Heute treffen Atletico Madrid und Olympique Marseille im Finale der Europa League aufeinander. Hoffen wir, dass es so spektakulär zugeht wie in diesen fünf Endspielen.
1987/88 Leverkusen – Espanyol 0:3 / 3:0 / 3:2 n. EM
Dass Erich Ribbeck Humor hat, blieb vielen lange Zeit verborgen. Doch als er am Abend des 4. Mai 1988 auf dem Rückflug aus Barcelona sagte: „Es ist noch nichts verloren. Wir haben noch ein Rückspiel, in dem wir das Ergebnis drehen können“, konnten selbst die hartgesottenen Grummler aus der Vereinsspitze nicht mehr an sich halten. Schallendes Gelächter hallte durch den Flieger mit dem Ziel Leverkusen. Nur die Spieler wischten sich noch immer die Tränen der Trauer von den Wangen. Immerhin hatte die Bayer-Elf soeben das Hinspiel des UEFA-Cup-Finals mit 0:3 gegen Espanyol Barcelona verloren. Doch Ribbeck scherzte nicht, denn im Rückspiel ackerte seine Mannschaft über das Feld, als gäbe es kein Morgen. 3:0 hieß es nach dem Ende der regulären Spielzeit. Das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen. Pichi Alonso trifft für Espanyol, Ralf Falkenmeyer zeigt Nerven. Als auch Job für Espanyol einschiebt. sehen die Spanier wie der sichere Sieger aus. Doch Rüdiger Vollborn hält Bayer im Rennen und als Klaus Täuber zum 3:2 Siegtreffer verwandelt, brechen alle Dämme. Leverkusen erreicht den größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Siegtorschütze Täuber offenbart unmittelbar nach dem Abpfiff seine weitere Abendplanung: „Heute sauf ich, bis mir das Bier zu den Ohren rauskommt.“
2002/03 FC Porto – Celtic Glasgow 3:2 n. V.
Die Nacht von Sevilla wurde zur Geburtstunde des Special One: José Mourinho. Der Portugiese führte eine Mannschaft beinahe vollkommen Namenloser in das Finale, wo die Celtics aus Glasgow warteten. In deren Reihen stand der Überstürmer Henrik Larsson, der in diesem Finale seinem Ruf gerecht werden sollte. In der ersten Halbzeit noch ausgeglichen, platzten in Hälfte zwei auf beiden Seiten die Knoten. Tore fielen fast im Minutentakt. Porto ging durch Derlei in Führung, Celtic legte mit einem Larsson-Kopfball nach. Porto legte mit Alenitschew wieder vor, ehe Larsson wieder zum Ausgleich köpfte. Es ging in die Verlängerung in der beide Mannschaften erstmal wieder den Duckmäuser spielten. Erst der Platzverweis von Celtics Baldé brachte wieder etwas Schwung in die nervöse Extrazeit. Fünf Minuten vor Schluss erzielte Derlei dann Portos goldenes Tor. In Sevillas Innenstadt feierten 75.000 mitgereiste Celtic-Anhänger die Party ihres Lebens. Trotz der Niederlage. Und Mourinho? Der hatte Blut geleckt und holte im Folgejahr gleich auch noch die Champions League nach Porto.
2000/01 Liverpool – Alaves 5:4 n. GG
Dortmund erlebte am 16. Mai 2001 ein Spiel, wie es so schnell nicht mehr im Ruhrgebiet zu sehen sein sollte. Die Expertenvoraussagen, nach denen die Zuschauer eine öde Abwehrschlacht des FC Liverpool und Deportivo Alaves zu erwarten haben, wurden von Markus Babbel frühzeitig pulverisiert. Bereits nach vier Minuten netzte der Verteidiger per Kopf ein. In der Folge fielen beide Mannschaften übereinander her wie eine Horde ADS-Kinder nach einem Energy Drink. Defensive? Kein Bedarf! Spätestens als Jordi Cruyff Sekunden vor dem Ende zum 4:4 ausglich, war auch die letzte schwarz-gelbe Borussen-Seele zu einer der beiden Kontrahenten konvertiert. Tragischer Held des Abends: Alaves’ Delfi Geli, der in der 117. Minute zum traurigsten Golden Goal aller Zeiten traf. Sein Kopfball landetet im eigenen Gehäuse, Babbel, Gerard, Owen und Co. schlichen anschließend schüchtern zur Siegerehrung. Sie wussten: Dieses Spiel hätte eigentlich keinen Sieger verdient gehabt.
