Seit heute zeigt der Streaminganbieter Netflix eine Dokumentation über David Beckham. Über jenen Mann, der vom Fußballer zur Pop-Ikone mutierte. Ein Porträt.
Nach der WM 2002 hat eine japanische Verehrerin alle Hotels der englischen Mannschaft besucht und in Beckhams vermeintlichen Zimmern die Pissoirs und Klosetts fotografiert. In den Jahren 2003 und 2004 war „David Beckham“ laut Google der meistgesuchte Begriff im Bereich Sport. Er war das erste männliche Covermodel der britischen „Elle“. Real Madrid wollte aus sportlichen Gründen eigentlich den Brasilianer Ronaldinho verpflichten, entschied sich aber wegen des Marktwerts für Beckham. Bei seinem Wechsel zu LA Galaxy lief die begleitende TV-Show seiner Frau, „Coming to America“, zur besten Sendezeit im US-Fernsehen. Das Gehalt für sein letztes halbes Jahr bei Paris Saint-Germain wurde komplett an ein Kinderkrankenhaus gespendet. Beim letzten Spiel trug er Fußballschuhe in den Farben des Union Jack, auf die die Namen seiner Frau und der Kinder gestickt waren. Laut Augenzeugen verloren die Leibwächter des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping die Konzentration, als Beckham den Raum betrat. Als er im Juni 2013 eine Universität in Shanghai besuchte, entstand ein Massenauflauf, bei dem sieben Menschen verletzt wurden. Er hat mindestens zwanzig Tattoos am Körper, darunter ein Schwarzweißbild von Jesus Christus.
Mein ehemaliger Mitbewohner weiß die meisten dieser Dinge vermutlich nicht, aber das liegt nicht daran, dass er sich in seinem Leben zu wenig mit David Beckham beschäftigt hätte. Denn der war einige Jahre lang ein wichtiger Teil von Manchester United und allein schon deshalb von Relevanz. Nur um es noch mal klarzustellen: Der Mann ist kein Modefan von United, er hat die ganze Scheiße mitgemacht bis runter in die zweite englische Liga, begegnete den Erfolgen der Neuzeit lange mit einem leicht ungläubigen Staunen und seine Verehrung von Sir Alex Ferguson schwappt deshalb ins leicht Religiöse.
„Offensichtliche individuelle Schwächen als Spieler“
So jemand denkt anders über David Beckham nach als die Leibwächter des chinesischen Präsidenten. Als ich ihn jetzt um eine retrospektive Bewertung Beckhams bitte, schreibt er: „Offensichtliche individuelle Schwächen als Spieler (Dribbling, Kopfball, Schnelligkeit, linker Fuß), dennoch gesetzt bei zwei der stärksten Teams Europas.“ Außerdem: „Sehr viele positive Eigenschaften, die nicht unbedingt zu seinem Image passten. Keine Diva auf dem Feld, disziplinierter Arbeiter.“ Und schließlich: „In meiner Liste der besten United-Spieler dürfte Beckham zwischen Platz fünf und acht rangieren.“ Welch ein Kompliment.