem Abstieg 1972 herumdümpelte, zu Hause gegen Luton Town mit 1:2. Ausgerechnet gegen jenen Gegner, gegen den man 1959 im FA Cup – Finale den bis dato einzigen großen Titel im 20. Jahrhundert gewonnen hatte. Es war jenes Finale, in dem der spätere Sieger rund eine Stunde mit zehn Mann spielen musste, weil Roy Dwight, der das Führungstor erzielt hatte und zudem der Onkel von Elton John war, mit gebrochenem Schienbein vom Platz getragen worden war.