1996/97 Schalke – Inter 1:0 / 0:1 / 4:1 n. EM
Sie schlugen Roda, sie schlugen Trabzon, sie schlugen Brügge sowieso, Valencia, Teneriffa, Inter Mailand das war die Show. Der Weg der Euro-Fighter zum sensationellen UEFA-Cup Erfolg ist längst Bestandteil der königsblauen Sangeskultur. Doch fassen kann so manch einer rund um Gelsenkirchen-Buer wohl bis heute nicht, dass die Mannschaft von Huub Stevens den Silberpott aus der Fußballhochglanzhochburg Mailand entführten. Wirkte der 1:0 Hinspiel-Erfolg schon wie ein Märchen, verkam das Rückspiel im Guiseppe-Meazza-Stadion vollkommen zur Fantasie-Veranstaltung. Ganze 85. Minuten bollwerkten sich Nemec, Linke, Eigenrauch, Büskens, Müller, Latal, De Kock, Thon, Wilmots, Max und Lehmann in ihren Tanzbereich fest, ehe Ivan Zamorano fünf Minuten vor dem Ende den Traum vom Titel ins Wanken brachte. Erst im Elfmeterschießen fand S04 seinen wahren Helden: Jens Lehmann wehrte zwei Strafstöße ab. Danach wurden aus den Knappen endgültig die „Euro Fighter“.
1988/89 SSC Neapel – VfB Stuttgart 2:1 / 3:3
Mehr als 80.000 Menschen wollten im Hinspiel im San Paolo nur einen sehen: Maurizio Gaudino, den Italo-Deutschen mit den Sandstrand-Augen. Nun ja, nicht ganz. Aber Stuttgarts Offensivmann zauberte schon nach 17 Minuten offene Münder in die Gesichter der Tifosi und sorgte für eine komfortable Ausgangsposition. Bis sich der griechische Schiedsrichter mit dem rassigen Namen Gerassimos Germanakos von Neapels Wunderkind Diego Maradona blenden ließ und nach dessen Handspiel auf Handelfmeter für Neapel entschied. Diego traf und kurz vor Schluss erhöhte der Brasilianer Careca sogar noch auf 2:1. Gaudino, die Haare eingeölt wie ein Surflehrer am Strand von Capri, war als Kenner der italienischen Sprache nach dem Schlusspfiff ein heiß begehrter Gesprächspartner. 13 Tage später war es erneut Maradona, der im Stuttgarter Neckar-Stadion verblüffte: Minutenlang hielt er zu „Life is life“ der Heulbojen von „Opus“ den Ball in die Luft und sorgte so ungewollt für eine der legendärsten Aufwärmstudien der Fußball-Geschichte. Scheinbar immer noch beeindruckt, lagen die Schwaben nach 62 Minuten schon chancenlos mit 1:3 zurück, ehe De Napoli per Eigentor und ein heute total unbekannter Mann namens Olaf Schmäler kurz vor dem Ende noch auf 3:3 ausgleichen konnten. Es half alles nichts, Maradona durfte den Cup stemmen und ganz Neapel das schönste Lied des Sommers anstimmen: „Oh mamma mamma mamma, oh mamma mamma mamma, sai perché mi batte el corazon, ho visto Maradona, ho visto Maradona, ué mammà, innamorato so‘!!!“