Florian Kohfeldt hat den SV Werder wieder auf Kurs gebracht. Der DFB kürt den Bremer Coach deshalb zum „Trainer des Jahres 2018“. Im Gespräch mit 11FREUNDE spricht er über seine Startschwierigkeiten und darüber, wie er sich seitdem mehr und mehr Respekt erarbeitet hat.
Sprechen Sie über medialen Druck oder über Vorgänge im Verein?
Über beides. In so einer Abwärtsspirale kommt der Moment, an dem sich ein Trainer fragt: „Vertrauen mir hier noch alle?“ Und das hat Viktor – mit seiner langen, erfolgreichen Werder-Geschichte – zurecht sehr getroffen. Aber aus diesem Drama ergab sich auch die Situation, dass mich Frank Baumann als Co-Trainer entließ und sagte: „Bitte buche keinen Urlaub!“ Denn zwei Wochen später stellte er mich als U23-Trainer wieder ein – und ich war Drittligatrainer.
So ist der Profifußball.
Und letztlich kann keiner sagen, dass es nicht einen unglaublichen Reiz hat, einer von 18 Bundesligatrainern zu werden. Auch ich nicht.
Machen Sie sich dennoch Sorgen, dass Ihnen Ähnliches widerfahren könnte wie Ihren Vorgängern?
Wovor ich Respekt habe, ist, dass sich mein Verhältnis zu dieser Stadt, in der ich seit fast zwanzig Jahren lebe, verändern könnte, weil es sportlich nicht mehr läuft. Sprich: Dass ich durch den Job ein Stück Heimat verlieren könnte. Und natürlich mache ich mir manchmal Gedanken, wie ich irgendwann meinen Kindern beibringe, dass der Papa nicht mehr bei Werder arbeitet. Denn sie kennen es in ihrem Leben noch nicht anders.
Aber vielleicht treten Sie in die Fußstapfen von Rehhagel und Schaaf und begründen hier eine neue Ära.
Ich glaube nicht, dass es in heutigen Zeiten noch möglich ist, so lange Zeit bei einem Bundesligisten zu arbeiten.
Warum nicht?
Weil sich die Beobachtung, unter der dieser Job steht, weiter verstärkt hat. Die ruhige Werder-Welt von einst gibt es nicht mehr. Auch wir haben hier zwei Internet-Portale mit gefühlt 40 Reportern, die rund um die Uhr berichten. Dazu alle anderen großen Medien. Ich bin skeptisch, dass ich in dieser Gemengelage 14 Jahre überstehe.
Sie haben fast zehn Jahre lang im Werder-Nachwuchs gearbeitet. Wie sehr bringen Sie diese Erfahrungen bei Ihrer jetzigen Tätigkeit mit ein?
Im Nachwuchs lernt man unheimlich viel darüber, wie man Spieler entwickelt und coacht. Meines Erachtens stoßen deshalb gegenwärtig viele Trainer von dort zu den Profis vor. Denn die meisten jungen Spieler haben heute ein großes Bedürfnis, sich individuell und im technisch-taktischen Bereich weiterzuentwickeln.
Wie schlägt sich das in Ihrem Alltag nieder?
Wir arbeiten hier neben dem Mannschaftstraining ständig in Kleingruppen. Dienstags üben wir oft mit Einzelnen nur Flanken oder Passspiel. Wir reden stundenlang darüber, wie man sich bei diesem oder jenem Pass verhält. Gemeinhin könnte man annehmen, dass es irgendwann heißt: „Trainer, wir sind Profis, reicht jetzt auch mal.“ Aber die meisten, die da mitmachen, muss ich eher bremsen.