Adi Hütter regiert bei Eintracht Frankfurt mit ruhiger Hand und hat die einst launische Diva in der Bundesliga stabilisiert. Sein Erfolgsrezept: Austro-Pop und feines Gulasch.
Das Interview erschien ursprünglich in 11FREUNDE #227 im Oktober 2020. Das Heft findet ihr bei uns im Shop.
Adi Hütter, was unterscheidet die Bundesliga zentral von Ihren früheren Stationen in der Schweiz und Österreich?
Dass Fußball in Deutschland Kulturgut ist. Die Menschen hier leben für diese Sportart. Alles ist viel größer: mehr Fans, mehr Medien, mehr Qualität. Das ist in Österreich und der Schweiz nicht so ausgeprägt.
Aber auch bei Young Boys Bern wurden Sie als Trainer wie ein Volksheld verabschiedet.
Wenn ein Traditionsverein nach 32 Jahren wieder den Titel gewinnt, ist die Euphorie natürlich groß. Aber zu hundert Trainings in Bern kamen vielleicht bei zwei, drei Einheiten ein paar Zuschauer vorbei. Hier in Frankfurt sind bei jedem öffentlichen Training Hunderte am Platz.
Als Profi schossen Sie Eintracht Frankfurt im Uefa-Cup-Viertelfinale 1994 mit zwei Toren aus dem Wettbewerb. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Partien?
Das Rückspiel in Frankfurt war eins der besten Spiele, die ich je für Casino Salzburg gemacht habe. Wir spielten lange Zeit in Unterzahl und gewannen im Elfmeterschießen. Der österreichische Teamchef Herbert Prohaska sagte nach Abpfiff „Hütter war der beste Mann auf dem Platz!“ und berief mich erstmals in den Kader der Nationalelf. Allein deshalb hat die Eintracht schon lange einen besonderen Platz in meinem Leben.
Als Sie vor zwei Jahren hierher kamen, fragten sich viele, ob Sie dem Druck in der Bundesliga gewachsen sind.
Es war auch eine Umstellung, das gebe ich zu. Zumal meine ersten Ergebnisse auch so blendend waren, dass sie die Sache nicht gerade erleichterten.
In Ihrem ersten Pflichtspiel unterlag Ihr Team im Supercup dem FC Bayern – und ihrem Vorgänger Niko Kovac – mit 0:5. Anschließend schied Eintracht im DFB-Pokal gegen den Vierligisten aus Ulm aus. Fürchteten Sie, dass Ihr erstes Bundesligaengagement schiefgehen könnte?
Anfangs war ich für alle Experten der Abschusskandidat Nummer Eins. Aber meine Erfahrung von mehr als 400 Spielen als Trainer sagte mir, dass es stets eine Frage der Zeit ist, wie lang eine Krise dauert. Auch in Salzburg hatten wir nach gutem Start früh in der Saison das Aus in den Champions League Play-Offs zu verkraften und zu Beginn drei Niederlagen en suite. In solchen Momenten muss ein Trainer zusehen, Spiele zu gewinnen, sonst wird der Druck von außen irgendwann zu groß. Die Partie gegen Hannover 96 am 6. Spieltag war ein Schlüsselspiel. Hätten wir da verloren, weiß ich nicht, ob Sie mich hier heute interviewen würden.
Glauben Sie wirklich?
Weil wir auf Platz 17 zurückgefallen wären. So aber folgte auf den 4:1‑Heimsieg eine sehr positive Phase: ein Sieg gegen Lazio in der Europa League, drei Punkten gegen Hoffenheim und schließlich das 7:1 gegen Fortuna Düsseldorf. Damit war das Band durchschnitten und am Saisonende wurde ich, der Abschusskandidat, zum „Trainer des Jahres“ gewählt. So schnell geht es manchmal im Fußball.
Schon als Profi hatten Sie die Möglichkeit, nach Deutschland zu wechseln?
Im Winter 1996 bekam ich ein Angebot von 1860 München.
Aber Sie waren unsicher, ob Sie den Schritt wagen sollen?
Genau weiß ich es nicht mehr, es ist ein halbes Leben lang her. Aber ich erinnere mich an das Telefonat mit Trainer Werner Lorant, der mich als Libero holen wollte. Ich sah mich aber eher als zentraler Mittelfeldspieler. Wir lagen außerdem mit Casino Salzburg an der Tabellenspitze und konnten das dritte Mal Meister werden, 1860 war auf Platz 13 oder 14 in der Bundesliga. Kurz: Irgendwie erschienen mir die Umstände und der Zeitpunkt unpassend, um nach Deutschland zu wechseln.
