Heute startet die U‑21-Europameisterschaft in Israel. Mit Spanien, der Niederlande und Russland befindet sich die Deutsche Auswahl in einer „Todesgruppe“. Wir stellen den DFB-Kader vor.
Als älteste Juniorenauswahl des DFB soll die U‑21 das perfekte Karrieresprungbrett für die besten Talente des Landes darstellen. Vor der Europameisterschaft in Israel haben wir den Kader begutachtet und stellen fest: 1.028 Bundesligaspiele, jeweils ein Legionär aus der Premier League und Serie A, sowie ein frischgebackener Champions-League-Sieger. Wofür benötigt diese Mannschaft eigentlich noch ein Sprungbrett?
Bernd Leno (21 Jahre, Torwart, Bayer Leverkusen)
Bernd Leno hat nicht nur René Adler aus dem Tor von Bayer Leverkusen verdrängt, sondern steht auch unangefochten als Nummer Eins der U‑21-Nationalmannschaft zwischen den Pfosten. Seine Konkurrenten schießen derweil Eigentore auf USA-Reisen (Marc-André ter Stegen) oder brechen sich die Hand bei Werbedrehs bekannter Autohersteller (Kevin Trapp).
Oliver Baumann (23 Jahre, Torwart, SC Freiburg)
Der Freiburger ist zwar knapp zwei Jahre älter als Bernd Leno, muss sich dennoch mit einem Platz auf der Bank begnügen. Vor drei Jahren erhielt er beim SC am letzten Spieltag den Vorzug vor Simon Pouplin, seitdem gilt er als sicherer Rückhalt bei den Breisgauern und dürfte im Ernstfall eine gute Vertretung im Turnierverlauf darstellen.
Timo Horn (20 Jahre, Torwart, 1. FC Köln)
Der große Gewinner der Verjüngungskur des 1. FC Köln. Nach dem Abstieg 2012 stand Michael Rensing nicht mehr auf der Gehaltsliste und der zwanzigjährige Horn erfüllte die Erwartungen in der 2. Liga. Mit der Nominierung des dritten Torwarts ließ Trainer Rainer Adrion beispielsweise Düsseldorfs Fabian Giefer unbeachtet. Dies ist wohl, ähnlich wie bei den Nominierungen des dritten Torhüters der A‑Elf, als Signal an die Zukunft zu verstehen.
Tony Jantschke (23 Jahre, Abwehr, Borussia Mönchengladbach)
Bei Borussia Mönchengladbach steht Jantschke als Rechtsverteidiger auf dem Platz, in der U‑21-Nationalmannschaft ist er auf der linken Seite gesetzt. In der abgeschlossenen Saison wurde am Rhein sein durchwachsenes Stellungsspiel und mangelndes Offensivbewusstsein moniert. Mit seinen 15 Länderspielen für die U‑21 ist er jedoch einer der erfahrensten Akteure im Kader.
Stefan Thesker (22 Jahre, Abwehr, TSG Hoffenheim)
Der Hoffenheimer profitierte vom verletzungsbedingten Ausfall Jan Kirchhoffs. Im letzten Qualifikationsspiel gegen die Schweiz machte der Innenverteidiger bereits einen soliden Eindruck, während er im entscheidenden Relegationsspiel gegen Kaiserslautern die Nerven verlor. Er musste bereits nach 30 Minuten Gelb-Rot gefährdet ausgewechselt werden. Keine Eigenwerbung im Falle einer Finalteilnahme.
Lasse Sobiech (22 Jahre, Abwehr, Borussia Dortmund)
Mit einer erfolgreichen Europameisterschaft könnte Lasse Sobiech der Saison noch etwas Positives abgewinnen. Die Dortmunder Leihgabe hat mit der SpVgg Greuther Fürth eine Katastrophen-Saison hinter sich und konnte sich beim Tabellenletzten nicht einmal als Stammspieler durchsetzen. Mit 15 Länderspielen gilt der 1,96-Meter-Hüne dennoch als Fels in der Brandung.
Shkodran Mustafi (21 Jahre, Abwehr, Sampdoria Genua)
Für den deutschen Fußballkenner vielleicht einer der Unbekanntesten. Doch Shkodran Mustafi ist auf dem Kontinent bereits herumgekommen. Nach seiner Ausbildung beim Hamburger SV, spielte Mustafi als Reservespieler für den FC Everton und entwickelt sich nun bei Sampdoria Genua. Der robuste Defensiv-Allrounder gehört bei Rainer Adrion trotzdem nicht zur ersten Wahl.
Matthias Ginter (19 Jahre, Abwehr, SC Freiburg)
Noch ohne Einsatz bei der U‑21 könnte sich das 19-jährige Abwehrjuwel jetzt in die Stammelf spielen. Insbesondere, wenn Stefan Thesker nicht konstant auftritt. Beim SC Freiburg überzeugte Matthias Ginter seit der Winterpause 2012 und schoss bei seinem Debüt gegen den FC Augsburg direkt den Siegtreffer. Eigentlich war der Kapitän der U‑19 nicht für die EM vorgesehen, doch er beeindruckte im Trainingslager mit dem erweiterten Kader.
