Die Fanszenen Deutschland kündigen den Dialog mit DFB und DFL auf. Der kollektive Protest am Pokalwochenende zeigt nicht nur, wie gespalten Fans und Verbände sind. Sondern auch, dass der Kampf in die unteren Ligen getragen wird.
Das 11.500-Einwohnerdorf Drochtersen in Niedersachsen ist nicht gerade das, was man den Nabel der nationalen Politik nennen würde. Im Stadtrat sitzen 13 Mitglieder der CDU, zehn der SPD und der parteilose Bürgermeister Mike Eckhoff freute sich, laut eigener Homepage, zuletzt über das traditionelle Tannenbaumsingen in Asselermoor bei der die „allseits beliebte“ Grützwurst natürlich nicht fehlen durfte. Am Samstag blickte das Land schon wieder auf Drochtersen, weil es schon wieder zum Schauplatz großer Politik wurde. Weil der FC Bayern da war. Großer Gast, große Bühne und: großer Protest.
Protest allerorts
„DFB & DFL: Ihr werdet von uns hören“ war auf dem rot-weißen Plakat zu lesen, das die Fans des Rekordmeisters in der ersten Runde des DFB-Pokals präsentierten, ehe sie mit dem Werfen von Klopapier und Wasserbällen, und am Ende – leider auch – dem Herausreißen von Plastikstühlen eine Spielunterbrechung provozierten. Die Fans des FC Bayern waren damit nicht allein, im ganzen Land wandten sich die organisierten Fanszenen gegen DFB und Ligaverband. In Rostock, in Braunschweig, in Fürth und auch in Cottbus, Lotte und München. Die Fans gaben geschlossen bekannt, den seit einem Jahr geführten Dialog mit den Verbänden zu beenden.
Die Aufkündigung der Zusammenarbeit kommt durchaus überraschend. Als im vergangenen Jahr der DFB einen Schritt auf die Fanszenen zugegangen war und verkündete, vorübergehend auf Kollektivstrafen verzichten zu wollen, schien sogar eine Basis gegeben zu sein für eine gemeinsame Arbeit an den Problemen der deutschen Fußballkultur. Beide Seiten näherten sich an.
Nette Worte, keine Taten?
Doch: „Die anfängliche Euphorie wich in den zwei erfolgten Standpunktgesprächen zwischen Vertretern der Fanszenen Deutschlands mit den Verantwortlichen aus DFB und DFL schnell“, schreiben die Fanszenen nun in einer gemeinsamen Stellungnahme. Erneut hätten die Verbandsoberen bei den Fans den Eindruck erweckt, medienwirksam netten Worten keine Taten folgen lassen zu wollen.
Michael Gabriel, der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, erklärte gegenüber dem „Kicker“, dass auf beiden Seiten wohl zu große Erwartungshaltungen geherrscht und den Dialog verkompliziert hätten: „Die aktuelle Situation hat sich über viele, viele Jahre entwickelt, da wäre es vermessen, zu glauben, man könnte das Rad innerhalb einer Saison zurückdrehen.“