Bereuen Sie es?
Bereuen ist das falsche Wort. Aber ich habe mich damals gescheut, diese Komfortzone zu verlassen. Deshalb habe ich mir geschworen, wenn ich je wieder die Chance bekomme, muss ich sie nutzen. Daran erinnerte ich mich, als ich entschied, ins Ausland nach Bern zu wechseln. Es wäre einfach gewesen, in Österreich zu bleiben, aber ich wollte die Gelegenheit nicht wieder vorüberziehen lassen.
Ihr Vorgänger Niko Kovac hatte gerade mit Eintracht den DFB-Pokal gewonnen. Sie wussten, dass Sie ein schweres Erbe antreten.
Natürlich war der Druck in Frankfurt enorm, aber wie Fredi (Bobic, d.Red.) und Bruno (Hübner) auf mich zugekommen sind, hat mir die Entscheidung sehr erleichtert.
Wie müssen wir uns das vorstellen?
Ich war einer von drei Kandidaten, aber schlussendlich sind die Würfel für mich gefallen. Und auch wenn der Druck anfangs von außen groß war, intern habe ich durch die beiden noch keinerlei Druck verspürt.
Im Fußball kann sich das schnell ändern. Ihr Landsmann Peter Stöger bildete über Jahre mit Manager Jörg Schmadtke beim 1. FC Köln ein Erfolgsduo. Am Ende der Saison 2016/17 fuhren die beiden nach Erreichen der Europa League noch gemeinsam in den Urlaub, doch keine acht Wochen später herrschte Funkstille und alles brach auseinander.
Man muss nicht gemeinsam in Urlaub fahren um sich gut zu verstehen. (Lacht.) Aber wir sind im steten Austausch, wir können uns leiden und arbeiten sehr professionell zielorientiert miteinander. Wir müssen auch nicht immer gleicher Meinung sein, das wäre ja ungewöhnlich. Wichtig ist nur, dass wir am Ende auf einem Nenner sind.
Sie haben ein Buch zum Thema „Teamgeist“ geschrieben. Verhalten sich Bundesligaspieler durch die erhöhte Wahrnehmung, die sie bekommen, anders als Profis in der Schweiz oder Österreich?
Natürlich wissen Bundesliga-Spieler, dass es eine große Bühne ist, auf der sie performen. Aber als Trainer kann ich keinen Unterschied im täglichen Arbeiten oder im Verhalten feststellen. Schließlich ist es meine Aufgabe, Nähe zu den Jungs aufzubauen, in Gesprächen auch das Zwischenmenschliche zu betonen, um letztlich herauszufinden, wie jeder Einzelne optimale Leistung bringt.
Von Ihnen stammt der Satz: „Ich kann Spielern bis zum Magen hinunterschauen. Ich habe schon alles erlebt“. Was sehen Sie da unten?
Was ich damit meine, ist, dass ich ein empathisch denkender Trainer bin. Als Spieler habe ich erfolgreiche Zeiten erlebt, aber auch Phasen, in denen es mir schlecht ging und ich das Gefühl hatte, nicht erste Wahl zu sein. Ich weiß, wie es einem Spieler geht, wenn er verletzt ist, wenn es ihm privat nicht gut geht oder er nicht im Kader steht. Und ich lasse diese Erfahrungen in die Gespräche einfließen.
Aber bei einem Kader von 26, 27 Profis muss Empathie auch Grenzen haben.
Natürlich. Jeder Spieler verdient Beachtung. Nur wenn ich die Probleme des Einzelnen kenne, kann ich an der Lösung arbeiten und dessen Leistungen im Training richtig bewerten. Aber wenn ich erkenne, dass einer nicht bereit ist, sich voll und ganz in die Sache einzubringen und auch Gespräche nicht fruchten dann muss ich mir einen andere Weg einfallen lassen.
Wie haben Sie Filip Kostic wieder zum Spitzenspieler gemacht, nachdem er beim VfB Stuttgart und beim HSV weit hinter den Erwartungen zurück geblieben war?
Es gibt bei solchen Fragen stets zwei Sichtweisen: die des Spielers und die des Vereins. Ich kann nur sagen, dass Filip, als er 2018 nach Frankfurt kam, in einer fürchterlichen Schublade steckte.
Das heißt?
