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Seite 2: Die Wucht des Traditionsklubs

Das macht die Arbeit nicht leichter, auch weil die meisten Zuschauer sich durchaus noch an Spiele gegen Dort­mund, Schalke und Bayern erin­nern können. Die Zweit­klas­sig­keit wird ums Ruhr­sta­dion immer noch nicht als Nor­ma­lität, son­dern als Makel emp­funden. Es ist die His­torie des Klubs, die gilt es zu respek­tieren“, sagt Schind­zielorz schick­sals­er­geben, zumal er selbst zu dieser His­torie gehört. Der VfL Bochum wurde für ihn als Kind zum Anlauf­punkt, als seine Familie aus Polen nach Deutsch­land über­sie­delte. Später spielte er fünf Jahre als Profi für den Klub, bevor er nach Köln und später Wolfs­burg wech­selte.

Als der Klub im Sep­tember 2019 Robin Dutt ent­ließ und lange Zeit im Tabel­len­keller steckte, spürte Schind­zielorz die Wucht des Tra­di­ti­ons­klubs“ auf sehr unan­ge­nehme Weise. Doch im Moment macht sich selbst beim schnell mäke­ligen Bochumer Publikum wieder etwas Opti­mismus breit. Seit dem Restart in der letzten Saison holte keine Mann­schaft mehr Punkte als der VfL Bochum. Das unge­wöhn­liche Kon­glo­merat aus Legio­nären, Rou­ti­niers und Youngs­tern funk­tio­niert.

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Vor­sichtig opti­mis­tisch, Bochum Geschäfts­führer Sport Sebas­tian Schind­zielorz

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Dass die Mann­schaft nach neun Sai­son­spielen sogar Tabel­len­zweiter ist, will Schind­zielorz den­noch nicht über­be­werten: Die Zweite Liga ist sehr aus­ge­gli­chen, die Spiele sind immer auf Mes­sers Schneide, und da können auch schnell mal zwei oder drei Spiele auf die andere Seite kippen.“ Zuletzt passte es, For­tuna Düs­sel­dorf wurde aller­dings bei fast neun­zig­mi­nü­tiger Über­zahl mit 5:0 abge­schossen, beein­dru­ckender war der hoch­ver­diente 3:1‑Sieg beim da noch unge­schla­genen Tabel­len­führer Ham­burger SV. Ande­rer­seits war der VfL bei der 0:2‑Heimniederlage gegen die SpVgg Fürth, das Team der Stunde, chan­cenlos. Und bei der wahr­lich beschei­denen Ein­tracht aus Braun­schweig gab es ein 1:2 – Braun­schweig schoss den Sieg­treffer in Unter­zahl.

Spie­le­risch ein Spit­zen­team

Spie­le­risch ist Bochum zwei­fellos ein Spit­zen­team der Liga, aber manchmal wirkt es auch schludrig und zu selbst­be­wusst. Per­so­ni­fi­ziert wird das durch den Austro-Kroaten Robert Zulj. Über ihn wurde schon bei Union Berlin gespottet, man würde nicht wissen, ob Zulj oder Mara­dona in die Kabine käme, wenn er durch die Tür trat. An man­chen Tagen löst er das Selbst­bild ein und ist der beste Spiel­ma­cher der Zweiten Liga, an anderen wirkt er wie ein staat­lich aner­kannter Steh­geiger. Trainer Reis hat ihn nach zu viel aktiver Erho­lung auf dem Platz auch schon nicht mal für den Kader nomi­niert, aber beim Sieg im Volks­park­sta­dion war er einer der Besten und gegen Düs­sel­dorf schoss er bereits seine Sai­son­tore vier und fünf.

Schind­zielorz findet das Team aus­drück­lich nicht schwierig“. Auch das glo­bale Misch­masch sei kein Pro­blem. Ist doch egal, ob einer aus Wanne-Eickel oder Costa Rica kommt, wenn er sich mit dem Verein und seinen Werten iden­ti­fi­ziert.“ Der bra­si­lia­ni­sche Links­ver­tei­diger Danilo Soares ist längst einer der Publi­kums­lieb­linge, und Chris­tian Gamboa aus Costa Rica ist auf dem Weg dahin. Etwaige Kon­flikte in der nicht nur inter­na­tio­nalsten, son­dern auch durch­schnitt­lich ältesten Mann­schaft der Liga, scheint Trainer Reis bis­lang sou­verän zu mode­rieren. Auch der 47-Jäh­rige hat jah­re­lang in Bochum gespielt, wo er zudem sieben Jahre lang als Nach­wuchs­trainer arbei­tete. Er ver­eint als Trainer beide Welten“, sagt Schind­zielorz. Einer­seits kenne er aus seiner Zeit als Spieler viele Kabinen“, sei aber auch schon affin dem gegen­über, wie die neue Gene­ra­tion arbeitet.“ Reis arbeitet mit Daten­ana­lysen und einem täg­li­chen Moni­to­ring des Gesund­heits­zu­stands seiner Spieler. Es macht den Ein­druck, als würde in Bochum gerade ziem­lich viele Welten unter einen Hut passen.