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Seite 3: „Ich umarme Bäume“

Was ist Ihr großer Traum?
Ich will auch als Trainer die Cham­pions League gewinnen. Und das werde ich auch schaffen. Kein Zweifel.

Kein Zweifel?
Nicht den geringsten.

Woher nehmen Sie diese Gewiss­heit?
Seit ich ein kleiner Junge war, habe ich jeden Tag hart dafür gear­beitet, besser zu werden. Ich weiß, dass es Fak­toren gibt, die mein Schicksal beein­flussen. Aber je besser ich vor­be­reitet bin, desto besser kann ich mei­ner­seits diese Fak­toren beein­flussen, zu meinen Gunsten.

Sie klingen jetzt wie Jürgen Klins­mann, der beim FC Bayern jeden Spieler jeden Tag ein biss­chen besser machen“ wollte. Er wurde vor dem Ablauf seiner ersten Spiel­zeit ent­lassen.
Sicher, es gibt Rück­schläge. Ich wurde 2010 in Lei­cester nach drei Monaten raus­ge­worfen!

Hatten Sie damals auch keinen Zweifel, dass Sie eines Tages die Cham­pions League gewinnen?
Nein. Es ging schon damals nur darum, mich vor­zu­be­reiten auf den Tag, der kommen wird. Und Vor­be­rei­tung bedeutet auch, aus Rück­schlägen und Feh­lern zu lernen.

Die Sau­dade, der por­tu­gie­si­sche Welt­schmerz, scheint Ihnen ja voll­kommen fremd zu sein.
Ich betrachte es als meine Auf­gabe als Sports­mann, meinen Lands­leuten Freude zu schenken und das Selbst­ver­trauen zu ver­leihen, das sie selbst mit­unter nicht haben.

Gehen wir davon aus, dass der Tag kommt: Sie stehen mit Ihrer Mann­schaft im End­spiel. Es geht ins Elf­me­ter­schießen. Sie können dann aber nicht selbst antreten und ver­wan­deln.
Ich würde gern, glauben Sie mir. Ich liebe es, Ent­schei­dungen zu treffen.

Sie sind aber der For­tune Ihrer Spieler aus­ge­lie­fert. Ist das kein Grund zu zwei­feln?
Ich kann immer noch Ein­fluss nehmen, indem ich ent­scheide, wer zum Elf­me­ter­schießen antritt. Kör­per­sprache und der Müdig­keits­grad sind aus­schlag­ge­bende Fak­toren – und natür­lich mein Wissen dar­über, wer mit einer sol­chen Druck­si­tua­tion am besten umgeht.

Mit Druck umgehen – bitte ver­raten Sie uns, wie das geht.
Ich emp­fehle Ihnen Medi­ta­tion. Dabei lernen Sie, sich aufs Wesent­liche zu kon­zen­trieren, Ziele zu iden­ti­fi­zieren und sie auf direktem Wege zu errei­chen. Wenn man die Technik beherrscht, erhöht sich die Wahr­schein­lich­keit, auch in einem Finale, in einem voll­be­setzten Sta­dion, dieses eigent­lich doch recht simple Ziel zu errei­chen: den Elf­meter zu ver­wan­deln.

Gerd Müller sagte einst: Wennst denkst, is eh zu spät.“
Es ist sicher­lich von Vor­teil, wenn ein Stürmer einen klaren Kopf hat. Aber diesen Zustand kann man auch her­stellen, er muss nicht von Natur aus da sein.

Man hört, Sie gehen gern im Wald spa­zieren und umarmen Bäume.
Auch das stammt aus meiner Kind­heit, aus den Momenten, als ich mich von meinen Mit­men­schen zurückzog. Mein Schulweg führte durch den Wald. Dort umarmte ich die Bäume und klet­terte hinauf, manchmal um mit anderen Kin­dern zu spielen, manchmal um allein zu sein.

Mit Ver­laub, das klingt ein biss­chen eso­te­risch.
Für mich nicht. Die Natur ist für mich sehr wichtig und eine Freude. An einem Tag wie ges­tern, als es auf den warmen Wald­boden geregnet hat, genieße ich es, die Luft ein­zu­saugen und der Stille zu lau­schen.

Was lernen Sie von den Bäumen?
Sie wider­stehen den schwersten Stürmen. Das ist doch eine gute Meta­pher für das, was ein Fuß­ball­trainer können sollte.

Schlagen Sie Wur­zeln beim FC Basel?
Ich fühle mich sehr wohl hier. Der Verein hat sein Ziele, und ich habe meine. Noch sind sie kon­gruent.

Aber die Cham­pions League werden Sie mit diesem Verein nicht gewinnen.
Es ist doch ganz ein­fach: Je bes­sere Spieler man als Trainer zur Ver­fü­gung hat, desto leichter ist es, dieses Ziel zu errei­chen. Aber wenn einmal alles zu unseren Gunsten läuft, warum sollte nicht auch der FC Basel so weit kommen?

Sind Sie auch so opti­mis­tisch, wenn Sie an den Plan Ihres alten Weg­ge­fährten Luis Figo denken, der nächste FIFA-Prä­si­dent zu werden?

Noch ist es wohl zu früh für ihn, Sepp Blatter abzu­lösen. Aber bei der nächsten Wahl 2019 wird er es schaffen. Was soll ich anderes sagen? Luis ver­kör­pert alles, woran ich im Fuß­ball glaube: Ehr­lich­keit, Hoff­nung, Freude, Respekt, Liebe und Lei­den­schaft.

Sie als Cham­pions-League-Sieger, Figo als FIFA-Prä­si­dent: Es wäre der späte Tri­umph der Gol­denen Gene­ra­tion Por­tu­gals.

Ein schöner Gedanke. Wir könnten diesem wun­der­baren Land etwas zurück­geben. Sie erwähnten ja die Sau­dade. Das Wort ist nicht in andere Spra­chen über­setzbar. Am ehesten beschreibt es das Gefühl, dass die Men­schen vor langer Zeit etwas Geliebtes ver­loren haben. Ich emp­finde es als meinen Auf­trag, es ihnen zurück­zu­geben.