Die Medien schrieben: Erst kommt dieser Trainer, den keiner kennt, und jetzt holt Bobic den Kostic, der beim VfB und in Hamburg gefloppt ist – so steigt Eintracht ab. Als ich ihn dann kennenlernte, konnte ich es kaum glauben.
Was meinen Sie?
Filip präsentierte sich mir nicht nur menschlich überragend, sondern er ist auch ein Profi durch und durch. Aber es war erkennbar, dass er ein Mensch ist, der sich wohlfühlen muss. Und das kann er hier. Seine Familie fühlt sich in Frankfurt wohl, die Menschen im Verein mögen ihn und sein Trainer mag ihn auch. Warum das in Hamburg und Stuttgart nicht so war, kann ich nicht beantworten.
Wie sehr erschwert Corona Ihren vertrauten Umgang mit den Spielern?
Ich habe das Gefühl, dass Corona uns eher enger zusammengeschweißt hat. Wir hatten anfangs auch positive Fälle im Team, sodass wir in der Quarantäne alle ein wenig Zeit zum Reflektieren hatten. Danach habe ich mit vielen Spielern zu zweit oder zu dritt trainiert, was den Kontakt noch intensivierte.
Adi Hütter, welcher Trainer hat Sie besonders geprägt?
Mein Mentor war Heribert Weber, mit dem ich in der Saison 1993/94 noch bei Casino Salzburg zusammenspielen durfte. Heri machte mir bewusst, dass Fußball mehr als ein Job sein muss, bei dem irgendwann Feierabend ist. Er war damals schon Ende 30, aber er wollte noch immer jedes Trainingsspiel gewinnen. Sein Ehrgeiz war unglaublich, auch die Art, wie er Mitspieler pushte. Durch ihn habe ich eine Siegermentalität erlernt, die ich vorher so nicht besaß.
In der Saison 1995/96 wurde Weber Ihr Trainer in Salzburg.
Es war eine turbulente Spielzeit: Im Herbst war Erfolgscoach Otto Baric entlassen worden und durch Hermann Stessl ersetzt worden, der nach wenigen Monaten wieder gehen musste.
Sie sagten damals, Stessl habe Weber einen „Sauhaufen“ hinterlassen.
Was daran lang, dass wir unter ihm weniger trainierten. Menschlich kam man prima mit Stessl zurecht, aber er ging offenbar davon aus, dass die Mannschaft von selbst funktioniert. Das war aber nicht der Fall. Dass Heri im Frühjahr 1996 Trainer wurde, war der Schlüsselmoment in meiner Karriere.
Weil es die Weichen stellte für ihr späteres Leben als Trainer?
Er ließ die Mannschaft abstimmen, wer neuer Kapitän werden sollte. Zu Wahl standen zwei Routiniers, Tormann Otto Konrad und Wolfgang Feiersinger, und ich. Die Mitspieler votierten aber überraschend mit großer Mehrheit für mich, was Otto und Wolfgang enttäuschte. Ich wollte die Wahl erst gar nicht annehmen, aber Heri beließ es dabei. Und so blieb ich vier Jahre lang Kapitän und bekam so die Chance, von der Spitze der Hierarchie sowohl zu den älteren Spielern enge Bindungen aufzubauen, als auch den jüngeren stetig in ihrer Entwicklung weiterzuhelfen.
Als Trainer gelten Sie als Disziplinfanatiker. Liegt es daran, dass Sie auch als Profi über den Willen zum Erfolg fanden?
Es war eher umgekehrt. Ich hatte Talent und eine fußballerische Begabung, war aber definitiv kein Arbeiter. Als ich 1993 mit 23 Jahren nach Salzburg wechselte, sagte Heri Weber zu mir: „Du bist ein richtig guter Fußballer, aber dir fehlt noch das richtige Zweikampfverhalten, du musst aggressiver werden.“ Erst durch diese Erfahrungen wurde ich zum kompletten Spieler.
Bislang sind Sie an allen Trainerstationen aus freien Stücken aus dem Amt geschieden. Nur bei Ihrem Heimatverein SCR Altach wurden Sie 2012 entlassen. Ärgerlich, oder?
Nicht nur ärgerlich, sondern in dem Moment auch sehr enttäuschend. Ich habe in Altach im Nachwuchs gespielt, war im Leistungszentrum und kam als Profi noch einmal zurück. Als ich in Salzburg spielte, reisten mir Fans aus Altach sogar hinterher. Als der Verein 2009 aus der Bundesliga abgestiegen war, bekam ich die Chance, eine neue Mannschaft aufzubauen, die den Wiederaufstieg schafft.