Oliver Sorg (23 Jahre, Abwehr, SC Freiburg)
Gehört mit seinen 23 Jahren zu den älteren Spielern des Kaders und ist im Vergleich zu Vereinskollege Ginter eher ein Spätstarter. Genauso wie Matthias Ginter hat sich Oliver Sorg im Wintertrainingslager 2012 ins Freiburger Team gespielt und stand ebenso gegen den FC Augsburg vor einem Jahr erstmals in der Startelf. Er kann, ähnlich wie Sead Kolasinac und Tony Jantschke, auf beiden Außenverteidigerpositionen eingesetzt werden.
Sead Kolasinac (19 Jahre, Abwehr, FC Schalke 04)
Noch so ein Greenhorn mit internationaler Erfahrung! In der Not von Jens Keller setzte sich der Außenverteidiger mit bosnischen Wurzeln nach der Winterpause bei Schalke 04 durch und lief bereits in der Champions League auf. Sein geplantes Debüt in der U‑21 verpasste Sead Kolasinac aufgrund eines Zahnarzttermins. Die Weisheitszähne mussten gezogen werden.
Antonio Rüdiger (20 Jahre, Abwehr, VfB Stuttgart)
Erst am Samstag spielte Antonio Rüdiger im DFB-Pokalfinale. Mit dem VfB Stuttgart sollte es für den 20-Jährigen nichts mit dem Titelgewinn werden. Auch er ist einer der Nutznießer aus der Verletzung von Jan Kirchhoff. „Mit Antonio Rüdiger steht ein adäquater Ersatz parat“, meinte zumindest Rainer Adrion. Im Verein ist er zumeist auf der Außenbahn im Einsatz, er kann aber auch als Innenverteidiger eingesetzt werden. Sein großer Bruder ist vor allem den Dortmund-Fans bekannt: Sahr Senesie wurde 2002 Deutscher Meister und spielt derzeit für Wacker Burghausen.
Sebastian Rudy (23 Jahre, Mittelfeld, TSG Hoffenheim)
Er gilt als der Stratege des Teams, der seinen Stammplatz im defensiven Mittelfeld gesichert hat. Durch eine Verletzung verlor Rudy jedoch zuletzt die geregelte Spielpraxis, konnte sich aber in den Relegationsspielen der TSG Hoffenheim wieder beweisen.
Patrick Funk (23 Jahre, Mittelfeld, FC St. Pauli)
Nur bei den Montags-sitze-ich-vor-der-Zweiten-Liga-Guckern dürfte Patrick Funk im ständigen Vokabular vorkommen. Dabei wurde der Stuttgarter, der derzeit zum FC St. Pauli ausgeliehen ist, 2007 mit der goldenen Fritz-Walter-Medaille für den besten Spieler des Jahrgangs 1990 ausgezeichnet und ist somit in einem Atemzug mit Mario Götze, Emre Can und Leon Goretzka zu nennen. Als defensiver Mittelfeldspieler stellt er eine echte Variante zu Sebastian Rudy dar, sollte sich dieser nach der Verletzung noch nicht auf bekannter Spielhöhe befinden.
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Sebastian Rode (22 Jahre, Mittelfeld, Eintracht Frankfurt)
Der Volleyschuss zum 1:0 gegen den FC Bayern München in der Saison 2010/11 wird wohl ewig mit Sebastian Rode verbunden bleiben, auch wenn die Partie 1:1 endete und Eintracht Frankfurt abstieg. Seit dieser Saison versinnbildlicht Rode den Aufstieg der Eintracht und die „taz“ meinte kürzlich: „Sebastian Rode spielt zu gut für Eintracht Frankfurt.“ Weshalb gemunkelt wird, dass Rode bereits einen Vorvertrag beim FC Bayern unterschrieben hat.
Lewis Holtby (22 Jahre, Mittelfeld, Tottenham Hotspur)
Mit seinem Wechsel zu Tottenham Hotspur ist Lewis Holtby sicherlich zum Superstar der U‑21 aufgestiegen. Der Kapitän der Nationalmannschaft hatte auf der Insel einige Startschwierigkeiten und wurde zumeist nur eingewechselt. „Lewis ist der Anführer unserer Mannschaft, ein Kapitän, wie ihn sich ein Trainer nur wünschen kann“, lobte Adrion seinen Zehner. Denn mit seiner Dominanz im offensiven Mittelfeld der Nationalelf ist es kaum vorstellbar, dass der gleiche Holtby einmal zu den kessen Mainzer „Bruchweg-Boys“ gehörte.
