Früher war Frankfurt für Fredi Bobic nur ein ganz normales Auswärtsspiel. Heute schwärmt der Vorstand von der einzigartigen Atmosphäre. Und hat mit der Eintracht eine ganze Menge vor.
Einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg ist personelle Kontinuität. Warum fällt das den Klubs so schwer?
Das bleibt mir ein Rätsel. Immer wenn es sportlich schlecht läuft und der öffentliche Druck wächst, neigen die Klubs zur Hysterie und werfen gleich mal die komplette Führungsetage raus. Dann kommen neue Leute mit oft völlig anderen Konzepten und Vorstellungen. Wie soll da nachhaltiges und langfristiges Wirtschaften möglich sein? Zumal die Klubs, die nicht nur kurzfristig denken, in der Regel belohnt werden. Hertha BSC zum Beispiel ist zweimal abgestiegen und hat trotzdem an ihrer Geschäftsführung, vor allem an Michael Preetz, festgehalten. Das zahlt sich heute aus.
Die Schere zwischen den großen Klubs und der Mittelschicht der Bundesliga geht derzeit noch weiter auseinander. Wie kann sich die Eintracht trotzdem weiterentwickeln?
Beispielsweise durch Internationalisierung. Da rede ich jetzt nicht von ausgedehnten Touren durch Asien, sondern von gezielten Kooperationen. Das Interesse an der Bundesliga ist nämlich auch jenseits der Bayern und Dortmunder vorhanden. Wir waren im Sommer für zwölf Tage in Nordamerika, da kamen zum Spiel gegen die Seattle Sounders mehr als 40 000 Leute ins Stadion. Die haben sogar reihenweise diese Match-Schals gekauft, die auf der einen Hälfte Seattle und auf der anderen Hälfte Frankfurt stehen haben. Klar ist Fußball dort eine andere Art von Entertainment, aber die Neugier der Leute ist groß. Sie kennen die Bundesliga und auch Frankfurt durch den Flughafen. Darüber hinaus war auch für uns und die Spieler die Reise lehrreich und anregend.
Welche Erkenntnisse haben Sie mitgebracht?
Zum Beispiel, wie weit wir hier in Deutschland noch bei der Digitalisierung hinterherhinken. Wie viele Leute ärgern sich, dass sie bei den Spielen keinen ordentlichen Handyempfang haben. In den amerikanischen Stadien ist kostenloses Internet eine Selbstverständlichkeit. Gerade deswegen ist übrigens die deutsche Bewerbung für die Euro 2024 so wichtig, als Impuls für eine digitale Modernisierung der Stadien.
Zurück zur Internationalisierung: Uns fehlt der Glaube daran, dass der Fan in Singapur oder Nordamerika wirklich heiß auf Spiele der TSG Hoffenheim oder des VfL Wolfsburg ist.
Der knabbert sicher nicht an den Fingernägeln vor Aufregung. Aber die Bundesliga muss sich auch nicht kleiner machen, als sie ist. Wenn Stoke gegen Bournemouth spielt, stellt sich in Asien auch niemand den Wecker.
Trotzdem gilt der englische Fußball mit seinem investorengeführten Klubs vielen Funktionären hier als Vorbild.
Er ist sicher kein Vorbild für den deutschen Fußball. Dafür haben wir hier andere Traditionen, andere Strukturen. Aber ich würde mir schon wünschen, dass wir weniger tendenziös über Investoren sprechen. Gerade für englische Traditionsklubs in der Provinz sind Geldgeber die Chance, sich weiter zu entwickeln. Als ich mir das Spiel Nottingham Forest gegen Preston North End angeschaut habe, wurde ich in der Director’s Box von einem kuwaitischen Emissär des Besitzers in Empfang genommen. Das war kein kühler Geschäftsmann, sondern einer, der mit Begeisterung von Nottinghams großen Triumphen im Landesmeisterpokal erzählt hat. Ich kannte die Geschichten von Brian Clough zwar schon und wusste auch, wie der Pokal aussieht. Aber mir hat seine Begeisterung gefallen. Der war richtig stolz auf den Klub. Nicht jeder Investor schaut nur aufs Geld.
Soll heißen, auch die Bundesliga sollte sich nach Geldgebern umschauen?
Wenn es nur darum ginge, frisches Geld ranzuschaffen, könnte sich jeder Bundesligist längst die Investoren aussuchen. Aber letztlich geht es um die längerfristigen Ziele, die ein Klub verfolgt. Da unterscheidet sich die Frankfurter Eintracht sicher mehr als deutlich von Klubs, die gerade frisch gegründet wurden und die richtigen Getränkedosen im Kühlschrank haben.
Viele erhoffen sich von Investoren auch mehr Abwechslung, mehr Chancengleichheit.
Zunächst einmal kann kein Investor mit der Staatskohle aus Katar konkurrieren. Die 220 Millionen, die für Neymar gezahlt wurden, sind reiner Wahnsinn. Aber jenseits dieser Exzesse haben wir natürlich das Problem, dass im Viertelfinale, spätestens im Halbfinale der Champions League die großen Klubs unter sich sind. Hin und wieder hat der AS Monaco mal ein besonderes Jahr oder die großen Klubs schmeißen sich gegenseitig schon im Achtelfinale aus dem Wettbewerb.
Die Zuschauer scheint es nicht zu stören.
Ich glaube, dass die Zuschauer sehr genau hinschauen, ob es sich lohnt, ins Stadion zu gehen. Es ist ja kein Wunder, dass manche Spiele der Nationalelf nicht ausverkauft waren. Da haben sich die Fans ganz nüchtern gedacht, den Kick kann ich mir auch daheim auf dem Sofa anschauen.