Aber Sie scheiterten drei Mal in Folge am Aufstieg.
Wir wurden einmal Dritter und zwei Mal Zweiter und ich wurde entlassen, weil die Verantwortlichen nicht mehr daran glaubten, es mit mir schaffen zu können. Das hat mir sehr, sehr wehgetan. Da bin wirklich am Boden gelegen.
Das heißt?
Ich war fertig. Aber ich wusste auch, dass ich schnell wieder aufstehen muss, weil die Leute sonst anfangen, auf mir herum zu trampeln.
Schwer vorstellbar, dass Sie so richtig down sind. Sie wirken immer so kontrolliert.
Wie es in mir aussieht, wissen die Wenigsten. Ich habe eine sehr emotionale Seite. Sie glauben gar nicht, wie es manchmal in mir brodelt. Trotzdem versuche ich immer Ruhe und Souveränität auszustrahlen. Ich freue mich, dass das wohl mehr wahrgenommen wird.
In Interviews erwähnen Sie öfter, dass Musik Ihnen beim Entspannen hilft, insbesondere die Lieder von Georg Danzer.
„Weiße Pferde“ ist ein sehr cooler Song.
Wie müssen wir uns das vorstellen? Sitzen Sie nach dem Training mit dem Kopfhörer vor der Anlage?
Nein, dann wird die WLAN-Box angeschmissen und der Austro-Pop-Mix läuft durch. Wenn ich nach zwei Einheiten und viel Planung am Ende des Tages in meine Wohnung komme, muss ich runterfahren. Und das funktioniert mit Musik ganz gut.
Eher Danzer, Ambros, Fendrich oder auch die neue österreichische Welle mit Bands wie Bilderbuch oder Wanda?
Wanda finde ich klasse, meine Frau aber noch mehr als ich. Ich stehe tatsächlich eher auf die Interpreten aus den Achtzigern.
Interessante Vorstellung, dass der Disziplinfanatiker Adi Hütter zum Runterkommen daheim Georg-Danzer-Hits wie „Ganz Wien träumt von Kokain“ oder „Zehn kleine Fixxer“ hört.
(Grinst.) Alle Lieder von ihm gefallen mir jetzt auch nicht. Auf meiner Playlist, wenn ich ins Stadion gehe, sind auch Italo-Pop-Hits von Zucchero, Andrea Boccelli und Eros Ramazotti.
Wie gefällt Ihnen die Musik Ihrer Spieler?
Wenn die in der Kabine läuft, höre ich schon ganz gern zu. Zuhause würde ich dabei aber nicht zur Ruhe finden können. Übrigens höre ich in meiner freien Zeit nicht nur Musik, manchmal schaue ich auch Fußball, gehe essen oder koche gemeinsam mit meinem Co-Trainer.
Christian Peintinger wohnt im gleichen Häuserblock wie Sie.
Ich wohne im zweiten Stock, er im vierten. Wir können uns vom Balkon aus sehen.
Angeblich kann Peintinger nur ein Gericht: Lachrückenfilet mit Rosmarin.
Das stimmt, hat er aber schon lange nicht mehr gemacht. Da bin ich etwas vielfältiger.
Das heißt?
Schon zu meiner Trainerzeit in Altach, war ich ohne Familie am Ort und musste irgendwie zurechtkommen. Also habe ich angefangen, die Gerichte, die ich zuhause erlernt hatte, zu verfeinern.
Zum Beispiel?
Verschiedene Pastavariationen, asiatische Reispfannen oder auch mal ein Gulasch.
Für ein gutes Gulasch braucht man Geduld.
Aber wenn man es gelingen soll und man ein bissel ein Gefühl entwickelt, kriegt man es hin.
Zu Christian Peintinger haben Sie eine enge Verbindung, die über ein normales Arbeitsverhältnis hinausgeht.
Wir sind seit zwanzig Jahren gute Freunde. Dazu muss man wissen: Der Christian war ein sehr, sehr guter Spieler…
Besser als Sie?
Nein! So gut nicht, das geht ja gar nicht. (Lacht.) Aber er war ein sehr guter Techniker, der noch unter Ernst Happel gespielt hat. Wir lernten uns kennen, als ich beim Grazer AK spielte und von der ersten Begegnung an ging es gleich ins Fleisch. Wir haben uns von Beginn an gut verstanden und fortan unsere Werdegänge verfolgt. Als Trainer arbeitete er später nebenberuflich im Grazer Nachwuchs und immer wieder erwähnte er, wie gern er mal mit mir arbeiten würde. Zu meiner Zeit in Grödig aber hätte er nie das verdient, was er in seinem festen Job bei der Wirtschaftskammer bekam. Erst als ich 2015 nach Bern wechselte, gab er mit 48 Jahren seine Beamtenstelle auf, um mitzukommen. Das hat mir sehr imponiert, zumal es ja auch hätte passieren können, dass ich nach drei Monaten wieder auf der Straße stehe.
