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Seite 4: „In Stuttgart hat der nötige Anstand gefehlt“

Sie zogen gerade eine Par­al­lele zu Ihrem Enga­ge­ment in Stutt­gart. Wie sehr hängen Ihnen die vier Jahre beim VfB noch nach?
Mir gar nicht, aber bis­weilen anderen Leuten. Es pas­siert mir immer wieder, dass mir Sitz­nach­barn im Flieger ihr tiefes Bedauern aus­spre­chen: Am Wochen­ende habt ihr wieder ver­loren!“, weil sie mich immer noch beim VfB Stutt­gart ver­orten.

Wie unter­scheidet sich die Tätig­keit in Frank­furt von der in Stutt­gart?
Ich kann hier viel unbe­fan­gener arbeiten. Wenn du als Funk­tionär zu einem Klub zurück­kommst, bei dem du gespielt hast, heißt es gleich: Der ver­lo­rene Sohn kehrt zurück!“ Du kennst wahn­sinnig viele Leute von früher und schreckst hin und wieder auch vor Maß­nahmen zurück, die zum Wohl des Ver­eins eigent­lich getroffen werden müssten.

Das Enga­ge­ment in Stutt­gart ging unschön und unter Que­relen zu Ende.
Prin­zi­piell sind Jobs in Füh­rungs­etagen von Fuß­ball­klubs selten Tätig­keiten auf Lebens­zeit. Auch hier in Frank­furt wird ohne mich weiter Fuß­ball gespielt werden. Wenn es irgend­wann mal zu Ende geht, werde ich das mit Fas­sung tragen. Aber in Stutt­gart hat der nötige Anstand gefehlt. Ich hab daraus gelernt, dass ich es anders machen will und dass sich meine Mit­ar­beiter auf Ehr­lich­keit und Anstand ver­lassen können.

Fehlte Ihnen in Stutt­gart ein Sport­di­rektor wie Bruno Hübner?
Rück­bli­ckend war die Ämter­häu­fung sicher ein Pro­blem. Inter­views geben, die täg­liche Arbeit im Klub orga­ni­sieren, für die Spieler da sein, die Kader­pla­nung im Auge haben, dazu gesell­schaft­liche Ver­pflich­tungen – wenn du als Sport­vor­stand auch noch den Sport­di­rektor geben und reprä­sen­ta­tive Auf­gaben wahr­nehmen musst, rennst du den Sachen nur hin­terher. Das ist nicht zu schaffen, du machst zwangs­läufig Fehler. So wie wir uns hier in Frank­furt die Auf­gaben auf­ge­teilt haben, ist es optimal.

Wären Sie gern heute noch mal Profi?
Nein, nicht einmal wegen des Geldes. Wir haben damals auch schon gut ver­dient. Aber ich genieße die Frei­heit heute viel zu sehr. Als Pro­fi­fuß­baller ist man nicht mehr unbe­ob­achtet. Wo die Bur­schen auch hin­gehen, überall werden sofort die Handys gezückt und Fotos gemacht. Wenn sie am Samstag das Spiel gewonnen haben und abends gemeinsam aus­gehen wollen, sollen sie das machen. Haupt­sache, sie stehen beim nächsten Trai­ning wieder fit auf dem Platz. Trotzdem werden mir Videos zuge­schickt und der Lebens­wandel der Spieler kri­ti­siert. Das werde ich nie ver­stehen.

Das Leben der Profis war zuletzt häu­figer Thema in der Presse. Der Frei­burger Nils Petersen hat etwa beklagt, er ver­blöde seit zehn Jahren.
Seine Bil­dung muss jeder Spieler schon für sich selbst orga­ni­sieren. Es war noch nie ver­boten, ein Buch zu lesen oder eine Zei­tung zu abon­nieren.

Aber im Mann­schaftsbus wird ja nicht über Scho­pen­hauer dis­ku­tiert.
Na, wo wird das schon? Wenn sich etwas ver­än­dert hat, dann ist es die Gesel­lig­keit in der Mann­schaft. Es ist inzwi­schen ja sehr still im Bus, weil jeder auf sein Handy starrt. Wir haben früher gewür­felt, geraucht und Karten gespielt. Einer musste die VHS-Kas­sette aus­su­chen, die dann über die Bild­schirme abge­spielt wurde. Ich hab sicher 800 Mal das Phan­tom­kom­mando“ mit Schwar­zen­egger gesehen und ebenso oft Rambo“ und die Indianer von Cleve­land“. Heute schaut jeder für sich, und irgend­wann werden sie dich nicht einmal mehr anschauen, weil alle diese VR-Brillen auf­haben. Die Zeiten ändern sich.