Am vergangenen Wochenende demonstrierten in Leipzig rund 20.000 Menschen gegen die Corona-Maßnahmen. Darunter: zahlreiche rechte Hooligans. Fan-Forscher Robert Claus erklärt, was es damit auf sich hat.
Aber was treibt diese Hooligans nun ausgerechnet auf die Demos von Corona-Leugnern und selbsternannten Querdenken?
Denen geht es nicht um Besitzer kleiner Läden, die durch die Corona-Maßnahmen in ihrer Existenz bedroht sind. Insgesamt haben wir eine menschenverachtende Demonstration gesehen, auf der Leute, die Masken trugen massiv angegangen wurden. Ihnen ist die Gesundheit gefährdeter Gruppen egal. Diesen Sozialdarwinismus teilen die Coronaskeptiker mit den rechten Hools. Aus der Hooligan-Szene gab es für Leipzig keinen einzigen inhaltlichen Aufruf, keine inhaltliche Auseinandersetzung. Für rechte Hooligans sind solche Demos willkommene Anlässe, politische Krisen zu eskalieren und Konflikte unter Anwendung von Gewalt gesellschaftlich zuzuspitzen.
Klingt nach der Sehnsucht nach dem großen Umsturz.
Der stand am Samstag in Leipzig natürlich nicht bevor. Aber: Was gewalttätige Rechtsextreme immer umtreibt, ist ihr Hass auf die liberale Demokratie und auf alles, was sie mit sich bringt: Geschlechtergleichstellung, internationale Migration, Minderheitenschutz oder eben komplizierte Aushandlungsprozesse von Corona-Maßnahmen. Das Fernziel bleibt die Errichtung einer autoritären Gesellschaftsform.
Wie haben sich die übrigen Teilnehmer der Demonstration zu den Hooligans verhalten?
Einige Redner auf der Bühne haben sich zumindest verbal von Rechtsextremismus und Nationalsozialismus distanziert. Diese Distanzierungen blieben letztendlich aber folgenlos. Das waren leere Worthülsen. Zumal es die Hools waren, die der Demo letztendlich zum Erfolg verholfen haben.
Also haben die Organisatoren von der Anwesenheit der Hooligans profitiert?
Wir sollten nicht dem Eindruck aufsitzen, dass die Demo ohne die Hooligans eine menschenfreundliche Veranstaltung gewesen wäre. Es gab vielfach antisemitische, verschwörungstheoretische und weitere sehr autoritäre, menschenfeindliche Positionen. Da lief zum Beispiel jemand mit einem T‑Shirt herum, auf dem Markus Söder mit Hitlerbart abgebildet war und Södolf genannt wurde. Durch so eine Symbolik werden die Corona-Maßnahmen in die Nähe nationalsozialistischer Judenverfolgung gerückt. In deren Denke ist eine Maske ein Davidsstern. Völliger Irrsinn.
„Hooligans haben das Gewaltmonopol“
Was folgt daraus für die Bewertung dieser Bewegung?
Wir sollten nicht fordern, dass sich eine autoritäre und menschenverachtende Bewegung von rechten Schlägern abgrenzt. Damit kommen wir nicht weiter. Wir sollten vielmehr die Arbeitsteilung solcher rechten Aufmärsche in den Blick nehmen.
Wie sieht die aus?
Hooligans haben das Gewaltmonopol und stellen die Muskelkraft für solche Aufmärsche. Reden halten, Infotische organisieren – das machen andere.
Was erwarten Sie von den kommenden Wochen und Monaten? Wird die Szene weiter erstarken?
Das hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen natürlich von der weiteren Entwicklung der Bewegung, die gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. In welche Richtung entwickeln sie sich inhaltlich? Geht es um den Protest gegen konkrete Maßnahmen? Oder um Wissenschafts- und Demokratiefeindlichkeit? Die Tendenz geht eindeutig zu Letzterem. Wie geht die Politik mit weiteren Aufmärschen um? Wie geht die Polizei damit um? Und wann beschäftigen sich Sportpolitik und Kampfsport endlich nachhaltig mit Prävention? Fest steht: Wenn niemand einschreitet, wird die Gewalt weiter eskalieren.