Fachlich war Thomas Tuchel schon in Deutschland über jeden Zweifel erhaben. Menschlich gab es dagegen sowohl in Mainz als auch in Dortmund Probleme. Doch ausgerechnet bei der Söldnertruppe in Paris scheint er als Typ gut anzukommen.
Sucht man danach, lassen sich zwischen Carlo Ancelotti und Thomas Tuchel mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten finden. Allein die körperliche Erscheinung: Hier der schwere, gemütlich wirkende Ancelotti, der sich in der Öffentlichkeit als großer Genießer etabliert hat und der keinen Hehl daraus macht, vom Verzichten nicht viel zu halten. Dort der hagere Tuchel, der mit seinen langen und dünnen Beinen immer so aussieht, als könnte er aus dem Stand einen Marathon laufen und als würde er schweißgebadet aufwachen, wenn sich seine Träume aus Versehen in einem sahnigen Pasta-Gericht verirren statt wie sonst um taktische Formationen zu kreisen.
Auch ihre beruflichen Methoden unterscheiden sich. Ancelotti gilt als Moderator, als Mann mit feinem Gespür für das Gemüt der Spieler, er war selbst Spitzenfußballer, er führt seine Mannschaften mit natürlicher Autorität, aber auch sanft und mit viel Empathie. Er bleibt auch in Krisen ruhig, meist sogar charmant, selbst Journalisten gegenüber.
„Rund um das Trainingsgelände ist ein Aufatmen zu spüren“
Tuchel dagegen gilt als taktisches Genie. Als Fußballlehrer im eigentlich Sinn, als Mann mit klaren Ideen, als akribischer Arbeiter, als einer, der die Spieler wirklich jeden Tag verbessern möchte. Aber eben auch als Typ, der sich in seiner Verbissenheit im Detail verlieren und Spieler mit seinen Ansprüchen überfordern kann.
Ex-Schüler Lewis Holtby formulierte Tuchels Stil der „Berliner Zeitung“ gegenüber einst wie folgt: „Ich sage es mal so: Nach einem Jahr bei Tuchel könnte man fast Fußballlehrer werden.“ Die „FAZ“ ging vor ein paar Jahren noch einen Schritt weiter. Kurz nachdem Tuchel Mainz verlassen hatte, schrieb die Zeitung über „höchst strapaziöse Jahre mit einem sportfachlich nahezu unantastbaren, menschlich aber oft selbst für das nächste Umfeld komplizierten Trainer.“ Weswegen, so der Autor damals, „rund um das Trainingsgelände am Bruchweg ein Aufatmen zu spüren ist“.
Zur Wahrheit gehört auch, dass Tuchels Nachfolger Kasper Hjulmand ein halbes Jahr später entlassen wurde und Mainz nie wieder so erfolgreich spielte wie unter Tuchel. Aber auch in Dortmund scheiterte Tuchel nicht an seiner sportlichen Leistung, sondern an seiner Art. „Wir haben nie wirklich miteinander gesprochen“ sagte Kuba mal im Gespräch mit 11FREUNDE. Am Ende waren es neben Kuba in Schmelzer, Sahin oder Subotic zu viele einflussreiche Spieler, mit denen Tuchel sportlich nichts mehr anzufangen wusste und die er dann einfach verprellte. Die über die Öffentlichkeit kommunizierte Nicht-Kommunikation zum selbsternannten Menschenfänger Hans-Joachim Watzke sorgte letztlich für sein Ende beim BVB.