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Seite 2: Wie einer Drei-Wetter-Taft-Werbung entstiegen

Irgend­wann merkte auch Tho­masz Wal­doch, den Fuß­ball­fans als gewis­sen­hafter Treter in Erin­ne­rung, dass man Del­vec­chio an diesem Tag schon mit einer UZI ins Knie schießen müsste, damit er ein Foul gepfiffen bekommt. Und polierte dem miss­mu­tigen Ita­liener fortan bei jeder Gele­gen­heit die Schien­beine. Das wird nix mit dem Inter­view“, sagte ich zum Kol­legen, als Del­vec­chio mit schmerz­ver­zerrtem Gesicht lie­gen­blieb, nur um Sekunden später auf­zu­springen und den Schiri zu bestürmen, etwa das zwan­zigste Mal. Kurz vor Schluss vergab er dann auch noch die Chance zum Aus­gleich, mit dem Schluss­pfiff stürmte er schimp­fend vom Platz, als sei er gerade um den Euro­pa­meis­ter­titel betrogen worden, was blöd war, schließ­lich ging meine erste Inter­view­frage in etwa diese Rich­tung. Wir folgten seinen Hass­ti­raden in die Kata­komben.

Dort saß Del­vec­chio wie ein trot­ziger Schul­junge vor der Kabine und erläu­terte in einem lauten, lei­den­schaft­li­chen Monolog seiner lächer­lich schönen Frau, was für eine Schwei­nerei das alles war. Das Spiel, der Schiri, der Wal­doch. Ver­schüch­tert stand ich im Gang und hielt mir meinen Col­lege­block vor die Brust. Stronzo“, hörte ich und merkte, wie mich ein Blick kalten Hasses traf. Der hilflos wir­kende Pres­se­spre­cher wech­selte ein paar Worte auf Ita­lie­nisch mit seinem Star­stürmer, und obwohl mir der ita­li­en­sche Kol­lege ver­si­cherte, es sei um das Inter­view gegangen, kam es mir doch vor, als habe Del­vec­chio gerade mich und meine Familie mit klaren, ehr­ab­schnei­denen Worten bedacht. Later“, sagte der Pres­se­spre­cher, no“, hörte ich von Del­vec­chio, after next game“, so der Pres­se­spre­cher.

Ein ganzes Wör­ter­buch an ita­lie­ni­schen Schimpf­wör­tern

Dum­mer­weise war der 1. FC Nürn­berg der nächste Gegner des AS Rom. Und damit Andreas Wolf Del­vec­chios Gegen­spieler, der ja ledig­lich eine Varia­tion des Wal­doch­schen Ver­tei­di­ger­typus ist. Zwanzig Minuten, viele, viele Tritte, eben­so­viele Schwalben, eine 2:4‑Niederlage des AS Rom und ein ganzes Wör­ter­buch an ita­lie­ni­schen Schimpf­wör­tern später waren der Kol­lege und ich die ein­zigen Men­schen in der Halle, die nicht über Del­vec­chios Diven­haf­tig­keit lachten. In den Kata­komben, der AS Rom war aus­ge­schieden, fragte ich sachte nach dem Inter­view. After shower“, log der Pres­se­spre­cher, wäh­rend Marco Del­vec­chio mich und meinen Kol­legen ansah, als würde er am liebsten Dinge mit uns tun, die er sich bei Tho­masz Wal­doch und Andreas Wolf nicht getraut hatte.

Nach der wahr­schein­lich längsten Dusche in der Geschichte des Fuß­ball­sports kam Marco Del­vec­chio dann tat­säch­lich aus der Kabine. Wie einer Drei-Wetter-Taft-Wer­bung ent­stiegen stapfte er auf uns zu, drückte mir halb ent­schul­di­gend halb wider­willig die Hand und ging mit dem Ver­weis Man­giare“ in Rich­tung VIP-Bereich, zu dem wir keinen Zutritt hatten. Later“, log der Pres­se­spre­cher erneut, aber da war bereits die Erkenntnis gereift, dass es viel­leicht ganz okay ist, wenn manche Fuß­baller uner­reichbar bleiben. Auch, wenn man sie früher im Panini-Album hatte.