Adi Hütter, 2015 verabschiedeten Sie sich nach nur einem Jahr als Chefcoach bei RB Salzburg mit dem Gewinn des Doubles und gaben als Begründung an: „Ich sehe mich nicht als Ausbildungstrainer“.
Stimmt. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass es sehr schwer für einen Trainer ist, etwas zu entwickeln, wenn in jedem Sommer die besten Spieler weggehen und ihm nur drei Wochen bleiben, um ein neues Team aufzubauen. Ich wollte damit sagen, dass ich meine Zukunft nicht als reiner Ausbildungstrainer sehe, sondern als ein Trainer, dessen Ziel es ist, sowohl Spieler als auch Mannschaften weiter zu entwickeln. Ich hätte mir in dem Sommer gewünscht, mit einer erfolgreichen Mannschaft nach dem Gewinn des Doubles auch in der Champions League zu spielen.
Das Geschäftsmodell von Eintracht Frankfurt sieht allerdings ebenfalls vor, Spieler so zu entwickeln, dass der Klub sie gewinnbringend veräußern kann.
Dennoch muss man vorsichtig sein, bei der Eintracht von einem Ausbildungsverein zu sprechen. Wenn, dann vielleicht von einem Ausbildungsverein auf sehr hohem Niveau. Es ist doch für alle Beteiligten eine Riesengeschichte, wenn es gelingt, einen Spieler wie Luka Jovic – unabhängig davon, wie es dort für ihn weitergeht – aus Frankfurt direkt zu Real Madrid zu transferieren. Ich habe jedenfalls immer gern mit jungen, aber auch älteren Profis gearbeitet. Die entscheidende Voraussetzung aber ist, dass die Jungs hungrig sind. Für mich ist es die pure Freude zu erleben, wie hungrig Makoto Hasebe mit 36 Jahren noch ist. Was ich nicht mag, sind satte Spieler.
Nach dem Aus in der Europa-League-Qualifikation gegen den FC Basel haben Sie nach zwei erfolgreichen Jahren auf internationalem Parkett nun Zeit, in Ruhe eine neues Frankfurter Team zu entwickeln. Empfinden Sie das als Luxus oder fehlt Ihnen der Europacup?
Natürlich wollten wir uns fürs internationale Geschäft qualifizieren. Die Erlebnisse dort haben schließlich sehr viel Spaß gemacht. Allerdings müssen wir uns fragen, ob wir als Verein so gefestigt sind, dass wir jedes Jahr einen internationalen Wettbewerb anpeilen können. Ich glaube nämlich, soweit sind wir noch nicht. Insofern ist es nicht schlecht, jetzt ein Jahr lang die Mannschaft mit Bedacht weiterzuentwickeln, um insgesamt ein höheres Level zu erreichen. Was aber nicht heißt, dass wir im nächsten Jahr automatisch international dabei sind. Um diese Plätze kämpfen in der Bundesliga inzwischen 12,13 Vereine.
Ihre Trainerlaufbahn kennzeichnet, dass Sie nach einer gewissen Zeit stets nach neuen Herausforderungen suchen.
Sie haben Recht. Aber mir liegt auch daran, Dinge voranzubringen. Kontinuität macht auch Spaß. Ich fühle mich jedenfalls mit den handelnden Personen in Frankfurt sehr wohl und wenn ich rausschaue (deutet aus dem Fenster ins Rund des Stadions) frage ich mich schon: „Wo soll es noch viel besser sein?“
Sie haben Ihren Vertrag in Frankfurt im Sommer bis 2023 verlängert. Sie wollen hier noch etwas erreichen.
Ich bin jedenfalls nicht hergekommen, um wieder wegzugehen. Ich kann auch von Glück sagen, dass ich die Anfangszeit hier überhaupt überlebt habe. Hätte ich damals noch drei Spiele verloren, wäre ich längst wieder in der Schweiz oder Österreich und die Leute würden sagen: „Ach, der Hütter, der war auch mal da.“ Ich will beweisen, dass ich mich hier über Jahre durchsetzen kann!