Heute kommt es zum Stadtderby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli. Grund genug, mal bei Thees Uhlmann und Carsten Friedrichs, Frontmann von „Die Liga der gewöhnlichen Gentleman“, nachzufragen, ob der Fußballstandort Hamburg eigentlich noch zu retten ist.
Welche Rolle spielt Fußball in eurem Leben, das ja eigentlich von der Musik geprägt ist?
Uhlmann: Meine Tochter hat mal gesagt: „Warum suchst du dir kein Hobby, das dich glücklich macht?“ Da waren wir gerade beim Reiten und sie hat sich gefreut, dass ihr Pferd so schön hoppelt, während ich parallel zweite Bundesliga gehört habe und tausend Tode gestorben bin.
Die Fans von HSV und St. Pauli eint, dass die Zeiten gerade nicht rosig sind. Wie sehr leidest du an deinem Verein, Carsten?
Friedrichs: Für mich ist Fußball dann doch eher Zerstreuung. Ich gehe halt gerne mit meinen Freunden ins Stadion. Natürlich war das in den letzten Jahren nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, aber in der Gesamtschau seit meinem ersten Besuch um 1978 ist die Bilanz völlig okay. Ich habe Meisterschaften und einen Europapokalsieg miterlebt, und jetzt ist es halt gerade mal nicht so toll. Aber davon lasse ich mir nicht das Wochenende verderben, das wäre ja schrecklich.
Warst du nach mehreren Fast-Abstiegen erleichtert, als das Elend ein Ende hatte?
Friedrichs: Nein, der Verlust dieser Kontinuität, dass der HSV immer in der ersten Liga spielt, war schon doof. Und ich muss dann doch zugeben, dass mich der jahrelange Abstiegskampf durchaus mitgenommen hat. Ich erinnere mich an das Relegationsspiel in Fürth, da hatte ich vor Aufregung einen Schwächeanfall. Da wurde mir kurz schwarz vor Augen, als ich von meinem Fernsehcanapé aufstand. Meine Freundin hat einen tüchtigen Schreck bekommen, mir war es im Nachhinein ziemlich peinlich.
Thees, wie bist du vom HSV-Fan der Kindheit zu einem Anhänger des FC St. Pauli geworden?
Uhlmann: Meine HSV-Vorliebe hat bereits nachgelassen, als ich in der D‑Jugend mit dem Fußballspielen aufgehört habe. Was dann später kam, war die klassische Pauli-Karriere: rein in die Subkultur, zu den Punks, die damals schon so Fanzine-Punks waren. Da war für mich als 16-Jährigen der FC St. Pauli das absolute Epizentrum. Ich bin also über den Umweg der Kultur wieder zum Fußball gekommen.
Friedrichs: Irgendwann war es in der Hamburger Subkulturszene vollkommen angesagt, für St. Pauli zu sein. Da war es fast schon ein Akt der Rebellion, HSV-Fan zu sein. Ich hab mal als Job auf dem Kiez Flyer verteilt, dabei stolz meinen HSV-Schal getragen und wurde extrem böse angeguckt. Das war richtig geil!
Was nervt euch an der gegenwärtigen Fankultur?
Friedrichs: Mir geht allein schon dieser Begriff auf die Nerven: Kultur.