Historische Leistung von Southamptons Jan Bednarek beim 0:9 gegen Manchester! Warum? Weil er, nun ja, statistisch gesehen so mies war wie noch nie zuvor ein Spieler in der Premier League. Die Geschichte eines armen Teufels und seines völlig verkorksten Abends.
Es gibt diese T‑Shirts, auf Mallorca oder auf Ibiza oder in Lloret de Mar zum Beispiel, sie sollen lustig sein und zeigen in der Regel ein Strichmännchen in drei verschiedenen Posen. Beim Saufen. Beim Sex. Und beim Kotzen. Über den Strichmännchen-Zeichnungen steht so oder so ähnlich ein kurzer Spruch: Mallorca-Triathlon. Ha! Ein Anti-Triathlon quasi! Wo doch jeder weiß, dass ein echter Triathlon aus Schwimmen, Radfahren und Rennen besteht.
Nun ist Jan Bednarek kein Triathlet, sondern Innenverteidiger beim FC Southampton in der Premier League. Und ob er gerne Motto-Shirts trägt, wissen wir nicht. Aber vielleicht hat er ja eine selbstironische Ader oder einen guten PR-Berater oder beides. Falls ja, dann sollte er jetzt schleunigst ein T‑Shirt designen, auf dem ein Strichmännchen in drei verschiedenen Posen zu sehen ist. Beim Eigentor. Beim Foulen im Strafraum. Beim Platzverweis. Und über den Zeichnungen sollte geschrieben stehen: Bednarek-Hattrick. Zumindest außerhalb von Southampton (oder erst recht dort?) würden sich die Shirts sicher gut verkaufen.
Denn, wenn man so will, ist Jan Bednarek unter der Woche ein historischer Anti-Hattrick gelungen. Eigentor. Notbremse im Strafraum. Rote Karte. Diese Horrorkombi hatte vor ihm noch keiner in der besten Liga der Welt geschafft. Neuer Anti-Rekord. Bei einem historisch schlechtem 0:9 seiner Mannschaft.
Wer das Spiel sah und dabei zuschaute, wie Bednarek den Ball schon in der ersten Halbzeit unglücklich ins lange Eck spitzelte, also ins lange Eck des eigenen Tores, der dachte sich zunächst nichts Böses. Ein Eigentor? Kann passieren.
Wer in der Halbzeitpause, als es schon 4:0 stand, nicht ausschaltete, weil ja doch nichts mehr passieren würde, sondern weiter dranblieb, weil beim Fußball ja immer was passieren kann, wer also etwa später sah, wie Bednarek beim Stand von 6:0 in der 86. Minute noch aktiv versuchte, Anthony Martial im Strafraum nicht zu berühren und wie er von Mike Dean für dieses eigentlich doch so klare Nicht-Foul trotzdem vom Platz gestellt wurde, woraufhin Bruno Fernandes den fälligen Elfmeter zum 7:0 verwandelte, der dachte dann aber doch unweigerlich zurück an das Spiel zwischen Southampton und Leicester City im Oktober 2019. Das Southampton sensationell mit 0:9 verloren hatte.
Die gleichen Truppe, dachte man, während Anthony Martial zwei Minuten später das 8:0 schoss, würde sich doch innerhalb so kurzer Zeit nicht noch ein zweites Mal derart abschlachten lassen, oder? Andererseits, dachte man weiter: Wenn nicht jetzt, wann Jan? Und dann stand es auch schon 9:0.
Dabei ist Jan Bednarek beileibe kein Schlechter. Er ist Stammspieler in der Premier League, sein Marktwert soll bei 20 Millionen Euro liegen, er ist erst 24 Jahre alt und hat noch Luft nach oben, trotzdem ist er schon seit Jahren polnischer Nationalspieler, bei der WM 2018 hat er sogar ein Tor erzielt. Mit Lech Posen wurde er polnischer Meister und Superpokalsieger, in England hat er schon fast 100 Spiele gemacht, in den allermeisten davon gab es deutlich weniger als neun Gegentore. Insofern kann man sich eigentlich sicher sein, dass er sich auch nach Abenden wie dem in Manchester wieder aufrappeln wird.
Zumal, und das ist wirklich rekordverdächtig, er trotz seines Anti-Hattricks nicht der frustrierteste Southampton-Spieler gewesen sein dürfte. Denn sein erst 19-jähriger Teamkollege Alexandre Jenkewitz flog gegen United schon in der zweiten Spielminute mit Rot vom Platz. In seinem ersten Premier-League-Startelfeinsatz überhaupt. In der dritten Minute, die er in seinem Leben insgesamt in der Premier League gespielt hat. Ob sich das irgendwie auf einem lustigen T‑Shirt abbilden ließe?
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