Uli Borowka, 49, hat in 388 Bundesligaspielen für Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen bewiesen, dass er kein Mann der leisen Töne ist. Für 11FREUNDE kommentiert der ehemalige Nationalspieler, den sie aufgrund seiner robusten Spielweise nur „die Axt“ nannten, ab sofort die entscheidenden Szenen des deutschen Fußballs. Heute: Der 5:0‑Kantersieg von Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen. Feuer frei!
Es gibt so Tage, da brichst du dir noch den Finger, wenn du in der Nase bohrst. So einen Tag hat Werder Bremen am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach erwischt. Da hatte ich beim Zusehen phasenweise das Gefühl in eine Zeitmaschine geraten zu sein, die mich im Spätherbst 2010 wieder ausgespuckt hat. Denn genauso spielte Werder: Wie in der gruseligen Vor-Saison. Nur gut für alle Fans von Werder Bremen, dass die Mannschaft einfach nur einen schlechten Tag hatte…
Die groben Fahrlässigkeiten im Bremer Defensivspiel waren besonders bei den ersten beiden Gegentoren sichtbar: Dass sich ein Abwehrspieler, in diesem Fall der junge Aleksandar Ignjovski, bei einer Flanke kurz vor das Tor auf seinen Torwart verlässt, zeigt nur die Unsicherheit des Spielers. Im Normalfall muss Ignjovski handlungsschnell genug sein, um seinen Körper zwischen Ball und Gegenspieler zu bringen und so den Kopfball des Gegenspielers zu verhindern. So aber hatte Gladbachs Patrick Herrmann leichtes Spiel – obwohl er ja nun wirklich kein Kopfballungeheuer ist!
Wie die Feierabendfußballer aus der Altliga
Noch krasser war es beim 2:0 durch Marco Reus: Da verhielten sich die Bremer Gegenspieler wie die Feierabendfußballer aus der Berliner Altliga. Es war erschreckend, wie viel Platz die Werderaner den Gladbachern gaben. Vor allem bei einem solchen Ausnahmetalent wie Marco Reus ist es extrem wichtig, dem schon beim Anspiel quasi auf den Füßen zu stehen. Hat er den Raum und die Zeit, ist es sehr schwer, ihn noch mit legalen Mitteln zu stoppen. Aber selbst dazu waren die Bremer nicht mehr in der Lage: Ihre Gegner durch Fouls zu stören. Wie gesagt, es gibt so Tage und ich weiß wovon ich spreche: Mir läuft es heute noch kalt den Rücken runter, wenn ich an die Spiele gegen Manni Burgsmüller denke. Wenn man gegen den nicht 90 Minuten lang hellwach war, nutzte er das gnadenlos aus. Kam ich zu spät und setzte die Grätsche an, war er schon über alle Berge. So müssen sich die Bremer am Samstag gefühlt haben: Wie der Hase gegen den Igel. Wollten Prödl, Wolf und Co. zum Ball, waren die Gladbacher schon da.
Zum Vorwurf muss man den Bremern auch das auffallend körperlose Spiel machen. Gerade bei so intelligenten Spielern wie Reus, Arango oder Herrmann ist es zwingend notwendig, die Gegner schon beim ersten Ballkontakt im Zweikampf unter Druck zu setzen. Gibt man ihnen die Zeit, nutzen sie das auch aus. Hinzu kommt, dass die Borussia einfach einen Sahnetag erwischt hatte. Trainer Lucien Favre hat seiner Mannschaft die nötige Ordnung und Stabilität verpasst, die entscheidende Grundlage, um in solchen Spielen wie gegen Bremen den Zauberkasten auszupacken. Dass Mönchengladbach momentan so stark ist, hat auch mit dem Abstiegskampf aus der Vorsaison zu tun. Wenn du einmal so schlimme Monate erlebt hast, tust du alles, um nicht wieder in so eine Situation zu geraten. Zusätzlich hat der Klassenerhalt der Mannschaft neues Selbstvertrauen gegeben. Selbstvertrauen, dessen Folgen die Bremer böse zu spüren bekommen haben.
Schade, dass keine englische Woche ansteht
Es gibt so Tage, da musst du froh sein, wenn sich wenigstens niemand verletzt. Die Bremer sind stark genug und haben einen so guten Trainer, um dieses Spiel abzuhaken. Klar, viel gelacht wird in den nächsten Tagen an der Weser nicht. Jetzt möchte jeder Spieler Thomas Schaaf beweisen, dass die 0:5‑Klatsche gegen Borussia Mönchengladbach wirklich nur ein Ausrutscher war. Nach solchen Spielen brennst du als Fußballer innerlich, du willst die Schande unbedingt vergessen machen! Schade für den SVW, dass keine englische Woche ansteht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die gegnerische Mannschaft sehr unangenehme 90 Minuten erleben würde…