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Ges­tern habe ich nach langer Zeit mal wieder mit meiner Groß­mutter tele­fo­niert. Sie ist eine weise Frau, hat viel gesehen, noch viel mehr erlebt, hat einen Welt­krieg über­lebt. Man kann also sagen, meine Groß­mutter kann nichts mehr erschüt­tern. Wir spra­chen über Elek­tro­fahr­räder, Opa Höwel­hans und natür­lich Fuß­ball. Denn Fuß­ball, das ist unser größter gemein­samer Gesprächs­nenner. Ein biss­chen mir zuliebe kennt sich erstaun­lich gut aus, ist infor­miert über die aktu­ellen Ergeb­nisse, Trans­fers und Trai­nerr­aus­würfe. Sie weiß im Grunde alles, was wichtig ist – ohne jemals im Internet gewesen zu sein. Das allein hat allen Respekt ver­dient. Aber da ist noch etwas, was meine Groß­mutter aus­zeichnet. Sie steht über den Dingen. 

Irgendwie ist Fuß­ball lang­weilig geworden“, stöhnte sie. Früher hat man sich noch auf ein Rück­spiel im Euro­pa­pokal gefreut. Morgen lese ich lieber ein Buch.“ Ich hielt kurz inne und erwi­derte ledig­lich: Oma, du hast Recht!“ Wie ich ja bereits erwähnte: Meine Groß­mutter ist eine sehr weise Frau. Sie lässt sich nicht beein­dru­cken von rasanten Bild­schnitten, großen Worten, dem ganzen Gewicht der Fernseh-Fuß­ball­welt. Sie hat ver­standen, dass der inter­na­tio­nale Fuß­ball sich in diesem Jahr zum Öden gewendet hat. Dass sich hinter der glit­zernden Hülle, den öligen Fri­suren, den Bum­bal­la­bal­la­ge­töse-Über­tra­gungen ein reich­lich pro­fanes Spiel ver­steckt hält. Da können die Bezahl­sender noch so viele Super­la­tive und letzte Chancen beschwören, mein Oma macht da nicht mehr mit.

Man sollte ihrem Bei­spiel folgen: Denn wo man sonst legen­däre Auf­hol­jagden herauf beschwörte, eifrig erzielte Aus­wärts­tore addierte und mög­liche Sen­sa­ti­ons­er­geb­nisse aus seinen Pommes bas­telte, ist mitt­ler­weile eine Span­nungs­hohl­raum ent­standen, der nur noch müde macht.

Unter der Gras­narbe statt Augen­höhe

Fakt ist, die Leis­tungs­schere zwi­schen den euro­päi­schen Spit­zen­mann­schaften klafft in diesem Jahr soweit aus­ein­ander, wie man es sonst nur aus dem Frau­en­fuß­ball kennt. Schalke 04, die im Cham­pions-League-Vier­tel­fi­nale den Titel­ver­tei­diger Inter Mai­land mit dem Mär­chen­end­er­gebnis von 7:3 aus der Königs­klasse kegelte, war im Halb­fina-Hin­spiel nicht etwa auf Augen­höhe mit Man­chester United, son­dern weit unter der eigenen Gras­nabe zu finden. So weit unten, dass selbst längst brach lie­gende Flözen vor Schreck zusam­men­zuckten. Und seien wir ehr­lich: Auch der heu­tige Abend ver­spricht nicht gerade Bes­se­rung. Bei­nahe hätten die Königs­blauen sogar fünf ihrer Kicker am Flug­hafen stehen lassen müssen. Klingt nicht gerade nach pro­fes­sio­neller Vor­be­rei­tung, voller Kon­zen­tra­tion und dem Glauben ans Wunder. Eher nach Klas­sen­reise.

Auch die Erz­feinde Real und Bar­ce­lona lie­ferten sich kei­nes­falls ein Duell auf Biegen und Bre­chen, son­dern zwei Spiele in denen das Drum­herum deut­lich mehr bot, als das schnöde Resultat. Hauch­dünn war am Ende nicht der Vor­sprung von Barca, son­dern ledig­lich das Vor­bei­schrammen beider Ver­eine am ulti­ma­tiven Fett­näpf­chen. Auch ein Blick in den UEFA-Cup ver­spricht kei­nes­falls Bes­se­rung. Dort spa­ziert der FC Porto seit gefühlten zehn Runden sou­verän durch den Wett­be­werb, schoss in den letzten drei Spielen jeweils fünf Tore. Knapp ist anders.

Franz und JBK können ein­pa­cken

Sehen wir es mal so: Der Euro­pa­pokal macht uns in diesem Jahr ein echtes Angebot. Statt heute Abend vor dem Fern­seher zu sitzen und nach dreißig Minuten zu bemerken, dass S04 auch heute kein Land sieht, sollte man die Zeit mal wieder richtig sinn­voll nutzen. Man könnte hüb­schen Mäd­chen hin­terher gucken, ein Buch zur Hand nehmen oder ein­fach mal wieder die eigene Groß­mutter anrufen. Denn von der kann man sehr viel mehr lernen als von Johannes B. Kerner und Franz Becken­bauer. Und min­des­tens genauso gut reden wie der Kaiser kann sie auch noch.