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Seite 2: „80 Prozent der Dinge, die der in seinem Leben gesagt hat, finde ich scheiße“

Tommy Kem­pert-Gmuer,

stand eben­falls lange in der Ost­kurve, lässt sich mitt­ler­weile über beruf­liche Kon­takte aber auch gerne mal mit Tickets für die Haupt­tri­büne ver­sorgen. Den Ein­stieg von Investor Lars Wind­horst fand er, zumin­dest zu Beginn, span­nend. Er betreibt den Blog Big City Club“ und den dazu­ge­hö­rigen Twitter-Account.


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Kens Kuiper

Bern­stein: Aber auch in der Rolle hat er Pro­bleme. Das hat das Kalou-Video wun­derbar gezeigt. Als Geschäfts­führer ist er ver­ant­wort­lich für seine Mit­ar­beiter. Und ent­weder bekommt er es als Chef hin, diesen klipp und klar zu ver­mit­teln, was seine Erwar­tungen an sie sind – oder eben nicht. Da stelle ich mir am Ende schon die Frage: Ist es wich­tiger, dass Arne (Fried­rich, d. Red.) bei Late Night Berlin in einem TV-Spot über Corona mit­macht, oder dass der Verein die Schutz­maß­nahmen im Alltag in einer Ernst­haf­tig­keit trai­niert, dass es den Leuten in Fleisch und Blut über­geht?
Kem­pert-Gmuer:
Ganz ehr­lich. So schlimm fand ich die Aktion von Kalou nicht. Im End­ef­fekt hat sein Video nur gezeigt, auf was für wack­ligen Beinen das Hygie­ne­kon­zept der DFL steht – und dass vieles davon auch ein­fach nur Show ist. Ner­viger finde ich da schon die Sache mit Jens Leh­mann. Um mal den nächsten Kra­cher anzu­schneiden. (Lacht.)
Bern­stein: Leh­mann ist – glaube ich – allein für die Lon­doner Inves­toren da, die das Wind­horst-Unter­nehmen finan­zieren. Weil man den dort kennt. Und der dort ein anderes Ansehen hat als bei uns.
Kem­pert-Gmuer:
Und trotzdem wird er in der Öffent­lich­keit so wahr­ge­nommen, als würde er für den Verein spre­chen. Ich habe mit dem nichts zu tun, der sitzt in Zukunft für Wind­horst im Auf­sichtsrat einer aus­ge­glie­derten KGaA, 80 Pro­zent der Dinge, die der öffent­lich in seinem Leben bisher gesagt hat, finde ich scheiße, und trotzdem wird in den Bauch­binden stehen: Jens Leh­mann – Auf­sichtsrat Hertha BSC“. Ätzend.
Bern­stein:
Außerdem hat er auch noch in Gel­sen­kir­chen gespielt.
Kem­pert-Gmuer:
Wie steht ihr denn zu Wind­horst selbst?
Bern­stein:
Als die Nach­richt kam, dachte ich: Das kann nicht gut­gehen. Meiner Mei­nung nach sollte Hertha sich nicht von einem Investor abhängig machen. Es ist aber letzt­end­lich völlig egal, was wir Fans denken. Es wurde ein­fach gemacht.
Kem­pert-Gmuer:
Ich bin früher so oft halb­be­trunken aus dem Sta­dion getor­kelt und habe gedacht: Was geht hier? Wir sind Berlin. Wir sind die ein­zige fucking Haupt­stadt in Europa, die kein Spit­zen­team hat. Vor dem Hin­ter­grund fand ich Wind­horst span­nend. Ich wollte es jeden­falls nicht gleich ver­teu­feln.

Lab­badia? Eine Moment­auf­nahme“

Kay Bernstein

Vogel: Und zumin­dest die ersten Lab­badia-Wochen machen sport­lich ja tat­säch­lich Spaß.
Bern­stein:
Eine Moment­auf­nahme. Gewünscht hätte ich mir Niko (Kovac, d. Red.). Ber­liner Junge, alter Her­thaner. Auf mich hat er immer einen sehr empa­thi­schen Ein­druck gemacht.
Vogel:
Ich glaube nicht, dass er mit dieser Art zur Geschäfts­füh­rung gepasst hätte.
Kem­pert-Gmuer: Ich hätte mir einen grö­ßeren Namen gewünscht. Oder besser: nicht einen der übli­chen Ver­däch­tigen. Es war ja auch mal Gerardo Seoane von Young Boys Bern im Gespräch. Seine Ver­pflich­tung hätte ich span­nender gefunden. Trotzdem: Lab­badia scheint eine echte Idee vom Fuß­ball zu haben, macht einen auf­ge­räumten Ein­druck und erzählt nicht so viel Quatsch …
Bern­stein:
… und damit muss man als Hertha-Fan in diesen Tagen zufrieden sein. Wobei mir das Sport­liche gerade nicht so wichtig ist. Das Derby hat sich ange­fühlt, als hätte es auf dem Mond statt­ge­funden. Voll­kommen wertlos.
Kem­pert-Gmuer:
Mir war wichtig, dass wir deut­lich gewonnen haben. Dass wir die 0:1‑Niederlage aus dem Hin­spiel nicht nur aus­ge­gli­chen haben. Das tat in Bezug auf Union schon gut.
Bern­stein:
Nicht falsch ver­stehen: Wie Union von außen gehypt wird, nervt mich ja auch total. Weil da mit zwei­erlei Maß gemessen wird. Union hat zum Bei­spiel, wie andere Ver­eine auch, Pro­bleme mit Rechts­extremen und Homo­phobie. Aber das wird in der Öffent­lich­keit ganz anders bespro­chen.
Kem­pert-Gmuer:
Ab und zu bin ich bei Union, ein Kumpel arbeitet da. Und in der Alten Förs­terei ist schon coole Stim­mung. Aber in so einem Sta­dion musst du es auch erst mal schaffen, keine coole Stim­mung zu haben. Unsere Ost­kurve da drin – und das Ding würde aus­ein­an­der­fliegen. Was mich nervt, ist die vor sich her­ge­tra­gene Ost­algie. Die meisten, die ich da sehe, sind Zuge­zo­gene oder Leute, die auch die Bayern ganz gut finden. Einer der Spon­soren ist Marcus Trojan, der das Weekend (Club in Berlin-Mitte, d. Red.) betreibt. Das ist für mich der neue Typus Union-Fan. Ich brauche dieses Kul­ti­mage nicht.