Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Fast hatten wir schon gedacht, in diesem Jahr sei alles anders als sonst. Als vor gerade mal zwei Wochen noch immer kein Bun­des­li­ga­trainer ent­lassen worden war, da beju­belte die Liga einen etwas selt­samen Rekord: Keine Trai­ner­ent­las­sung nach den ersten neun Spiel­tagen! So etwas hatte es zuletzt in den späten Neun­zi­gern gegeben, als erst kurz vor Weih­nachten der erste Coach seine Koffer packen musste (Jörg Berger bei Ein­tracht Frank­furt).

Und jetzt, gerade mal zwei Spiele später? Kovac: weg. Schwarz: weg. Bei­er­lorzer: weg.

Obwohl, so ganz stimmt das ja nicht, ist doch – schwupps! – der eben in Köln geschasste Achim Bei­er­lorzer bereits wieder da, als Nach­folger des eben­falls geschassten Sandro Schwarz in Mainz. Darauf ein drei­fach Helau und der Narr­halla-Marsch, denn das muss dem guten Achim erst mal jemand nach­ma­chen: in der Län­der­spiel­pause um einen Tabel­len­platz (von 17 auf 16) zu klet­tern und den Ver­trag um ein Jahr zu ver­län­gern – und dies, ohne eine ein­zige Partie absol­viert zu haben, son­dern allein durch einen (nicht mal frei­wil­ligen) Ver­eins­wechsel.

Bei­er­lorzer war nicht zu schlecht für Köln, Köln war zu schlecht für Bei­er­lorzer

Wobei die Per­so­nalie aus Mainzer Sicht durchaus nach­zu­voll­ziehen ist. Zumin­dest wenn man Bei­er­lor­zers Kölner Zeit ein­fach aus­blendet und sich auf seine Ver­dienste als Coach von Jahn Regens­burg kon­zen­triert. Der Mainzer Sport­di­rektor Rouven Schröder hat das ganz hübsch zwi­schen den Zeilen aus­ge­drückt: Achim Bei­er­lorzer ist ein akri­bi­scher und reflek­tierter Fuß­ball­fach­mann, der eine enorme per­sön­liche Ent­wick­lung genommen hat. Die Erfah­rung, die er beim 1.FC Köln gemacht hat, min­dert meine fach­liche Ein­schät­zung nicht.“ Soll heißen: Bei­er­lorzer war nicht zu schlecht für Köln, son­dern Köln war zu schlecht für Bei­er­lorzer.

Wobei die eigent­lich inter­es­sante Frage ja ist: Warum denken die Mainzer, dass sie mit Achim Bei­er­lorzer besser fahren als mit Sandro Schwarz? Warum traut der 1.FC Köln Markus Gisdol mehr zu als Achim Bei­er­lorzer (anders als, zum Bei­spiel, die Fans des 1.FC Köln)? Und warum ver­traut der FC Bayern nicht mehr auf die Dienste von Niko Kovac, son­dern auf die von, äh, Hansi Flick (tat­säch­lich ist es doch noch ein biss­chen gewöh­nungs­be­dürftig, das hin­zu­schreiben)?

Zusam­men­ge­fasst: Warum fliegen, sobald die Tage kürzer werden, die Trainer wie die Blätter von den Bäumen, wenn nicht am fünften, siebten oder neunten Spieltag, dann doch spä­tes­tens am zehnten oder elften? Und dies, obwohl eine Reihe von sta­tis­ti­schen Unter­su­chungen bewiesen hat, dass Trai­ner­ent­las­sungen so erfolg­ver­spre­chend sind wie ein Wür­fel­spiel, zumal sich die Klubs bei der Aus­wahl der neuen Übungs­leiter nicht durch über­mä­ßige Fan­tasie aus­zeichnen, son­dern stets auf einen der übli­chen Ver­däch­tigen vom fröh­lich rotie­renden Trai­ner­ka­rus­sell zurück­greifen.

Die Ant­wort lautet wahr­schein­lich: Angst essen Seele auf. Und Ver­stand gleich mit. Letzt­lich laufen ja die Amts­zeiten der Trainer bei den meisten Ver­einen nach dem immer glei­chen Zyklus ab:

Phase eins: Der neue Mann tritt sein Amt an. Halt­lose Euphorie im Klub, jetzt starten wir richtig durch!

Phase zwei: Erste Rück­schläge. Hoppla, der kocht ja auch nur mit Wasser! Aber wenn es anders wäre, würde er ver­mut­lich bei Real Madrid arbeiten.

Phase drei: Die Erkenntnis, dass alles so trostlos wie immer ist. Beginn einer blei­ernen Zeit.

Phase vier: Wut, Trainer, Zorn und Ent­setzen über die Ent­schei­dungen des Trai­ners. Begleitet von der all­mäh­lich rei­fenden Erkenntnis, dass es Zeit für einen Wechsel ist.

Phase fünf: Das Ende. Um dann mit einem neuen Mann auf der Bank zumin­dest vor­über­ge­hend in den Zustand halt­loser Euphorie zurück­kehren zu dürfen.

Wenn man von Frei­burg mal absieht, wo – ob wegen des milden Klimas oder des guten Weines – offenbar eine grö­ßere Gelas­sen­heit herrscht, gelten diese Gesetz­mä­ßig­keiten an so gut wie jedem Bun­des­li­ga­standort, wes­halb davon aus­zu­gehen ist, dass das Trai­ner­ka­rus­sell jetzt erst richtig Fahrt auf­nimmt. Laut den meisten Buch­ma­chern ist der wahr­schein­lichste Kan­didat für eine Ent­las­sung der­zeit der Augs­burger Coach Martin Schmidt. Viel­leicht hat Achim Bei­er­lorzer dann ja schon wieder Zeit für die Nach­folge.