Zehn Tage nach dem Champions-League-Finale liefern Mediziner eine mögliche Erklärung für den desaströsen Abend von Loris Karius. Liverpools Keeper soll eine Gehirnerschütterung erlitten haben. Nur: Ist das glaubwürdig?
Was ist passiert?
Bereits am 31. Mai, fünf Tage nach dem Champions-League-Finale, hat sich Loris Karius zur Behandlung ins Massachusetts General Hospital in Boston begeben. Der Torwart hatte vor seinen zwei spielentscheidenden Patzern einen Ellbogenschlag von Sergio Ramos einstecken müssen. Der Torwart hatte sich bereits im USA-Urlaub befunden. Die Medizinabteilung des FC Liverpool hatte die Untersuchung befürwortet.
Wer fand was heraus?
Die Spezialisten bescheinigten Karius eine mögliche Gehirnerschütterung – Commotio cerebri, wie es in der Fachsprache heißt. Dazu hatten die Ärzte, wie bei einer Untersuchung von Gehirnerschütterungen üblich, mehrere Tests gemacht und auch die persönlichen Eindrücke Karius’ berücksichtigt. In 26 von 30 Tests soll der Keeper eine positive Reaktion gezeigt haben. Die Ärzte glauben, dass Karius Sehvermögen dadurch eingeschränkt war und seine Leistungen beeinflusst wurden: „Zum Zeitpunkt unserer Auswertung deuteten die wichtigsten Restsymptome und objektiven Anzeichen von Herrn Karius darauf hin, dass eine visuelle räumliche Dysfunktion existierte und wahrscheinlich unmittelbar nach dem Ereignis auftrat“.
Interessant ist, dass der untersuchende Arzt Dr. Ross Zafonte zu den weltweit führenden Ärzten auf diesem Gebiet zählt. Das Krankenhaus in Boston gehört zu den besten des Landes und ist Lehrhospital der Harvard University. Zafonte ist dort Leiter einer der größten Studien, die Hirnschäden von zurückgetretenen NFL-Profis nach Gehirnerschütterungen untersucht.
Warum wurde die Gehirnerschütterung erst jetzt diagnostiziert?
Das ist die spannendste Frage. Warum muss ein Profisportler erst in die USA reisen, um dort fünf Tage nach dem Vorfall eine Verletzung nachgewiesen zu bekommen? Gehirnerschütterungen sind nicht so leicht zu erkennen. Bewusstlosigkeit oder Erbrechen treten nur in zehn Prozent aller Fälle auf. Computertomographen zeigen oftmals gar keine Hinweise auf Beschwerden an. Die Uefa führte aber schon vor vier Jahren, nachdem sich Christoph Kramer im WM-Finale an nichts mehr erinnern konnte, eine dreiminütige Pause ein, in der Ärzte verdächtige Spieler untersuchen können. Dann dürfte der Spieler auch nur mit Erlaubnis der Ärzte weiterspielen. Das ist während des Finales nicht geschehen.