Patrick Herrmann (22 Jahre, Mittelfeld, Borussia Mönchengladbach)
Der rechtmäßige Nachfolger von Marco Reus bei Borussia Mönchengladbach konnte die Last der Erwartungen nicht immer auf seinen Schultern tragen. Sehr formschwankend trug „Flaco“ trotzdem beachtliche sechs Tore und sechs Assists zum Spieljahr der Gladbacher bei. Auch unter Rainer Adrion spielt Patrick Herrmann eine Führungsrolle im DFB-Dress.
Christian Clemens (23 Jahre, Mittelfeld, 1. FC Köln)
Ob direkt verwandelte Eckbälle oder spielentscheidende 25-Meter-Kracher in der Nachspielzeit gegen Aue: Christian Clemens hat es sich redlich verdient, als Fanliebling der Saison beim 1. FC Köln ausgezeichnet worden zu sein. Dennoch soll der Flügelflitzer, der bereits seine gesamte Jugend für die Geißböcke auflief, vor einem Wechsel zu Schalke 04 stehen. In der U‑21 dürfte er eher als Joker eingewechselt werden.
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Christoph Moritz (23 Jahre, Mittelfeld, FC Schalke 04)
Julian Draxler hat den Sprung zur A‑Nationalmannschaft bereits gemeistert, da steht der nächste Perspektivspieler der Schalker schon lange in den Startlöchern. Erst zu den Play-Off-Spielen gegen die Schweiz wurde Moritz vom Auswahltrainer berufen und wird sich innerhalb der Nationalelf hinten anstellen müssen. So wie auf Schalke, dessen Vereinsführung den Vertrag mit Moritz nicht verlängerte und ihn zum FSV Mainz ziehen ließ.
Emre Can (19 Jahre, Mittelfeld, FC Bayern München)
Der einzige Akteur aus dem Kader des FC Bayern München (zum Vergleich: Spaniens Meister FC Barcelona stellt fünf Spieler). Er machte erstmals bei der U‑17-WM in Mexiko 2011 auf sich aufmerksam und dort verlor die Deutsche Nationalmannschaft im Halbfinale gegen den Gastgeber. Zusammen mit dem Dänen Pierre-Emile Höjbjerg gehört er zu den Nachwuchskräften des Rekordmeisters. Unter Rainer Adrion kam er erst zweimal zum Zug und wurde eher überraschend in den EM-Kader nominiert.
Kevin Volland (20 Jahre, Sturm, TSG Hoffenheim)
„Ich hoffe, dass sie verletzungsfrei aus der Relegation kommen“, sagte Adrion zu den Spielen seiner Hoffenheimer um den Klassenerhalt. Kevin Volland dürfte sogar gestärkt aus den 180 Minuten Abstiegskampf gegangen sein. Denn der ehemalige Eishockey-Spieler (man achte auf seine Haltung bei der Ballannahme) schoss in den Spielen gegen den 1. FC Kaiserslautern zwar kein Tor, beeindruckte in der vergangenen Saison aber als einziger Unruheherd der TSG.
Peniel Mlapa (22 Jahre, Sturm, Borussia Mönchengladbach)
Um bei der Europameisterschaft in Israel dabei zu sein, hat Peniel Mlapa eine Menge geopfert. Jegliche Anfragen der togoischen Nationalmannschaft lehnte der Gladbacher konsequent ab und warb zugleich mit acht Toren in 20 Spielen für einen Stammplatz in der U‑21. Das gelang ihm deutlich besser, als unter Vereinstrainer Lucien Favre.
Sebastian Polter (22 Jahre, Sturm, 1. FC Nürnberg)
Die Karriere von Sebastian Polter fällt trotz seiner jungen Jahre bereits ins Kuriosenkabinett. In den Landesauswahlmannschaften stand Polter noch zwischen den Pfosten und verhinderte Tore. Als er daran die Lust verlor, ging es für ihn zurück in die Heimatstadt Wilhelmshaven. Ein Jahr und 60 Tore später hatte sich Polter erneut für die Auswahlmannschaften qualifiziert. Diesmal als Stürmer. Wolfgang Fahrian lässt grüßen!
Pierre-Michel Lasogga (21 Jahre, Sturm, Hertha BSC Berlin)
In der 84. Minute gegen den SV Sandhausen hatte es der bullige Stürmer endlich geschafft, er brachte den Ball im Tor unter und schoss Hertha BSC zum Aufstieg in die Bundesliga. Doch ganz so viel Friede und Freude gab es zuletzt im Hause Lasogga nicht. Direkt nach dem Abpfiff musste er sich fragen lassen, zu welchem Team er in der kommenden Saison wechseln wird. Unter Jos Luhukay kam der verletzungsanfällige Lasogga nicht auf die gewohnte Spielzeit und musste sich hinter Sandro Wagner einordnen. Das soll sich bei der Europameisterschaft ändern.