Antonio di Salvo soll als neuer Cheftrainer der deutschen U‑21-Nationalmannschaft die Ära von Stefan Kuntz weiterführen. Das kommt ihm gelegen, denn die gestaltete er als Co-Trainer aktiv mit. Warum di Salvo für den Job prädestiniert zu sein scheint.
Die Klosterpforte Marienfeld hat im deutschen Fußball einen fast schon mythischen Klang. Sie gilt als Zufluchtsstätte für notleidende Bundesligisten, die sich, gerne kurz vor dem Ende der Saison, zu einer mehrtägigen Klausur in die Abgeschiedenheit des Teutoburger Waldes zurückziehen. Die deutsche U‑21-Nationalmannschaft logiert im Moment in der Klosterpforte. Doch von akuter Not kann gar keine Rede sein.
Das Team hat zwar gerade mit Antonio di Salvo einen neuen Trainer bekommen, der an diesem Donnerstag sein Debüt feiert; aber di Salvo hat eine Mannschaft übernommen, die mit zwei Siegen in die Qualifikation für die EM 2023 in Georgien und Rumänien gestartet ist. Zudem ist er kein Unbekannter. Fünf Jahre lang hat di Salvo dem bisherigen U‑21-Trainer Stefan Kuntz als erster Assistent zugearbeitet.
Für die Außenwelt, die eher auf den bisherigen U‑19-Trainer Hannes Wolf als Nachfolger Kuntz’ spekuliert hatte, kam di Salvos Beförderung möglicherweise überraschend. Für die Innenwelt war die Entscheidung für ihn nur folgerichtig. „Er ist ein analytischer und akribischer Arbeiter und hat eine überragende Ansprache an die Mannschaft“, hat Joti Chatzialexiou, der Sportliche Leiter Nationalmannschaften des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), bei der Vorstellung des neuen U‑21-Trainers erklärt. „Das Gesamtpaket hat uns überzeugt.“
Di Salvo, 42, früherer Profi bei den Bayern, bei Hansa Rostock und 1860 München, genießt im Verband hohe Wertschätzung. Stefan Kuntz hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er gerade in seiner Anfangszeit bei der U 21 ohne seinen Assistenten ziemlich verloren gewesen wäre. Als Kuntz das Team 2016 übernahm, lag seine letzte Tätigkeit als Trainer bei damaligen Zweitligisten LR Ahlen bereits 13 Jahre zurück. Die Erfolge der Nachwuchsnationalmannschaft mit drei EM-Finalteilnahmen und zwei EM-Titeln waren daher auch kein exklusives Verdienst von Kuntz, sondern ein Gemeinschaftswerk seines gesamten Teams.
„Man hat gemerkt, dass die beiden sich verstehen und gemeinsam für die Sache alles geben“, erzählt Niklas Stark von Hertha BSC über das Verhältnis zwischen Kuntz und di Salvo.
Stark war einer der Führungsspieler der U‑21-Mannschaft, die 2017 Europameister geworden ist. Und er war Kapitän der U 19, die 2014 den EM-Titel geholt hat, als di Salvo Co-Trainer von Markus Sorg war. „Für mich war es immer ein Genuss zur Nationalmannschaft zu reisen“, sagt Stark. „Man hat sich dort wohlgefühlt, und Toni hatte definitiv Anteil daran. Er bekommt es hin, die richtige Mischung zwischen Chef und Freund zu sein.“