Gestern feierten wir in ganz Deutschland den Tag der Amateure. Weil Fußball in der Kreisliga mindestens genauso schön ist wie in der Bundesliga. Was vor allem an Menschen wie Bernd Fucker liegt. Dem mit 71 Jahren ältesten Kreisligakeeper Deutschlands.
Denn eigentlich sei das alles ja so gewesen: Fucker, 1946 in Hanau geboren und mit dem älteren Bruder von Rudi Völler das Kicken auf der Straße gelernt, wollte schon immer Torhüter werden. Also wurde er Torhüter, bei Hanau 93. Für seinen Heimatverein brachte er es Anfang der Siebziger sogar auf zwei Einsätze in der Hessenliga. Doch mit 27 Jahren beendete er von einem Tag auf den anderen die Karriere. „Ich wollte zum Training, die Tasche war gepackt, da sagte meine damalige Frau, ich müsse sofort aufhören – für die Familie. Es gab davor schon ständig Knatsch. Also ging ich zur Kellertreppe und pfefferte die Tasche in den Abgrund.“
Danach ist Schluss mit „richtigem“ Fußball. Bis er 67 ist, spielt er lediglich Freizeitliga. Doch vor vier Jahren fragt ihn ein Freund, ob er nicht aushelfen könne, beim SV Neuses, Kreisliga D. Fucker sagt zu – und hält bei seinem Comeback gleich einen Elfmeter. Plötzlich ist er Stammkeeper, macht 17 Spiele, am Ende der Saison geht es gar in die Relegation. Für Fucker die schönsten Erlebnisse seiner Laufbahn – obwohl er in beiden Partien patzt. Im ersten Spiel rutscht ihm ein Aufsetzer durch („bestimmt eine Unebenheit“), im zweiten sieht er in der 117. Minute die erste Rote Karte seines Lebens: Notbremse. „Ich habe den Schiri gefragt, ob es nicht einen Altherren-Bonus gebe. Aber: keine Chance.“ Trotzdem steigt Fuckers Team auf. In den Jahren danach hört er auf, fängt wieder an, verpasst eine Wechselfrist – und landet in diesem Sommer endlich in Oberrodenbach, in der Kreisliga B, auf dem Sportplatz direkt um die Ecke von seinem Haus.
Keine Disko mehr für Fucker
„Es heißt im Internet immer, es gebe da diesen Kerl, Baumann heißt der. Der ist 78 und spielt immer noch. Aber das ist Alte Herren. Und nicht Kreisliga.“ Demnach ist Fucker, er hat extra beim DFB gefragt, der älteste „aktive“ Keeper Deutschlands. Weswegen das mit dem Hechten auch nicht mehr ganz so grazil aussieht wie früher. Und ihm der Abstoß vom Boden aus Probleme bereitet, weil im Bein nicht mehr die Kraft vergangener Jahrzehnte schlummert. Aber ansonsten? Ein stinknormaler Kreisligakicker. Findet Fucker zumindest selber. Und die 20-Jährigen in seiner Truppe? „Sehen das auch so.“
In die Disko geht er zwar nicht mit und von der Musik, die in der Kabine läuft, kann er nicht mal das Genre mit Sicherheit bestimmen. Aber wichtig sei – für ihn wie für seine Kollegen – sowieso nur, dass er Leistung bringe. Umso mehr wurmt es ihn, dass zu Saisonbeginn nicht er, sondern der zweite Keeper aus der ersten Mannschaft im Tor stand. „Ich war davor zwei Wochen in Ägypten, all inclusive. Ich hatte großen Trainingsrückstand.“ Aber, da ist sich Fucker sicher: „Ich werde meine Einsätze bekommen.“