Seit 2005 ist Union-Kapitän Torsten Mattuschka, 33, die Galionsfigur an der „Alten Försterei“. Ein Gespräch über Holzkohle, Blaumachen und einträgliche Aktien.
Torsten Mattuschka, bei Union werden die Bratwürste noch auf Holzkohle gegrillt. Packt Sie auf dem Rasen manchmal der Appetit?
Mit der neuen Haupttribüne hat sich das gelegt. Aber früher, als wir noch von den Containern, die uns damals als Kabinenersatz dienten, über die Anlage ins Stadion eingelaufen sind, hat man den Geruch schon deutlich wahrgenommen. Da habe ich des Öfteren gedacht: Eine Bratwurst, mmmh, das wäre jetzt nicht schlecht!
Sie kamen 2005 zum 1. FC Union, kurz nach dem Abstieg in die Oberliga. Beschreiben Sie mal die damalige Spielstätte.
Ein altes, marodes Stadion, völlig aus der Zeit gefallen. Dafür war alles sehr eng, enger als heute sogar. Während die Zuschauer jetzt drei, vier Meter vom Rasen entfernt sind, waren sie damals gerade einen Meter von uns weg. Es kamen zwar weniger Zuschauer als heute, aber die hat man dafür umso deutlicher gespürt.
Nehmen Sie einzelne Anfeuerungen wahr? Wenn Sie einwerfen oder Eckbälle ausführen beispielsweise?
Sie meinen, so wie die Leute früher am alten Aachener Tivoli immer „Williiiiii“ gerufen haben, wenn Willi Landgraf die Linie rauf und runter gerannt ist? Nein. Ich habe jedenfalls noch vor keiner Ecke gehört: „Tusche, jetzt spiel den Ball aber mal lang rein.“
Aber Sie bekommen mit, wenn die Fans im Spiel das berühmte Torsten-Mattuschka-Lied anstimmen?
Klar bekomme ich das mit! Aber das lenkt mich nicht ab, ganz im Gegenteil. Zu Beginn der Saison merkte ich auch, dass das Stadion durch die umgebaute Haupttribüne noch mal einen Tick lauter geworden ist.
Was bekommen Sie während des Heimspiels an der „Alten Försterei“ sonst noch von den Rängen mit?
Ich erinnere mich noch gut an unser Spiel vor kurzem gegen den FC St. Pauli. Wir lagen mit 0:2 zurück, gewannen am Ende aber mit 3:2. Der Siegtreffer fiel vier Minuten vor Schluss. Im Stadion war es so unglaublich laut, dass ich während des Spiels Gänsehaut bekommen habe. Diese Intensität, die man von den Rängen erfährt, wäre ohne die Nähe zum Spielfeld gar nicht denkbar. Die Zuschauer sind fast physisch zu spüren.
Während des Umbaus der Stehplatztribüne in den Jahren 2008 und 2009 mussten Sie auf den Jahnsportpark ausweichen. Was hat Ihnen dort am meisten gefehlt?
Die Nähe der Fans. Manche haben den Jahnsportpark gemieden. Am Ende der Saison sind wir trotzdem aufgestiegen. Deshalb habe ich das Jahr in guter Erinnerung. Die Freude,
vor den neuen Stehplatztribünen im heimischen Stadion Zweitligafußball zu spielen, war dann aber umso größer.
Die neue Stehplatztribüne ist unter tatkräftiger, ehrenamtlicher Mithilfe der Fans entstanden. Sie haben sogar eine der sogenannten „Patenschaften“ für einen der Bautrupps übernommen.
Ich habe die Jungs von meinem Bautrupp immer wieder mal auf der Baustelle getroffen, und wir haben dort ein bisschen gequatscht. Verrückt, was einige auf sich genommen haben, um ihrem Verein zu helfen. Manche haben Jahresurlaub genommen, andere haben sich sogar krankschreiben lassen, um beim Bau dabei zu sein. Ich nenne hier also besser keine Namen. (Lacht.)
In die renovierte Haupttribüne wurden nun der Spielertrakt mit dem schicken Entmüdungsbecken und eine eigene Kunstrasenfläche zum Warmspielen verbaut. Eine ganz neue Art von Luxus für die Verhältnisse des traditionsreichen Arbeiterklubs.
Der Wandel des Stadions und der gesamten Anlage ist für uns wie der Sprung von der Kreisklasse in die Champions League. Wenn ich nur an die Kabine denke. Vorher hatten wir Container. Die waren auch okay, wir kannten es ja nicht anders. Deswegen haben wir uns auch nicht beschwert. Wenn man aber sieht, was jetzt daraus geworden ist, mit Sauna und Entspannungsbecken, das ist schon der Wahnsinn, das hätte man gern auch schon früher gehabt.
Zur Finanzierung der Haupttribüne sind „Alte-Försterei-Aktien“ verkauft worden. Haben Sie auch eine?
Natürlich! Nach acht Jahren im Verein war das für mich selbstverständlich. Die Aktie hängt ordentlich gerahmt in meinem Wohnzimmer.
Haben Sie abgesehen vom Bratwurststand noch einen anderen Lieblingsplatz im Stadion?
Eigentlich nicht. Ich bin gerne in der Kabine bei den Jungs. Obwohl, das neue Entspannungsbecken ist schon schön. Gerade wenn es jetzt im Winter wieder kälter wird.
So modern das Stadion inzwischen auch ist, was fehlt aus Ihrer Perspektive noch in der „Alten Försterei“?
Die erste Liga! Das Stadion ist längst erstligareif, es wäre schön, wenn wir als Mannschaft jetzt auch nachziehen könnten. Dann sollen Bayern und Dortmund mal sehen, was für ein super Fußballstadion wir hier haben.