Holstein Kiel verliert die Relegation. Das ist nicht nur für den Klub eine Tragödie, sondern für den gesamten deutschen Fußball ein großes Problem.
Zugegeben, was Kiels Dominic Peitz am späten Montagabend in die Mikrofone blaffte, war sicherlich nicht die feine Art. „Wir sind nicht gescheitert, gescheitert ist der VfL Wolfsburg mit seiner Idee, ein Team zusammenzustellen“, schäumte der Kieler Abwehrchef nach dem verlorenen Relegations-Rückspiel. „Sie haben beide Spiele gewonnen, sie haben es in beiden Spielen gut gemacht. Aber das kann man auch erwarten von Spielern, die in der restlichen Saison vielleicht mehr damit beschäftigt waren, ihr Geld zu zählen.“
Nun ist Peitz nicht eben der Nabel der deutschen Fußballwelt, ebenso mag er sich gegenüber seinen Kollegen aus Wolfsburg im Ton vergriffen haben. Man kann aber trotzdem nur hoffen, dass sich die Verantwortlichen der DFL sein Interview zu Herzen genommen haben. Denn zwischen den ganzen Spitzen gegen die Konkurrenz aus der Autostadt oder den hochkochenden Emotionen brachte Peitz das Problem der Relegation auf den Punkt: „Es ist zweifelhaft, wenn der Bundesligist einen Rettungsring zugeworfen bekommt und man den Dritten der Zweiten Liga im deutschen Fußball sein Märchen nicht fortführen lässt.“
Relegation widerspricht dem Leistungsgedanken
Möglicherweise hat sich Peitz hier sogar an der falschen Stelle gezügelt, denn die Relegation ist nicht nur zweifelhaft, sie ist eine bodenlose Frechheit und widerspricht komplett dem Leistungsgedanken. Kleinere Teams, mitunter solche außergewöhnlichen Klubs wie Holstein Kiel, die die Bundesliga sicherlich bereichern würden und etwa alle 50 Jahre die Möglichkeit haben, etwas Historisches zu schaffen, werden für eine herausragende Saison bestraft. Während Bundesligaklub, mitunter solche wie der VfL Wolfsburg, die mit sehr viel Geld nichts anzufangen wissen, für ihre Unzulänglichkeit belohnt werden.
Das ist nicht weniger als ein perverses System, das neben der Ungerechtigkeit im ganz konkreten Fall – die letzten sechs (!) Relegationen zwischen Erster und Zweiter Bundesliga hat jeweils der Erstligist gewonnen – vor allem auch ein strukturelles Problem nach sich zieht. Durch den einen Aufstiegsplatz, der de facto wegfällt, ist die Durchmischung der Bundesliga nicht mehr in dem Maße gegeben, die für den Sport wichtig wäre. Die Bundesliga wird so zum exklusiven Klub, der Abstand zu den Klubs des Unterhauses größer und größer. Und wir sprechen hier nur von der Relegation zwischen Erster und Zweiter Liga, von dem hanebüchenen Aufstiegsmodus der Regionalligen mal ganz abgesehen.
Nicht nur für Peitz und Holstein eine Tragödie
Dominic Peitz ist übrigens schon 34. Er hat zwar schon einmal Bundesliga gespielt, ein erneuter Aufstieg wird für ihn aller Voraussicht nach aber nicht mehr dazu kommen. Auch für den eher klammen Holstein Kiel dürfte es schwierig bis unmöglich werden, noch einmal eine derartige Saison hinzulegen. Das ist allerdings nicht nur eine Tragödie für Peitz und seinen Klub, vielmehr für den gesamten deutschen Fußball.