Nick Barnes ist Reporter für die BBC. Seine Spielberichte sind vor allem eines: große Kunst. Ein Gespräch über Anachronismen, Lineale und sein Notizbuch.
Nick Barnes, haben Sie zu viel Zeit?
Formulieren wir es anders: Ich nehme mir gerne viel Zeit. Außerdem bin ich mittlerweile ziemlich geübt. Um ein Spiel in meinem Notizblock komplett abzubilden, benötige ich etwa drei bis vier Stunden. Allerdings gibt es immer etwas auszubessern. Ich bin selten zufrieden.
Um Sie herum sitzen ausschließlich Reporter mit Laptops und Smartphones. Warum malen Sie?
Ich liebe das Analoge. Vielleicht sind meine Spielberichte auch mein kleines Statement gegen die zunehmende Digitalisierung. Außerdem mochte ich es immer schon, wenn scheinbar leblose Dinge durch Kunst zum Leben erweckt werden, gerade wenn es etwas so Profanes ist wie ein Matchreport.
Besitzen Sie ein Handy?
(lacht) Junger Freund, nur weil ich gerne male, bin ich nicht komplett anachronistisch, ich habe sogar ein Smartphone. Und ich muss zugeben, dass ich auch bei den Spielberichten nicht komplett analog arbeite: Die aufwendigen Wappen drucke ich nämlich am Computer aus.
Auf welche Hilfsmittel und Arbeitsmaterialien greifen Sie noch zurück?
Ich habe natürlich meine Stifte, das Staedtler-Feinschreibermodell „triplus“ und einen roten oder schwarzen Füllfederhalter von Pilot in Stärke 0,5 fürs Schreiben. Für die Teams verwende ich eine Schablone, die Außenränder male ich mit einem Bleistift vor und fülle sie dann mit einem dickeren Filzstift aus. Dazu habe ich ein Lineal und das Notizbuch. Früher verwendete ich einen Oxford-Spiralblock, später entdeckte ich die Bücher von Leuchtturm1917, die eine Nuance größer sind als DIN A4. Toll!
Wie viele Spiele haben Sie bislang gemalt?
Ich habe meinen Kritzelblock das erste Mal 1992 zu Carlisle United mitgenommen. Seit 2003 arbeite ich als Sunderland-Korrespondent, und nach 2008 habe ich kein einziges Spiel verpasst. Insgesamt komme ich auf etwa 340 Spielberichte, die sich auf acht dicke Bücher verteilen.
Hand aufs Herz: Wären Sie lieber Künstler geworden?
Ich mag meinen Job, malen ist aber tatsächlich eines meiner größten Hobbys. Vielleicht rührt das von meinem Vater, der Architekt war. Ich liebte es schon als Kind, wie gefühlvoll und genau er seine Stifte über ein weißes Blatt Papier führen konnte. Irgendwie wollte ich das auf meinen Job übertragen, auch wenn der nichts damit zu tun hat.
Was malen Sie in Ihrer Freizeit?
Naturmotive, am liebsten mit Wasserfarben. Inspiration finde ich etwa im englischen Nationalpark Lake District. Schön war es, als ich Newcastle im Europapokal begleitete. Ich habe damals unzählige Galerien besucht, die mich ebenfalls sehr inspiriert haben. Das Highlight war sicherlich das Mauritshuis in Den Haag.
Was sagen Ihre Kollegen zu Ihren Büchern?
Einer formulierte es mal so: „Du bist der Typ, den man samstags aus einem alten Kleiderschrank holt, entstaubt und auf die Tribüne setzt. Danach legen wir dich wieder zurück. Du bist ein bisschen wie ein antikes Schmuckstück.“