Vor einem Jahr wurden Christian Fuchs und Leicester City englischer Meister. Kurz nachdem wir uns anlässlich des bevorstehenden Jahrestags mit ihm trafen, wurde Meistertrainer Claudio Ranieri entlassen. Was ist da los?
Christian Fuchs, wir möchten mit Ihnen über die zwei turbulenten Jahre bei Leicester City sprechen. Die Geschichte begann für Sie an einer Hotelbar in Antigua.
Richtig, da fing alles an. Ich hatte gerade den Vertrag mit Leicester unterschrieben und machte Urlaub in Antigua. Als ich an der Hotelbar stand, klingelte mein Handy, am anderen Ende war mein Berater. Er erzählte, dass Leicester den Trainer Nigel Pearson entlassen hatte. „Na, das geht ja gut los“, dachte ich mir. Pearson hatte schließlich mit mir alle Gespräche geführt und mich zum Verein geholt. Die Nachricht hat mir aber den Urlaub nicht verhagelt, weil ich die Arbeit in der Freizeit ausblenden kann. Aber es war eine neue und etwas unsichere Situation für mich.
Der neue Trainer Claudio Ranieri war von Beginn an umstritten.
Viele haben ihn kritisch gesehen. Aber er befand sich in der gleichen Lage wie wir Spieler. Wir galten als ein Haufen Gescheiterter, weil viele von uns bei ihren vorherigen Vereinen Probleme gehabt hatten. Ich kannte Ranieri nur aus dem Fernsehen und dachte auch, dass er ein strenger Taktikprofessor sei. Doch vom ersten Tag an hat er sich komplett anders präsentiert.
Wie genau?
Er hat viel laufen lassen. Wir haben zwei Tage vor den Spielen im Training immer ein kleines Turnier veranstaltet, fünf Jungs pro Mannschaft. Erst auf große Tore und tags darauf dann auf kleine. Das war immer ein großer Spaß und eine gelungene Ablenkung. Außerdem bekamen wir hier in Leicester mittwochs frei. Ranieri behielt diese Abläufe trotz anfänglicher Bedenken bei. Ich kannte das aus Deutschland nicht, weil da freie Tage grundsätzlich verpönt sind. Aber in England stehen so viele Spiele während einer Saison an, dass diese Pausen notwendig sind. Nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist.
Das Verhältnis der Spieler zu Ranieri wirkte fast freundschaftlich. Er soll auch zu Ihrem 30. Geburtstag erschienen sein.
So einen Umgang wie hier habe ich noch nirgendwo erlebt. Das Verhältnis half ungemein, um auch auf dem Platz unverkrampft aufzutreten. Zu meinem Geburtstag ist der Trainer sogar zwei Mal erschienen. Meine Frau hatte für mich eine Überraschungsparty in einem Restaurant organisiert, zu dem auch viele Freunde und Ex-Mitspieler aus Österreich und Deutschland angereist waren. Plötzlich stand Ranieri im Raum, ich war total baff. Aber unser Spielerbetreuer sagte mir: „Der war gestern auch hier.“