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Seit 37 Jahren bin ich nun Preußen-Fan, aber noch nie habe ich eine Saison erlebt wie diese. Klar, eng und span­nend war es oft. Doch die aktu­elle Spiel­zeit der Regio­nal­liga West ist ein emo­tio­naler Hur­ri­cane, ein nicht enden wol­lender Strudel aus Geschichten mit Legenden-Poten­tial, neun Monate aufs Prallste gefüllt mit Rück­schlägen, Skur­ri­li­täten und Sen­sa­tionen. Diese Saison, sie ist wie eine Marvel-Serie auf Speed.

Und das vom ersten Moment an. DFB-Pokal: Preußen auf Augen­höhe mit Cham­pions-League-Teil­nehmer Wolfs­burg, der macht in der 90. den Aus­gleich, gewinnt dann – aber dank Mark van Bom­mels aus­bau­fä­higer Regel­kunde in Sachen Aus­wechs­lungen geht das Spiel vor Gericht an den SCP.

So viele Geschichten

Das erste Liga-Heim­spiel: drü­ckend über­legen, der Lini­en­richter gibt sich in Sachen Abseits fach­lich sat­tel­fest wie van Bommel im Kom­pen­tenz­ge­biet Wechsel“, Aachen gleicht aus. Preu­ßens Sieg­treffer fällt in der 93. Minute – die Hammer Straße explo­diert. In diesem Takt geht es weiter: Das Pokal­spiel gegen Hertha ver­liert Preußen, weil ein junger Spieler einmal zu hart rein­geht und Rot sieht; gegen Glad­bachs Zweite gibt der SCP zwei Punkte ab, weil ein ein­zu­wech­selnder Spieler seine Stutzen nicht regel­kon­form trägt und nicht au’s Feld darf, wor­aufhin an seiner Posi­tion das Tor fällt.

Es sind zu viele Geschichten, um sie hier alle zu erzählen. Und über allem schweben Corona, eine SCP-Chan­cen­ver­wer­tung aus der Kate­gorie Slap­stick und eine Ver­let­zungs­serie für die Geschichts­bü­cher: Top-Neu­zu­gang Manni Kwadwo war schon vor dem ersten Spieltag raus, Mit­tel­feld-Regis­seur Dennis Daube begrub die Saison am 8. Spieltag per Kreuz­brand­riss, Winter-Rück­kehrer Lukas Fren­kert brachte es auf sechs Par­tien, bevor er dau­er­haft aus­fiel – und das sind nur die großen Bei­spiele.

Was macht eigent­lich die Fan­ar­beit in Essen?

So eine Marvel-Serie braucht aber auch einen Bösen und der trägt Rot und Weiß. In Münster spielt der SCP Essen eine Halb­zeit an die Wand, führt 2:0 – um dann 2:3 zu ver­lieren. Nach dem Spiel stürmen Essener die Müns­te­raner Gegen­ge­rade, auf der Nor­malo-Zuschauer stehen – es gibt 30 Ver­letzte. Das Rück­spiel wird beim Stand von 1:1 abge­bro­chen, weil ein Böller gezielt auf SCP-Ersatz­spieler geworfen wird – drei Ver­letzte, der nächste Sieg vor Gericht. Seit Jahren geht das so bei RWE. Ent­weder gibt es in Essen keine Fan­ar­beit oder sie ist in bizarrem Ausmaß erfolglos.

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Thomas Knüwer im Jahr 2011, am Abend des letzten Auf­stiegs von Preußen Münster in die 3. Liga. Knüwer ist Grüner einer Digi­tal­be­ra­tung, Blogger und Pod­caster.

Privat

In einer Marvel-Show muss der Gute auch mal Böses tun. Und so umwarb Münster in der Win­ter­pause Essens Kapitän Dennis Grote. Der spielte mit offenen Karten gegen­über Rot-Weiss, offen­barte das Angebot und wurde für diese Trans­pa­renz mit der Sus­pen­die­rung belohnt. Daniel Davari, Grotes Nach­folger als Kapitän, flog raus, nachdem er nicht auf der Bank sitzen wollte. Anderswo würde man einen sol­chen Spieler abkühlen lassen und wieder inte­grieren – der Thanos der Regio­nal­liga West aber kennt keine Gnade. Fol­ge­richtig feu­erte RWE zwei Spiel­tage vor Schluss Chris­tian Neid­hart, einen Trainer um den viele in Fuß­ball-Deutsch­land den Verein benei­deten. Nie­mand, wirk­lich nie­mand, würde Rot-Weiss Essen vor­werfen, pro­fes­sio­nell und zeit­gemäß geführt zu werden.

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