Die Zeit, als Brasilianer bei Bayer zauberten, schien vorbei – bis ein 21-Jähriger mit Fresh-Prince-Frisur und Pelé-Hommage im Namen auftauchte: Wendell Nascimento Borges.
Im Wintertrainingslager ein neuer Versuch. Wendell schoss Tore, bereitete vor, sprintete seine Außenbahn in bester Cafu-Manier auf und ab und war trotz seiner 1,74 Meter Körpergröße und 64 Kilogramm auch in der Defensive ein Garant.
In der Rückrunde wurde Wendell zum Dauerbrenner auf der linken Seite, er verpasste nur ein Spiel wegen einer Gelbsperre. Der Spieler kam nun besser zurecht, wirkte nicht mehr wie eine Jung-Antilope in freier Wildbahn, wie ein Flummi mit Fresh-Prince-Perücke, sondern immer öfter wie ein athletischer Sprinter mit Eleganz und Ballgefühl. Nur ein Treffer fehlte noch – schließlich hatte man ihm doch eine gewisse Torgefahr nachgesagt.
„Bayer é bom“ – und Brasilien auch
Am 13. März 2015 war es gegen Stuttgart schließlich so weit. Nach einem slapstickartigen Abwehrschauspiel der VfB-Defensive schnappte sich Wendell den Ball am Strafraum und drosch den Ball trocken ins lange ins Eck. Danach war er nicht zu halten, er rannte und rannte und landete schließlich in den Armen von Zeugwart Harald Wohner. Dieser, in Leverkusen auch „Schuhpapst“ genannt, hatte Wendell die passenden Schlappen für das Spiel ausgesucht und war so gerührt von dem Dankesjubel, dass er direkt ein paar Tränen verdrückte.
Wendell, das Versprechen, das junge Supertalent, das Bayer Leverkusen zurück in eine brasilianische Zukunft schießen soll, war sicherlich nicht von einem auf den anderen Tag zum Heilsbringer geworden. Doch er ließ sie zumindest hoffen, dass Bayer gut daran tat, die Beziehungen nach Brasilien nie ganz abbrechen zu lassen, „Bayer é bom“, Bayer ist gut in Brasilien – und Brasilien in Leverkusen, immer noch.
Wohner war in jenem Moment der Rührung natürlich nicht alleine. Mit ihm freudeschluchzte auch die Familie im 7500 Kilometer entfernten Fortaleza über den Sohn, der vor ein paar Monaten mit seiner Freundin aufgebrochen war nach Europa. Sie saßen vor dem Fernseher. Im Bayer-Leverkusen-Trikot mit der Nummer 18.