Zwei Jahre spielte Andreas Hinkel für Europa-League-Finalist FC Sevilla, 2007 gewann er mit dem Klub den Uefa-Cup. Er weiß, warum dieser Verein in wichtigen Spielen nahezu unschlagbar ist.
Wie hat sich diese Gewinner-Mentalität geäußert?
Schon im Kleinen. Mein Konkurrent als rechter Außenverteidiger war Dani Alves, ein echter Weltklassemann, schon damals. Dani ist ein super lockerer Typ, der lacht eigentlich immer. Nach dem Training haben wir zwei öfter noch Torschüsse geübt. Jeder zehn Schuss, wer mehr Tore machte, gewann. Meistens ging es eng zu und wenn Dani mal verlor, lachte er nicht mehr. Das hat ihn dann tierisch gewurmt und er ist in der Kabine verschwunden. So waren damals alle.
Sevillas Erfolg ist umso erstaunlicher, da der Klub seine besten Spieler immer verkauft und jedes Jahr wieder neu anfangen muss.
Die Transferpolitik ist überragend. Monchi (der Sportdirektor, d. Red.) ist da wahnsinnig geschickt, kaum ein Transfer misslingt. Er verfährt immer nach dem gleichen System: Die Spieler, die kommen, sind zwischen 23 und 26 Jahre alt. Nicht mehr ganz jung also, sie haben vorher schon in anderen Ligen bewiesen, dass sie was können. In Sevilla machen sie dann den nächsten Schritt, ehe es für viele dann weiter nach Barcelona, Madrid oder Manchester geht. Für richtig hohe Ablösesummen, die vorher schon festgeschrieben werden. Sevilla hat seine Nische gefunden, als Sprungbrett zu den ganz Großen. Ähnlich wie Borussia Mönchengladbach in Deutschland.
Wie sehr hilft es bei der Verpflichtung von Spielern, mit der Europa League werben zu können?
Sehr viel. Sevilla hat inzwischen einen Namen und der Wettbewerb wurde ja auch dadurch aufgewertet, dass der Sieger im darauffolgenden Jahr in der Champions League spielen darf. Das finde ich richtig. Wenn du in Sevilla unterschreibst, ist die Chance, in der Champions League spielen zu können, nicht gerade gering. Und wer international auffällt, dem winken bald lukrative Angebote. Natürlich wollen die Spieler auch deshalb immer gewinnen.
In Sevillas aktueller Mannschaft spielen allein sechs Franzosen, auch zu Ihrer Zeit war der Ausländeranteil vergleichsweise hoch. Warum gelingt es trotzdem immer, so schnell als Team zu funktionieren?
Das hängt neben der sportlichen Qualität der Spieler auch mit dem ganzen Umfeld zusammen. Die Menschen in Andalusien sind unheimlich offen und freundlich, jeder wird herzlich aufgenommen. So war es jedenfalls bei mir. Dazu das Wetter, ständig Sonne, blauer Himmel. Die spanische Küche, der Schinken. Die Lebensqualität ist wahnsinnig hoch. Wenn du dich wohl fühlst, zeigst du automatisch bessere Leistungen. Alles geht leichter von der Hand.
Im Finale geht es gegen den FC Liverpool. Aus deutscher Sicht schmerzt das viele Fans noch immer. Hätte aus Ihrer Sicht auch Borussia Dortmund im Endspiel stehen können?
Sicher, vom Leistungsvermögen her auf jeden Fall. Dortmund war im entscheidenden Moment einfach nicht wach genug und hat sich von den Emotionen in Liverpool überraschen lassen. Dass das Endspiel an einem neutralen Ort stattfindet, kommt Sevilla eher entgegen als Liverpool.
Ihr Tipp?
2:1 für Sevilla. Jedenfalls hoffe ich das. In der Premier League gibt es viel Geld, aber in der Primera Division wird einfach richtig guter Fußball gespielt.