Heute kommt es zum Stadtderby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli. Grund genug, mal bei Thees Uhlmann und Carsten Friedrichs, Frontmann von „Die Liga der gewöhnlichen Gentleman“, nachzufragen, ob der Fußballstandort Hamburg eigentlich noch zu retten ist.
Klingt nicht nach der ganz großen Hamburger Rivalität.
Friedrichs: Sagen wir so, meine Freundin ist St.-Pauli-Fan und mein Bandkollege Gunther ebenso. St. Pauli wird nie mein Lieblingsverein werden, und ich fand den Klub auch immer ein bisschen panne, aber dass ich einen richtigen Hass hätte, kann ich nicht sagen.
Uhlmann: Was genau findest du an St. Pauli panne?
Friedrichs: Dieses Sendungsbewusstsein. Manchmal habe ich den Eindruck, die kommen sich vor wie die Weiße Rose. Und dann dieses Freibeuter-Getue! Andererseits haben sie das natürlich imagemäßig sehr clever gemacht: sich als Rebellen zu inszenieren, obwohl sie nur die Meinung von 70 Prozent der Hamburger Bevölkerung wiederkäuen.
Uhlmann: Aber das alles ist doch aus sich selbst heraus entstanden! Wenn wir bei den späten Achtzigern anfangen, ist St. Pauli seitdem gewachsen wie die Grünen, mit allen Vor- und Nachteilen. Aber ich finde auch, dass diese Geschichte langsam zu Ende erzählt ist.
Womit du auf der Linie von Trainer Jos Luhukay liegst, der gefordert hat, die Klubmentalität in den Mülleimer zu werfen.
Uhlmann: Das Drumherum wird bei diesem Verein immer wichtig sein, und das finde ich auch gut.(Pause.) Aber ich hätte echt gerne mal wieder sportlichen Erfolg, das muss ich schon sagen.
Das wird den HSV-Fans ähnlich gehen. Carsten, was lässt dich glauben, dass der HSV diesmal den Aufstieg packt?
Friedrichs: Ich habe Hoffnung, aber keinen Glauben. Dafür bin ich schon zu lange Fußballfan. Lange habe ich zum Beispiel daran geglaubt, dass neue Spieler beim HSV an ihre vorigen Leistungen anknüpfen werden. Wenn ich Bobby Wood bei Union Berlin gesehen habe, hat der immer geknipst. Und dann kommt der zum HSV und hat … naja. Vielleicht ist die Bürde dieses Trikots zu schwer.
Uhlmann: Das kenne ich genauso vom FC St. Pauli. Am Anfang kriegen die Neuzugänge gleich immer zu hören: „Du spielst hier nicht bei einem normalen Verein, du spielst für St. Pauli.“ Und schon geht es mit ihnen bergab.
Und so feiert sich Berlin mit seinen zwei Erstligisten als neue Fußballhauptstadt, während Hamburg abgehängt ist.
Friedrichs: Das halte ich eher für Zufall. Wenn wir 70 sind und mit dem Kopf wackeln, wird vielleicht wieder Hamburg ganz vorn sein mit dem HSV und St. Pauli. Vielleicht gibt es dann ja auch Red Bull Hamburg. Oder irgendein verrückter Scheich kauft Viktoria.